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Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Titel: Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Sandra Neumann
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eine
Klassenfahrt mit pubertierenden Teenagern zum Beispiel. In der Gegenwart von
gut aussehenden Männern neigte ich eher dazu nur Schwachsinn zu stammeln und
nicht die brillante und witzige Person, die tief in mir steckte, zum Vorschein
kommen zu lassen.
    „Herr
Berger, ich möchte Ihnen noch unsere Nachzüglerin, Frau Simon, vorstellen. Sie
gibt Englisch und Geschichte, da werden Sie sich sicherlich gerne mal über Ihr
gemeinsames Fach austauschen wollen.“ Ja, ganz bestimmt, wenn ich mal einen
Satz rausbrachte, den man verstand, hätten wir uns bestimmt viel zu sagen. Zu
mir gewandt fuhr Herr Schuhmann fort:
    „Ich
habe Ihnen Herrn Berger übrigens in der Projektwoche zugeteilt. Da alle
Projekte schon vor den Ferien vergeben wurden und er somit kein eigenes hatte,
dachte ich mir, dass er bestimmt bei Ihnen gut aufgehoben ist.“ Ich schluckte
wegen der Projektwoche, denn damit hatte ich wirklich nicht gerechnet, Projekte
als Teamarbeit anzubieten, war bisher eher unüblich gewesen. Und warum musste
gerade ich mein Projekt teilen? Herr Berger sah zu mir hinüber und lächelte auf
mich herab und das meinte ich im wahrsten Sinne des Wortes, nicht auf die
hochnäsige Art und Weise. Mit meinen knapp eins achtzig war ich gewiss nicht
kleinwüchsig, aber er überragte mich gut und gerne um fünfzehn Zentimeter, was
dazu führte, dass ich mich wie ein winziger Schlumpf fühlte.
    „Schön
Sie kennenzulernen, Frau Simon. Hatten Sie auch solche Probleme mit der
Parkplatzsuche heute Morgen? Ich habe gerade noch den Letzten bekommen.“ Gerade
noch den Letzten bekommen? Er hatte einfach meinen genommen, so sah es aus.
    „Hat
es Sie nicht gewundert, dass das Kennzeichen das auf dem Parkplatz steht, nicht
zu Ihrem passt?“, erwiderte ich giftig. Meine übliche Schüchternheit war
komischerweise wie weggeblasen.
    „Ich
dachte, das wäre noch ein Relikt aus älteren Tagen, das war dann Ihrer, oder?“,
gab er kleinlaut zurück. „Ich werde zusehen, dass ich morgen woanders stehe, Ehrenwort!“,
beeilte er sich hinterher zu schieben und sah mich dabei treuherzig an. Was ihn
leider sogleich noch einmal attraktiver machte.
    „Das
will ich auch schwer hoffen. Herr Schuhmann wird Ihnen sicherlich einen eigenen
Parkplatz zuweisen, wenn Sie ihn darauf ansprechen!“
    „Übrigens
wegen der Projektwoche: Das Thema „Alltag im Mittelalter“ finde ich klasse.
Also ich hätte da noch eine ganze Menge dazu beizutragen. Wir könnten uns doch
gerne mal in den nächsten Wochen oder so zusammensetzen, was meinen Sie?“
    „Glauben
Sie allen Ernstes, dass ich, nur weil ich heute Morgen zu spät war, mit allem
hinten dran bin? Mein Konzept ist schon fertig, die Projektwoche ist immerhin
schon in vier Wochen.“ Was leider nicht so ganz stimmte, mir fehlte immer noch
die perfekte Idee, aber das musste ich ihm nicht gleich auf die Nase binden.
Geschichte war bei den meisten meiner Schüler kein besonders beliebtes Fach und
so fanden sich oft diejenigen in meinen Projekten wieder, deren dritte Wahl ich
gewesen war. Ich wollte ihnen jedoch zeigen, dass Geschichte spannend und
lebendig sein konnte, wenn man sich nur darauf einließ. Schon seit Wochen
zermarterte ich mir den Kopf, was ich machen könnte, um die Generation Internet
davon zu überzeugen, dass Geschichte mehr zu bieten hatte, als das bloße
Auswendiglernen von Jahreszahlen, war aber bisher noch zu keinem brauchbaren
Ergebnis gekommen.
    „Ich
würde mich trotzdem gerne mal mit Ihnen zusammensetzen. Ich bin ungerne nur der
Beobachter bei solchen Sachen.“ So ganz unrecht hatte er nicht, er konnte nun
wirklich nichts dafür, dass er der Neue war und kein eigenes Projekt hatte. Ich
versuchte mich in seine Lage zu versetzen und stellte nach kurzem Überlegen
fest, dass auch ich es vorzöge, aktiv zum Projekt beizutragen, anstatt nur der
Zuschauer zu sein.
    „Gut,
ich komme in den nächsten Tagen auf Sie zu, in Ordnung? Ich muss jetzt los, der
Unterricht fängt gleich an. Ach so und viel Erfolg für den Start.“ Er musste ja
nicht gleich das Schlimmste von mir denken. Reichte schon, dass ich ihn gleich
so angegiftet hatte. Ein wenig war ich schon erstaunt über mich, denn ich hatte
es tatsächlich geschafft, in Gegenwart dieser Sahneschnitte mehr als nur drei
unzusammenhängende Sätze herauszubringen. Während ich mich umdrehte, um in
meine Klasse zu gehen, hörte ich noch, wie er mir ein „Danke“ hinterher rief.
    Der
erste Schultag verging wie im Fluge und schon befand ich
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