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Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Titel: Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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Verbindung nicht, befürchtete zweifellos, ihr gesunder junger Körper werde einen neuen Hepburn-Spross hervorbringen, der ihn seines Erbes berauben würde.
    Während der Priester seine Worte sprach und dann aus dem Messbuch las, schaute Emma wieder über ihre Schulter hinter sich. Sie sah, wie ihre Mutter ihr Gesicht an der Schulter ihres Mannes verbarg, als ertrage sie es nicht, die Zeremonie weiterzuverfolgen. Ihre Schwestern weinten mit jeder Minute lauter; Ernestines spitze kleine Nase war so rosa wie die eines Kaninchens, und wenn man berücksichtigte, wie sehr Edwinas volle Unterlippe zitterte, war es nur eine Frage der Zeit, ehe sie in lautes Schluchzen ausbrechen würde.
    Bald schon würde der Priester ans Ende kommen und Emma keine andere Wahl lassen, als dem verhutzelten Fremden an ihrer Seite ihre Liebe und das Recht auf ihren Körper zu versprechen.
    Sie warf einen panischen Blick hinter sich, fragte sich, was sie wohl tun würden, wenn sie den rüschenbesetzten Saum ihres Hochzeitskleides anhob und zur Tür liefe. Sie hatte mehrere warnende Geschichten über sorglose Reisende gehört, die spurlos in der Wildnis der Highlands verschwunden waren und von denen man nie wieder etwas gesehen oder gehört hatte. Im Augenblick klang das wie eine wunderbar verlockende Aussicht. Schließlich war es ja nicht so, als ob ihr altersschwacher Bräutigam ihr nachsetzen, sie einholen und sich über die Schultern werfen könnte, um sie wieder zum Altar zu schleppen.
    Wie um diese Tatsache zu unterstreichen, begann der Earl sein Ehegelöbnis zu krächzen. Zu rasch war es vorbei, und der Priester schaute sie erwartungsvoll an.
    Wie alle anderen in der Kirche.
    Ihr Schweigen zog sich in die Länge, und eine der Frauen murmelte: »Ach, die arme Kleine ist ja ganz überwältigt von ihren Gefühlen.«
    »Wenn sie ohnmächtig wird, wird er sie nicht auffangen können, ohne sich den Rücken zu brechen«, erwiderte ihre Gefährtin.
    Emma öffnete den Mund, dann schloss sie ihn wieder. Er war so trocken wie Baumwollwatte, was sie zwang, sich mit der Zungenspitze die Lippen zu befeuchten, ehe sie einen weiteren Versuch unternahm zu sprechen. Der Priester schaute sie durch die Gläser seiner Brille mit dem Metallgestell erwartungsvoll an, und das Mitgefühl in seinen braunen Augen brachte sie beinahe zum Weinen.
    Emma sah wieder über ihre Schulter, aber dieses Mal war es nicht ihre Mutter, die ihren Blick auffing, sondern ihr Vater.
    Der bittende Ausdruck in seinen Augen war leicht zu deuten. Seine Augen waren von genau dem rauchigen Blau wie ihre. Es waren Augen, die zu lange schon einen gehetzten Ausdruck gezeigt hatten. Sie hätte schwören können, dass das Zittern seiner Hände nachgelassen hatte, seit der Earl die Eheverträge unterzeichnet hatte. Sie hatte ihn nicht mehr nach der Flasche greifen sehen, die er stets in einer Tasche seiner Weste bei sich trug, seit sie den Antrag des Earls angenommen hatte.
    In seinem ermutigenden Lächeln erkannte sie den Schimmer eines anderen Mannes – eines jungen Mannes mit klaren Augen und ruhigen Händen, dessen Atem nach Pfefferminz roch statt nach Spirituosen. Wie es früher gewesen war, als er sich nach ihr gebückt und sie auf seine Schultern gehoben hatte, dass sie das Gefühl hatte, eine Königin über alles zu sein, was sich zu ihren Füßen erstreckte, statt ein kleines Mädchen mit klebrigen Fingern, aufgeschrammten Knien und einem ansteckenden Lächeln, das ihre Zahnlücken zeigte.
    Sie sah noch etwas in den Augen ihres Vaters, das sie schon lange nicht mehr dort gesehen hatte: Hoffnung.
    Emma drehte sich wieder zu ihrem Bräutigam um und reckte die Schultern. Trotz allem, was die Zuschauer denken mochten, sie hatte nicht vor, in Tränen auszubrechen oder ohnmächtig zu werden. Sie war immer stolz darauf gewesen, dass sie aus anderem Holz geschnitzt war, härterem Holz, als auf so etwas zurückzugreifen. Wenn sie den Earl heiraten musste, um die Zukunft und den Wohlstand ihrer Familie zu sichern, dann würde sie ihn eben heiraten. Und sie würde sich Mühe geben, ihm die beste Ehefrau und Countess zu sein, die er sich mit seinem Reichtum – und dem Titel – kaufen konnte.
    Sie öffnete den Mund – fest entschlossen zu schwören, ihn zu lieben und ihm zu gehorchen, in guten wie in schlechten Zeiten, in Gesundheit und Krankheit, bis dass der Tod sie scheide –, als plötzlich die doppelflügelige Eichenholztür am Eingangsportal hinten in der Kirche krachend aufgestoßen
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