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Eiskalte Verfuehrung

Eiskalte Verfuehrung

Titel: Eiskalte Verfuehrung
Autoren: Linda Howard
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kümmere mich drum«, sagte er schon unterwegs zur Tür. »Wie viel Zeit bleibt mir?«
    »Weiß ich nicht. Das Haus liegt weiter oben, der Eissturm wird dort also früher einsetzen als hier. Das Wetteramt sagt, dass es bei uns hier schon bei Sonnenuntergang losgehen könnte.«
    Gabriel warf einen Blick auf seine Uhr. Drei Uhr nachmittags. So weit im Norden ging die Sonne gegen vier Uhr unter, ihm blieb also nicht viel Zeit. »Mist«, sagte er. »Dann reicht mir die Zeit ja nicht mehr, um Sam zu sehen.«
    »Doch, wenn du dich beeilst. Man hat die Kids von der Schule nach Hause geschickt, als das Wetteramt die Vorhersage geändert hat. Deine Mom hat ihn also schon abgeholt. Ich ruf sie an, damit sie Kaffee und was zu essen für dich vorbereitet; mach kurz bei ihr Halt – und dann Volldampf voraus!«
    Gabriel war schon durch die Tür und stürzte davon, bevor Harlan noch ausgeredet hatte. Der Kaffee und das Essen waren eher eine Notwendigkeit als ein Trost. Er hatte den ganzen Tag hinter dem Steuer gesessen, er war müde, und bei schwierigen Wetterverhältnissen konnten Nahrungsmittel und Getränke über Leben und Tod entscheiden. Er wusste nicht, in was für eine Situation er kommen würde, sobald er die Hauptstraße verließ und die lange Serpentinenstraße zum Haus der Heltons hinauffuhr; es war also besser, Proviant dabeizuhaben und ihn nicht zu brauchen, als ihn nicht zu haben und womöglich aus diesem Grund sterben zu müssen.
    Der Wind schlug ihm ins Gesicht, als er die Tür des Gerichtsgebäudes öffnete und ins Freie trat. Das war nicht gut. Es war windig gewesen, als er hineingegangen war, aber jetzt, keine zehn oder fünfzehn Minuten später, stürmte es ganz schön heftig. Der Wind bewirkte, dass Äste und Oberleitungen schneller herunterbrachen, außerdem entzog er jedem armen Schwein, das sich jetzt noch draußen aufhielt, die Körperwärme. Oder einem, der losgeschickt wurde, um eine übellaunige, aufmüpfige Zicke zu retten, die ihn vermutlich zum Teufel schicken würde, wenn er von ihr erwartete, ihren feinen Hintern in seinem Pick-up zu platzieren.
    Dennoch machte sich auf Gabriels Gesicht ein unheiliges Grinsen breit, als er zu seinem Ford hetzte und ihn schon mit der Fernbedienung entriegelte, obwohl er noch über drei Meter entfernt war. Er riss die Tür auf und sprang in sein Auto. Lolly Helton! Verdammt noch mal, mit niemandem hatte er sich je so in die Haare gekriegt wie mit Lolly, und niemand war ihm je so auf die Füße getreten. Seinen Erfolg in der Armee hatte er vermutlich der frühen Ausbildung zu verdanken, die sie ihm hatte zukommen lassen; welchen Ärger konnte der zänkischste Rekrut schon machen, verglichen mit dieser hochnäsigen Miss Helton?
    Lollipop, Lollipop, oh lolli, lolli, lolli … Der Songtext kam ihm vage in den Sinn.
    Gabriel legte den Rückwärtsgang ein und schoss so aus der Parklücke, dass er in die gewünschte Fahrtrichtung kam. Sein Lächeln wurde breiter, als er die Automatik auf Fahren stellte und mit seinem Stiefel aufs Gaspedal trat. Die Erinnerung hallte in seinem Kopf wider wie ein Echo, sein Spott, der sie, wie er gewusst hatte, in den Wahnsinn treiben würde, das Gelächter seiner Kumpels, ihre zugeknöpfte, unfreundliche Miene, die noch zugeknöpfter wurde, als sie ihn anstarrte, als wäre er ein Insekt, das sie zertreten hatte.
    Darum ging es bei Lolly Helton. Selbst als kleines Mädchen war sie schon so überzeugt, viel besser als alle anderen in der Stadt zu sein, dass nichts, was er – oder sonst jemand – zu ihr sagte, dieser Überlegenheit einen Dämpfer hätte verpassen können. Ihr Vater war der Bürgermeister, und das vergaß sie nie – und sie ließ es auch nicht zu, dass andere es vergaßen. Wäre sie besonders hübsch oder besonders klug gewesen oder sonst irgendwie außergewöhnlich, dann wäre sie in der Schule vielleicht beliebter gewesen; doch es war nichts Besonderes an ihr. Er erinnerte sich an ihre lockigen braunen Haare, und dass kein Kleidungsstück, das sie trug, je sonderlich gut an ihr ausgesehen hatte; und das war es dann auch. Nun, einmal abgesehen von der Art, wie ihr Gesichtsausdruck ihm gesagt hatte: Verpiss dich, Blödmann.
    Es musste mit ihm etwas nicht stimmen, weil er neben seinem Unmut so etwas wie Aufregung empfand, sie nun zu sehen – um wahrscheinlich bloß wieder mit ihr zu streiten.
    Gabriel hielt das Steuer mit einer Hand fest und wechselte im Radio mit der anderen das Programm. Statt XM wollte er einen
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