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Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Titel: Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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der Kirchenbank neben ihrer Mutter und betupften sich die vom Weinen geröteten Augen mit ihren Taschentüchern. Wenn Emma sich hätte einreden können, es sei Freude, die ihre Familie zum Weinen brachte, wären ihre Tränen leichter zu ertragen gewesen.
    Mehr Geflüster drängte sich in ihre Gedanken, als die beiden Frauen ihre Unterhaltung wieder aufnahmen. »Sieh ihn dir doch nur an! Er ist immer noch ein Bild von einem Mann, nicht wahr?«
    »Allerdings. Das Herz könnte einem vor Stolz schwellen. Und man kann sehen, dass er von dem jungen Ding ganz hingerissen ist.«
    Da sie nicht länger die Unausweichlichkeit ihres Schicksals leugnen konnte, drehte Emma sich wieder zurück zum Altar und hob ihren Blick, um in die bewundernden Augen ihres Bräutigams zu sehen.
    Dann senkte sie ihn rasch wieder, als ihr einfiel, dass sie ja einen halben Kopf größer war als seine vom Alter gebeugte Gestalt.
    Er grinste sie an, wobei sich beinahe das schlecht angepasste Gebiss aus Wedgwood-Porzellan aus seinem Mund löste. Seine Wangen wölbten sich fast völlig nach innen, als er die Zähne zurücksaugte, was wiederum einen hörbaren Laut machte, der wie ein Pistolenschuss in der Kirche widerzuhallen schien. Emma schluckte, hoffte, dass seine alterstrüben blassblauen Augen ihre angewiderte Miene mit einem erfreuten Lächeln verwechselten.
    Seine verhutzelte Gestalt war in den ganzen prachtvollen Ornat gehüllt, der mit seiner Stellung als Laird der Hepburn-Ländereien und als Oberhaupt des Clans der Hepburns einherging. Ein wehendes rot-schwarzes Plaid schien seine schmalen Schultern fast zu schlucken. Der passende Kilt gab den Blick frei auf Knie, die so knöchern waren wie elfenbeinerne Türknaufe. Eine abgenutzte Felltasche baumelte zwischen seinen Beinen; die zeremonielle Tasche hatte so viele kahle Stellen wie sein Haupt.
    Die beiden alten Klatschbasen hatten recht, wies Emma sich streng zurecht. Der Mann war ein Earl – ein äußerst mächtiger Adeliger, von dem es hieß, er besitze sowohl den Respekt seiner Standesgenossen als auch das Ohr des Königs.
    Es war ihre Pflicht ihrer Familie gegenüber – und ihrem rasch schwindenden Vermögen – gewesen, den Antrag des Earls anzunehmen. Schließlich war es nicht die Schuld ihres Vaters, dass er mit einem Stall voll Töchter verflucht war, statt mit Söhnen gesegnet zu sein, die in die Welt hätten ziehen können, um selbst ihr Glück zu machen. Dass der Earl of Hepburn ausgerechnet ein Auge auf Emma geworfen hatte, kurz bevor sie zu den alten Jungfern zu zählen drohte, war ein ausgesprochener Glücksfall für sie alle gewesen. Dank der großzügigen Zahlung, die der Earl ihrem Vater bereits geleistet hatte, würden ihre Mutter und ihre Schwestern nie wieder durch das Pochen von Gläubigern an der Tür ihres baufälligen Herrenhauses aus dem Schlaf gerissen werden oder jeden wachen Moment in der Furcht verbringen, dass sie im Arbeitshaus enden würden.
    Emma war vielleicht die hübscheste der Marlowe-Mädchen, aber sie war nicht so attraktiv, dass sie es sich leisten konnte, einen so erlauchten Bewerber um ihre Hand abzuweisen. Während der kräftezehrenden Reise in diese entlegene Ecke der Highlands hatte ihre Mutter jede Einzelheit ihrer bevorstehenden Hochzeit in entschlossen heiterer Stimmung mit ihr besprochen. Als sie schließlich die Ausläufer der Berge erreichten und das Heim des Earls endlich in Sicht kam, hatten ihre Schwestern pflichtschuldig bewundernd geseufzt, ohne zu erkennen, dass ihr gespielter Neid für Emma viel schmerzlicher war, als unverhohlenes Mitleid es gewesen wäre.
    Niemand konnte die erhabene Pracht der alten Burg in Abrede stellen, die sich an den schattigen Fuß des hohen schneebedeckten Berges Ben Nevis schmiegte – eine Burg, in denen die Lairds der Hepburns und ihre Bräute jahrhundertelang freundliche Aufnahme gefunden hatten. Wenn der heutige Tag überstanden war, würde Emma als die junge Frau des Earls die Herrin von allem hier sein.
    Als sie ihren Bräutigam aus schmalen Augen betrachtete, rang sie darum, ihre Grimasse in ein aufrichtiges Lächeln zu verwandeln. Der alte Mann war ihr und ihrer Familie gegenüber der Inbegriff von Freundlichkeit gewesen, seit er sie bei einem der letzten Bälle der Saison auf der anderen Seite des überfüllten öffentlichen Tanzsaales entdeckt hatte. Statt einen Vertreter zu schicken, hatte er sich höchstpersönlich auf die beschwerliche Reise nach Lancashire gemacht, um ihr den Hof zu machen und
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