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Einmal scheint die Sonne wieder

Einmal scheint die Sonne wieder

Titel: Einmal scheint die Sonne wieder
Autoren: Betty McDonald
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„Für Makkaroni.“ – „Spaghetti.“ „Für schön.“ – „Hübsch.“ „Wenn ein Junge in der Stunde zehn Meilen zurücklegt und um zwei Uhr zu Hause aufbricht…“
    Bei den Vogelausflügen versuchten wir ihn manchmal dazu zu bekommen, daß er die alten Intelligenzspiele spielte. „Woll’n doch Zahlen spielen oder ,Was Johnny in seiner Tasche hat‘,“ bettelten wir, aber Vater war nicht mehr daran interessiert. Gesundheit, das war jetzt die Sache, und wir mußten über Stämme springen, die auf unserem Weg lagen, uns an Zweigen hochhangeln und über Flüsse schwingen.
    Das Gesundheitsprogramm wurde fortgeführt, bis Vater drei Jahre später starb. Etwa ein Jahr nach seinem Tod begann ich plötzlich aufzublühen und mich zu einem großen, dicken, gesunden Mädchen zu entwickeln, was als Beweis dafür dienen mag, daß entweder Vaters Gesundheitsprogramm seine Früchte trug, oder daß es gerade langsam geht, wenn es schnell gehen soll.
    Dieses plötzliche Aufgehen war für mich eine bittere Angelegenheit, und ich blätterte fieberhaft in Zeitschriften herum, schnitt Bestellscheine aus und bat um Bücher über Entfettungskuren. Dann kam ein Morgen, an dem ich vor der Schule die große Schüssel mit klüterigem Haferschleim zurückschob, die Gammy mir vor die Nase setzte, und sie jammerte: „Dünner werden! Abmagern! Diese albernen Mädchen! Als erstes wirst du erleben, Betsy, daß du die Schwindsucht bekommst.“ Ein Jammer, daß sie nicht mehr lebte, als ich wirklich Tuberkulose bekam. Das wäre so eine Genugtuung für sie gewesen!
    Als sie meinem Bruder Cleve, der keine Entfettungskur machte, aber Haferschleim haßte, eine Schüssel mit Brei hinpflanzte, sagte Cleve trotzig: „Ich will Eier.“ Wie ich mich noch erinnere, trug er zu jener Zeit im intimen Familienkreis eine schwarzseidene Strumpfkappe, mit der er sein krauses Haar glatt bekommen wollte. Er zog sie sich tief in die Stirn und bekam dadurch etwas Torpedoartiges. Zusammen mit seinem Trotz wirkte das recht gefährlich, und Gammy unterlag gewöhnlich und briet ihm ein Ei. Vorher jedoch bekam er seine Abreibung. „Ich mache deiner Mutter ein Ei,“ sagte sie nachdrücklich, während sie Cleve den Haferbrei wieder hinschob. Sie tat, als hätte sie dieses eine Ei selbst gelegt und als sei es das einzige, das Mutter am Leben erhalten konnte.
    „Miß Kurshible schreibt in ihrer Entfettungskur vor, daß ich zum Frühstück ein Ei essen muß, eine dünne Scheibe Diabetikerbrot und einen kleinen reifen Granatapfel,“ las ich gewichtig aus meiner jüngsten Entfettungskur vor. „Was diese blöde Miß Kurshible sagt, ist mir völlig egal, ich will ein Ei und werd es mir selber machen,“ schrie Cleve los und machte Anstalten, sich von seinem Stuhl zu erheben. „Du brauchst nicht zu schreien,“ meinte Gammy mit verkniffenen Lippen. „Ich mache dir und Betsy ja die Eier.“ Worauf sie eine Bratpfanne herausholte, diese zur Hälfte mit Fett füllte, das so lange erhitzte, bis die Küche vor Rauch blau war, und dann die Eier hineinschlug, wobei sie es immer fertigkriegte, mehrere Stückchen von der Schale mit hineinzubekommen. Die Eier liefen aus, wenn sie in das Fett kamen, und Gammy schrie vorwurfsvoll auf, während sie die Bratpfanne vom Feuer nahm und mit einem großen Deckel zudeckte. Wenige Minuten später servierte sie uns auf eiskalten Tellern die fettriefenden, wabbeligen Eier, die völlig mit einer weißlich-grauen Masse überzogen waren und unappetitlich auf hartem Toast lagen.
    Während wir uns an diese Delikatesse machten, nahm Gammy einen Teelöffel Haferbrei aus einer der unangerührten Schüsseln, tat ihn auf eine Untertasse, goß Magermilch darüber und aß das. Sie aß immer von Untertassen, und wenn eben möglich irgendwelche Reste. Dazu bestand gar kein Grund, außer daß sie essen nicht für gesund hielt und in einer versteckten Ecke ihres Wesens an dieser Art Kargheit ihre Freude hatte.
    Aus einer anderen Ecke kam es, daß sie mit ihren Eiern so geizig war. Wir lebten auf dem Lande, hatten Hühner, und neben der Küche standen immer ganze Schüsseln mit dicken braunen Eiern. Nach Gammys Ansicht aber waren Eier fürs Abendbrot und für Erwachsene , und unter Eiern verstand sie ein Ei. Nur „Schweune“ aßen zwei Eier. Neben uns wohnte ein reizender Mann, der Gammy bei einem ihrer Eierdispute mit uns Kindern ganz beiläufig und ohne zu erröten erzählte, daß er manchmal zehn Eier auf einmal äße. Er war ein prächtiger
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