Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind
Autoren: Sandra Gladow
Vom Netzwerk:
Moment nicht nur mit den Augen eines Polizisten, sondern mit denen Teddy Brauns wahrnahm, war die Tatsache, dass sie so verdammt jung war. Ein bildschönes Mädchen wie seine Lena oder seine Marie. Nur für einen winzigen, unachtsamen Augenblick kroch ihm die Angst des Vaters in den Nacken, der nicht immer wusste, wo seine Mädchen
waren, mit wem sie sich trafen und welchen Gefahren sie sich aussetzten.
    Er schob seine Angst beiseite und versuchte, sich auf die Fakten zu konzentrieren. Sein Blick nahm jedes noch so winzige Detail auf, weil er wusste, dass Dinge, die zunächst keine Bedeutung zu haben schienen, irgendwann für die Lösung des Falles dennoch von entscheidendem Wert sein konnten. Für eine Weile vergaß er seine nassen Füße, die Tatsache, dass er fror, und was ihn sonst nebenbei beschäftigte. Er richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf den Tatort.
    Fischer erriet seine Gedanken, als Brauns geschulte Augen die Hände des Opfers untersuchten. »Es gibt keinerlei klassische Abwehrverletzungen an Armen und Händen«, beantwortete er die unausgesprochene Frage. »Die Stiche wurden jeweils frontal gegen den Körper geführt.« Fischer deutete auf die Einstichwunden im Brust- und Bauchbereich, die sich im Wesentlichen in der Körpermitte befanden, bevor er weitersprach. »Wir haben weder Einstiche im Rücken noch an den Körperseiten, wie sie bei Fluchtbewegungen typisch wären.«
    »Sie ist also vermutlich vom Täter überrascht worden.« Hauptkommissar Brauns Worte glichen eher einer Feststellung als einer Frage.
    »Vermutlich ja«, sagte Fischer mit einem Kopfnicken. »Offensichtlich hatte sie keine oder jedenfalls kaum Gelegenheit zur Gegenwehr.«
    »Was wiederum bedeuten könnte«, ergänzte nun wieder Teddy Braun, »dass sie ihn möglicherweise kannte und deshalb keinen Angriff vermutete.«

    »Möglich«, bestätigte Fischer, bevor er mit dem Referat seiner Fakten fortfuhr. »Tatwaffe: vermutlich ein Messer mit circa sechs Zentimeter Klingenbreite.«
    »Das ist ja ein regelrechtes Schlachtwerkzeug!«, unterbrach ihn Braun erstaunt.
    »Kann man so sagen«, pflichtete Fischer ihm bei. »Die Tiefe der Stichverletzungen lässt darauf schließen, dass mit erheblichem Kraftaufwand zugestochen wurde.«
    »Hinweise auf ein Sexualdelikt liegen aber nicht vor«, fügte er noch hinzu und deckte die Leiche wieder zu.
    »Noch et was?«, fragte Hauptkommissar Braun, der an Fischers Art zu sprechen erkannte, dass dieser noch nicht fertig war.
    »Was wir darüber hinaus gefunden haben«, Fischer deutete wenige Meter nach rechts, »sind erbrochene Knochenreste. Wir müssen sie analysieren, kann auch Zufall sein und von einem Wildtier stammen, vielleicht aber auch von einem Hund, gegebenenfalls ihrem Hund.«
    »Weshalb vermutet ihr, dass das Opfer einen Hund hatte?«, fragte Braun interessiert.
    »Sie hatte Hundekekse in der Tasche ihres Lauftrikots«, erläuterte Fischer.
    In diesem Moment trat Brauns Kollege hinzu, der die letzten Worte aufgeschnappt hatte. Kommissar Ben Bendt nickte Fischer zu, den er am frühen Morgen zum Tatort gerufen hatte.
    »Morgen, Teddy«, begrüßte er seinen Vorgesetzten
und musste beim Anblick seines Chefs unwillkürlich schmunzeln. Brauns Hemd, das unter der offenen, etwas knappen Lederjacke hervorlugte, klebte völlig durchnässt an seinem stattlichen Herrenbauch, und das Regenwasser tropfte ihm in die Stirn. In seinen durchnässten Bundfaltenhosen und den Sonntagsschuhen sah er ebenso unglücklich aus wie ein Lausbub bei der Kommunion.
    »Schickes Outfit übrigens, Teddy«, bemerkte Bendt ironisch und zog die Kapuze seines langen, grünen Parkas wie einen Hut zum Diener in seine Stirn.
    »Und so praktisch«, stieg Fischer in die Neckerei des jungen Polizeibeamten ein.
    Hauptkommissar Braun verdrehte die Augen und erwiderte seufzend: »Ich sage nur: Gisela«, was von den anderen mit einem vielsagenden Grinsen kommentiert wurde, bevor sie sich wieder dem Ernst der Lage zuwandten.
    »Sie hatte einen Hund«, bestätigte Bendt und griff damit den Gesprächsfetzen wieder auf, den er bei seiner Ankunft aufgeschnappt hatte. »Wir haben oben am Parkplatz einige Hundebesitzer befragt. Eine Zeugin konnte die Tote«, Bendts Blick streifte die Plane, »ziemlich gut beschreiben, kannte aber ihren Namen nicht. Nach Angaben der Zeugin müsste das Opfer einen braunen Labradorrüden gehabt haben.«
    »Woher wollt ihr wissen, dass die Zeugin nicht irgendeine andere Joggerin im Kopf hatte?«, fragte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher