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Eine sueß saure Liebesgeschichte

Eine sueß saure Liebesgeschichte

Titel: Eine sueß saure Liebesgeschichte
Autoren: Frieda Lamberti
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diesem morgendlichen Ritual pfeift der kurzgewachsene, dickbäuchige Proll einmal kurz - einmal lang auf zwei Fingern und seine Nachkommen folgen ihm wie dressierte Schäfchen zurück ins Haus. Vermutlich wird er sich jetzt einen Kaffee kochen, nachdem er die ganze Nachbarschaft geweckt hat. Ich tue es ihm gleich und lege ein Kaffeepad in meine Maschine. Im Erdgeschoss riecht es nach Knoblauch. Um korrekt zu sein, nach Bärlauch. Rund 10 kg grüne Butterrollen stapeln sich auf dem Arbeitstisch und warten darauf, mit entsprechenden Kräuter-, Gewürz- und Olivenbaguettes ausgeliefert zu werden. Bei mir werden die herzhaften Sachen zubereitet, nebenan bei Anja duftet es nach süßen Obstkuchen und anderem Gebäck. Der Geruch der ofenfrischen Brotstangen löst nach knapp zehn Jahren keine Euphorie mehr bei mir aus. Ich weiß, dass ich mich mit großen Schritten meiner kritischen Endphase nähere. Bisher habe ich alle zehn Jahre mein Leben umgekrempelt. Ich bin stets meinen Wünschen und Neigungen gefolgt. Wenn auch nicht immer freiwillig. Im Sommer werde ich fünfzig und lechze nach einer neuen Wende in meinem Leben.

Kurt bettelt um seinen morgendlichen Gassi Gang. Ein Blick auf den Backofen zeigt mir, dass ich für eine kurze Runde noch genau zwölf Minuten Zeit habe. Im Galoppschritt laufe ich mit ihm um den Block.
   »Abdrücken, Kurt. Nun mach schon! Auf keinen Fall werde ich wegen dir die Brote verbrennen lassen.« Als ich von meiner Laufrunde zurück komme, steht Lennard vor meiner Tür. Käääääviiiiiiiiiiiens jüngerer Bruder.
   »Guten M.m.m.o...rgen, Char.l.l.lo..tte. Wir ha..ha..ha..ben gestern ein Päckchen für dich angenommen. Weil es so geregnet hat, wo..wo..wo..llten wir es dir nicht vor die Tür legen.« Ich schaue Lennard nicht ins Gesicht. Es hilft ihm, sein Stottern besser unter Kontrolle zu bekommen und lächle ihn erst an, als er seine Botschaft überbracht hat.
   »Danke. Lieb von dir. Magst du noch mit reinkommen und ein warmes Baguette essen?« Aber der Mittlere der Affenfamilie lehnt ab und überreicht mir das Päckchen.
   »Ich komm h.h.h.eute N.n.achmittag den R.r.rasen mähen, ok?«
   »Das wäre prima, Lennard. Hoffen wir mal, dass es heute trocken bleibt.« Mit einem breiten Lächeln verzieht er sich wieder über die Straße und ich laufe hastig in die Küche. Rettung in letzter Sekunde, denke ich, als ich das vorletzte Blech aus dem Ofen ziehe. Kurt steht schwanzwedelnd vor der Terrassentür und ich weiß, dass Anja im Anmarsch ist. Statt »Guten Morgen« ruft sie mir zu »Wie lange brauchst du noch? In spätestens einer halben Stunde muss ich los, wenn wir pünktlich liefern wollen.« Ich verziehe das Gesicht und denke im Stillen, dass sie keine Panik schüren müsste, wenn sie mir früher hilfreich zur Hand gegangen wäre.
   »Stress mich nicht! Und keine Sorge, es klappt alles. Wie immer!« Ich schiebe die letzten Bleche in den Ofen und werfe einen Blick auf das Paket.
   »Mach mal auf. Vielleicht sind es die Muster für die Pralinenverpackungen, auf die ich seit Tagen warte«, sage ich zu ihr und wasche mir die Hände unter fließend Wasser.
   »Falsch geraten. Es ist nur ein Prospekt. Von Solution Partner?! Sag, hast du nicht mal für die gearbeitet?« Erstaunt nehme ich Anja den Katalog aus der Hand und stelle fest, dass es keine Werbebroschüre ist, sondern ein gebundener Bildband, der von den Gesellschaftern anlässlich des bevorstehenden Firmenjubiläums für Kunden und Mitarbeiter gedruckt und verschickt wurde.
   »Und scheinbar auch für Ex Mitarbeiter. Schau mal. Hier ist eine persönliche Einladungskarte für dich. Für Frau Charlotte Talbach.« Neugierig liest Anja mir laut vor.

Liebe Frau Talbach,
auch mit Ihnen haben wir den Grundstein für zwanzig, erfolgreiche Jahre Solution Partner gelegt. Jetzt ist es an der Zeit »Danke« zu sagen und mit allen Pionieren zu feiern. Wir laden Sie ein, am 12. Mai ab 11 Uhr zu uns ins neue Betriebsgebäude in der Hamburger Hafen City zu kommen. Es freuen sich Martin Seibert und Thomas Löhning

Zwanzigjähriges Jubiläum? Oh Gott, ich fühle mich auf der Stelle steinalt. Das Gruppenfoto auf der ersten Seite der Klappkarte lässt mich schmunzeln. Wir waren schon eine wilde Truppe, denke ich noch, als das Signal des Ofens mich aus meinen Erinnerungen zurückholt und mich auffordert, die letzten Brote zu entnehmen.

Der Kofferraum unseres Kleintransporters ist voll bepackt und Anja besteht
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