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Eiszart

Eiszart

Titel: Eiszart
Autoren: Kerstin Dirks
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Ich wollte selbst ein Bad nehmen.«
    »Und als Ihr merktet, dass es besetzt war, habt Ihr mich einfach beobachtet? Das ist unerhört!«
    Er lächelte sanft. »Ich wollte ja gehen, aber Euer Anblick war so liebreizend, ich konnte mich nicht von ihm lösen.«
    »Jetzt macht Ihr Euch auch noch über mich lustig. Geht! Auf der Stelle!« Veruschka war den Tränen nahe. Sie fühlte sich gedemütigt. Es war so beschämend, dass er Zeuge geworden war, wie sie zum ersten Mal die eigene Lust überkommen hatte.
    »Das könnte ich natürlich tun. Oder aber ich leiste Euch Gesellschaft.«
    »Was fällt Euch ein?«
    »Die Wanne ist groß genug für uns beide.«
    »Oh nein!« Wer war dieser Kerl überhaupt? Zugegeben, er sah nicht allzu schlecht aus. Wenngleich seine Haut auffällig blass und sogar sein Haar ohne jede Farbe war. Es wirkte weiß oder flachsblond. Veruschka hatte noch nie einen Menschen mit solch hellen Haaren gesehen. Und auch sein Gesicht war so ebenmäßig, dass es unmenschlich wirkte.
    Er stieg einfach zu ihr in die Wanne.
    »Was bildet Ihr Euch ein?«, empörte sich Veruschka. Gelassen setzte er sich. »Ich bade doch nur, wir sparen Zeit auf diese Weise.«
    »Aber es ziemt sich nicht, dass wir gemeinsam ein Bad nehmen. Das wisst Ihr so gut wie ich! Ich kenne Euch ja noch nicht einmal.«
    »Mein Name ist Moroz.«
    »Moroz?« War das überhaupt ein Name?
    »Und Ihr seid?«
    »Veruschka«, sagte sie leise. Sie hätte ihm eine Ohrfeige für seine Frechheit geben wollen, aber etwas anderes fesselte nun viel stärker ihre Aufmerksamkeit. Bildete sie es sich nur ein, oder wurde das Wasser tatsächlich immer kälter. Sie beobachtete die Oberfläche, die sanften Wellen, die sich bei jeder Bewegung bildeten. Doch diese Bewegungen wurden zäher, als badeten sie in durchsichtigem Honig. Und mit einem Mal, es war ganz sicher keine Einbildung, bildete sich eine dünne Schicht auf dem Wasser, und es sah aus, als würde es gefrieren.
    Veruschka erschrak so sehr, dass sie einen leisen Schrei ausstieß und sogleich aus dem Wasser sprang. Es war ihr gleich, dass der ungebetene Badegast ihren Körper nun noch viel genauer in Augenschein nehmen konnte.
    »Ihr seid schön«, bemerkte er, aber sie hörte gar nicht auf ihn und eilte zur Tür. Wo waren nur ihre Kleider geblieben? Sie hatte sie doch hier abgelegt. Irritiert blickte sie sich nach allen Seiten um, ging sogar hinaus, um zu gucken, ob dieser Lüstling ihre Sachen vielleicht dort versteckt hatte.
    Da stand plötzlich das Dienstmädchen neben ihr.
    »Ihr habt mich erschreckt«, fuhr sie die Kleine an, die ihrerseits zusammenzuckte.
    »Verzeiht mir! Das wollte ich nicht. Kann ich Euch helfen?«
    »Ich suche meine Sachen. Wo habt Ihr meine Sachen hingetan?«
    »Nehmt doch erst einmal diesen Mantel.« Das Mädchen reichte ihr einen flauschigen Bademantel, in den Veruschka nur zu gern schlüpfte. Wohltuende Wärme empfing sie, hüllte sie wie in einen schützenden Kokon ein.
    »Danke«, sagte sie. »Ihr hättet das Bad abschließen sollen. Ein Mann kam einfach zu mir rein. Unverfroren war er!«
    »Aber ich habe an Eurer Tür gewacht, gnädiges Fräulein. Niemand kam herein. Das kann ich bezeugen.«
    »Ihr macht Scherze. Er ist doch noch da drin.« Veruschka stieß die Tür auf und blickte in die Halle, doch die Wanne war leer. »Das … ist nicht möglich.«
    »Ich sagte es Euch doch, niemand kam herein. Dafür habe ich gesorgt.«
    »Es gibt eine zweite Tür.«
    »Wo denn?«
    Sie wusste es nicht. Veruschka zweifelte ernstlich an ihrem Verstand. Konnte sie sich den Besuch des Jünglings eingebildet haben? War es eine Art Tagtraum wie jener, der von ihren beiden Mitreisenden gehandelt und sie so wundervoll erregt hatte? Es musste wohl so sein.
    Das Mädchen lächelte, winkte sie dann mit sich. »Wir haben ein Kleid für Euch herausgesucht. Es wird Euch gefallen.« Veruschka folgte verwirrt der Magd.
    Das Mädchen führte sie in den oberen Bereich des Schlosses in ein prachtvolles Gästezimmer. Veruschka kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dieser Raum war fast so groß wie das Haus ihrer Familie, nur viel prunkvoller ausgestattet, mit Stuckverzierungen verhangen, goldenen Schnörkeln und auffällig vielen Spiegeln.
    »Es ist dort drüben, Ihr werdet es lieben, das ist gewiss.«
    Sie folgte der Magd zu einer Schneiderpuppe, der man das Gewand angezogen hatte. Veruschka blieb der Mund offen stehen, als sie den kostbaren Stoff sah. Unzählige silberne Stickereien zierten das
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