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Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)

Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)

Titel: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)
Autoren: Janick P. Mischler
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dabei das Gefühl, die Zeit vergeht wie im Fluge 5 . Tatsächlich ist die Zeit gleichermassen fortgeschritten, egal ob Sie nun eine Stunde gelesen oder gejätet haben. Isaac Newton betrachtete den Raum und die Zeit als absolut und universell. Raum und Zeit sind überall und für jeden gleich. Seine Ansichten prägten das Weltbild und schweissten den zeitgenössischen Verstand in ein strukturiertes und konstantes Universum, das von berechenbaren Naturgesetzen zusammen gehalten wird.
    Die Französische Revolution frass ihre eigenen Kinder, Napoleon eroberte Europa und landete auf Elba, ein Vulkanausbruch in Indonesien brachte eine Eiszeit in den Sommer, Karl Marx mobilisierte zur Überwindung des Kapitalismus, der Vatikan beendete die Inquisition, Eisenbahnen und Fabriken erschlossen die Länder, die Schweizer bauten den Gotthardtunnel und die Pariser setzten den Spatenstich zur „tragischen Strassenlaterne“, wie wenig begeisterte Künstler den Eiffelturm später nannten. Dann kam das Jahr, in dem die Physik zu ihrem letzten Experiment ansetzte. Dem Experiment, das die letzten Fragen klären und diese Wissenschaft damit vervollständigen sollte. Im Juli 1887 versuchten Michelson und Morley in einem der bedeutendsten Experimente der Geschichte die damals vorherrschende Äthertheorie zu beweisen. Demnach kann sich Licht nur im Lichtäther ausbreiten – einer unsichtbaren Substanz, die den Raum ausfüllt. Ähnlich wie sich Schallwellen nur in einem Medium, beispielsweise in der Luft, ausbreiten können. Auf dem Mond können Sie schreien so laut Sie wollen. Es wird Sie niemand hören. Auch nicht der Astronaut, der direkt neben Ihnen steht. Der Mond hat keine Atmosphäre und daher auch keine Luft, die die Schallwellen transportieren könnte. Astronauten können daher nur über Funk miteinander sprechen. Die Idee des Michelson-Morley-Experiments bestand darin, die Geschwindigkeit zu messen, mit der sich die Erde durch den als ruhend angenommenen Äther bewegt. Wie bei einem Flugzeug (wobei es zu dieser Zeit natürlich noch keine Flugzeuge gab), das durch die Wolken fliegt, erwartete man, bei diesem Experiment einen Wind messen zu können. Den so genannten Ätherwind. Das Gros der Wissenschaft war überzeugt, mit diesem Experiment eine der letzten grossen Fragen der Physik schliessen zu können. Einige Professoren rieten angehenden Studenten sogar von einem Physikstudium ab, da „in dieser Wissenschaft fast alles erforscht sei und es gelte, nur noch einige unbedeutende Lücken zu schliessen“ 6 . Kaum einer zweifelte ernsthaft an der Äthertheorie und wenn doch, dann höchstens heimlich, um nicht Ruf und Ansehen zu riskieren. Doch es kam alles anders. Das Experiment von Michelson und Morley lieferte ein Nullresultat. Der Äther war unauffindbar. Die Wissenschaft suchte nach Erklärungen, um die Äthertheorie doch noch zu retten. Getreu dem Motto: Diese Schlacht ist zwar verloren, aber noch lange nicht der Krieg. Denn einerseits war das Experiment sehr kompliziert und besonders störungsanfällig auf kleinste äussere Einflüsse. Der Verkehr im Umkreis der Versuchseinrichtung wurde kurzzeitig sogar stillgelegt, um Vibrationen und andere störende Einwirkungen zu vermeiden. Andererseits kursierten zahlreiche Alternativtheorien, beispielsweise dass der Äther komplett mit der Erde mitgeführt werde und deshalb natürlich kein Ätherwind messbar sei (da sich in diesem Fall die Erde und der Äther gleich schnell bewegten). Doch der Untergang der alten Wissenschaften und Ansichten war unvermeidlich. Die zarten Blüten der Forschung, die den Gärten Newtons entsprangen, waren ein Kaktus im Park der neuen Welt. Aber die bedeutsamsten Zeitgenossen mussten sich darauf setzen, um seine Gestalt zu erahnen. Kein Mensch hätte Stacheln vermutet, wo doch nur Blüten gedeihen konnten. Das Michelson-Morley-Experiment ging als Dammbruch in die Geschichte der Wissenschaft ein. Mit dem Experiment, das eines der letzten der Physik hätte werden sollen, wurden Türen aufgestossen zu einer vollkommen neuen Wissenschaft. Zur modernen Physik. Die Natur ist wie sie ist. Ob es den Wissenschaftlern passt oder nicht. Keine Theorie kann etwas daran ändern. Kein kreativer Einfall ist mächtig genug, um die Regeln der Natur umzuschreiben. Das Erstaunlichste aber ist, dass die Natur jenseits der Äthertheorie sehr viel anders beschaffen ist, als sie uns im Alltag erscheint. Die Natur, die in den folgenden Jahren und Jahrzehnten entdeckt werden sollte,
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