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Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)

Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)

Titel: Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
Autoren: Varg Gyllander
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Kälte gerötet. Das Licht der Fackeln flackerte, obwohl es fast windstill war. Die Kälte hüllte sie ein, und ihre dunklen Kleider wirkten vor dem weißen, verschneiten Hintergrund fast noch dunkler, als sie es in Wirklichkeit waren. Immer wieder wurden die Reihen wie ein Akkordeon zusammengedrückt, und sie mussten auf der Stelle marschieren, um nicht mit der Viererreihe davor zu kollidieren. Sie waren jetzt so nahe, dass er ihre verärgerten Mienen sehen konnte, als die perfekte Marschformation abgebremst wurde, als sei es eine Schande, dass nicht alle im Gleichschritt marschierten und dem Takt der Trommeln folgten. Er machte sich so klein wie möglich und zog den Schal vor das Gesicht, während ihn die Spitze des Marsches in nur wenigen Metern Entfernung passierte. Er folgte ihnen mit dem Blick. Die vier vordersten Marschierenden waren identisch gekleidet und etwas älter als jene, die ihnen folgten. Verbissen marschierten sie voraus und wiesen den Weg. Ihnen folgten die Bannerträger. Vier Fahnen, vier verschiedene, aber ähnliche Fahnen mit weißem Rahmen, rotem Grund und schwarzem Symbol.
    Ein Grüppchen aus vier oder fünf Personen eilte neben der Spitze her. Sie waren bedeutend besser gekleidet als die meisten anderen und fotografierten die Verbissenen aus verschiedenen Perspektiven. Zwei liefen rückwärts. Er vermutete, dass es die Fotografen der Zeitungen waren. Einige Polizisten in Zivil schlenderten in gebührendem Abstand neben den Marschierenden her. Der Schein der Fackeln wurde zurückgeworfen von ihren gelben Westen, auf deren Rücken »Polizei« stand. Eine Polizistin näherte sich ihm von der Seite.
    Er stand auf und erstarrte, als er realisierte, dass er sich nirgends verstecken konnte. Sein dunkler Mantel hob sich deutlich von dem Schnee und den schneebedeckten Zweigen um ihn herum ab. Er zögerte. Weglaufen oder stehen bleiben? Die Polizistin, die sich auf die schweigenden Männer und Frauen mit den Fackeln in den Händen konzentrierte, kam immer näher. Er wollte nicht gesehen werde, denn er hatte keine Erklärung dafür, warum er dort im Graben stand. Rasch drehte er sich zu einem Baum um und kehrte der Polizistin, die nur noch ein paar Meter von ihm entfernt war, dabei den Rücken zu. Er hielt die Hände vor den Schritt. Die Polizistin bemerkte ihn, schaute kurz in seine Richtung und ging weiter.
    Sein Herz klopfte. Er bekam kaum noch Luft. Langsam wandte er sich in die Richtung um, die die Polizistin eingeschlagen hatte, sah aber nur noch ihren Rücken. Die gelbe Weste mit dem Wort »Polizei« verschwand, und er beschloss, dass es an der Zeit war aufzubrechen. Er zog seinen dicken, schwarzen Schal hoch und verdeckte den Großteil seines Gesichts. Es kribbelte in seinem Bein, und er rieb sich unter dem Schal über die Haut, um die Durchblutung anzuregen. Dann kletterte er mit Mühe mit seinem Rucksack wieder auf den Weg. Er blickte nach links, um zu sehen, ob die Kolonne irgendwo ein Ende nahm, doch die Reihe der Fackeln erstreckte sich über sein gesamtes Gesichtsfeld. Einige der jungen Männer betrachteten ihn ausdruckslos, als sie vorbeigingen. Niemand sagte etwas. Jetzt sah er, dass auch noch andere die Marschroute säumten und die Vorbeimarschierenden beobachteten. Überwiegend Junge, aber auch Ältere mit wütenden, verzweifelten Gesichtern. Einige mit Hunden. Ein älterer Mann in Begleitung einer Frau schrie etwas und drohte mit der Faust, aber niemanden schien das zu kümmern. Seine Worte trafen auf taube Ohren. Die Frau sah aus, als schämte sie sich seiner.
    An der Marschroute lagen nur wenige Häuser, nirgends brannte Licht. Er dachte an die Leute, die dort wohnten. Vor seinem inneren Auge sah er Familien beim Abendessen, die sich über die Ereignisse des Tages unterhielten. Kinder schrien und wollten nicht aufessen. Das Kinderprogramm im Fernsehen würde gleich beginnen, Teenager hörten in ihren Zimmern Musik oder machten Hausaufgaben. Von diesem Alltag konnte er jedoch nichts erkennen. Es hatte den Anschein, als sei niemand zu Hause, als hätten die Menschen an diesem kalten und dunklen Winterabend, an dem etliche Hundert beschlossen hatten, auf ihren Straßen zu marschieren, das Weite gesucht.
    Er folgte der Straße, bog dann aber nach weniger als hundert Metern auf einen Fahrradweg ab. Dieser war geräumt, aber nicht gestreut. Seine Stiefel fanden nur wenig Halt, und er bewegte sich angestrengt und fahrig. Er hatte es jedoch zu eilig, um auf die Schmerzen zu achten. Die Zeit
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