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Eine Sündige Nacht

Titel: Eine Sündige Nacht
Autoren: Sandra Brown
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Pferden, Leder und Heu.
    »Steve«, rief Laura Jane fröhlich aus.
    »Hier bin ich«, kam es mit tiefer Stimme zurück.
    Steve Bishop war der Stallmeister auf dem Anwesen der Lancasters. Die Zucht von Vollblütern war zwar eines von Roscoes Hobbys, aber die tatsächliche Pflege der Pferde interessierte ihn nicht sonderlich. Mr. Bishop trat aus einer Box auf den Mittelgang. Er war nur mittelgroß, hatte aber einen kräftigen Körperbau. Seine Gesichtszüge waren ungleichmäßig und grob, aber sein Ausdruck milderte die Derbheit seines Gesichtes. Er trug sein Haar lang, normalerweise mit einem Frotteestirnband um den Kopf oder, wie jetzt, mit einem Cowboyhut aus Stroh. Seine Jeans war alt und zerfranst, seine Stiefel staubig, Schweißflecken zeigten sich auf seinem Hemd, aber auf seinem Gesicht lag ein strahlendes Lächeln, als Laura Jane auf ihn zugesprungen kam. Nur der Ausdruck von Traurigkeit und Enttäuschung verließ nie seine Augen, nicht einmal, wenn er lächelte. Er war siebenunddreißig Jahre alt, aber seine Augen wirkten viel älter.
    »Steve, wir wollen das Fohlen sehen«, sagte Laura Jane außer Atem.

    »Es ist gleich hier.« Er zeigte mit seinem Kopf auf die Box, die er gerade verlassen hatte.
    Laura Jane ging hinein. Steve sah Caroline fragend an. »Krebs«, beantwortete sie seine stumme Frage. »Es ist nur eine Frage der Zeit.«
    Steve fluchte leise und sah dann zu der jungen Frau, die im Heu kniete und mit dem Fohlen schmuste. »Haben Sie es ihr schon gesagt?«
    »Ja. Sie hat es besser als jeder andere aufgenommen.«
    Er nickte und lächelte Caroline kläglich an. »Ja, das denke ich mir.«
    »Oh, Steve. Es ist wunderschön, nicht wahr?«, rief Laura Jane.
    Verlegen berührte er kurz Carolines Schulter, dann ging er in die Box. Sie folgte ihm und beobachtete, wie er sich ungelenk neben Laura Jane auf die Knie ließ. Im Vietnamkrieg hatte er den unteren Teil seines linken Beines verloren. Er trug eine Prothese, die kaum als solche zu erkennen war, es sei denn, er musste das Bein beugen, so wie jetzt.
    »Es ist wirklich hübsch. Und seine Mama ist sehr stolz auf es.« Er klopfte der Stute auf die Seite, aber seine Augen blickten weiter auf Laura Jane. Caroline sah, wie er einen Strohhalm, der sich in Laura Janes Haar verfangen hatte, herauszog. Seine Finger streiften dabei ganz zart ihre makellose Wange. Laura Jane sah ihm in die Augen, dann lächelten sie sich an.
    Einen Moment lang war Caroline über diesen intimen Austausch verblüfft. Hatten die beiden sich etwa ineinander verliebt? Sie wusste nicht recht, was sie von dieser Vorstellung halten sollte. Taktvoll zog sie sich zurück, aber Steve sah zu ihr hoch.

    »Mrs. Lancaster, wenn ich irgendetwas tun kann …« Er beließ es bei diesem offenen Angebot.
    »Danke, Steve. Machen Sie erstmal so weiter wie bisher.«
    »Ja, Ma’am.« Er wusste, dass ihre Meinung ausschlaggebend für seine Einstellung bei Roscoe gewesen war. Sie hatte damals noch für Mr. Lancaster gearbeitet, als Steve Bishop auftauchte, um sich als Stallmeister zu bewerben, und seine Bitterkeit wie einen Schild vor sich hertrug. Sein Pferdeschwanz hing ihm bis zur Hälfte des Rückens herunter, seine Jeansweste war übersät mit Friedenszeichen und Stickern mit Anti-Kriegs-Parolen und Anti-Amerika-Slogans. Er war mürrisch und streitlustig gewesen, fast hatte er Roscoe dazu herausgefordert, ihm einen Job, eine Chance zu geben, die ihm so viele andere verweigert hatten.
    Caroline hatte durch seine Maske gesehen und den wahren Mann in ihm erkannt. Er war verzweifelt gewesen. Sie hatte ihn wie von selbst in ihr Herz geschlossen. Sie kannte den Schmerz, der daher rührte, mit einem Etikett versehen zu werden, und wusste, wie es war, wenn man nach seiner äußerlichen Erscheinung und seiner Herkunft, für die man nichts konnte, beurteilt wurde. Weil der Kriegsveteran angab, vor dem Krieg in einer Pferderanch in Kalifornien gearbeitet zu haben, überredete Caroline Roscoe, ihn einzustellen.
    Ihr Mann hatte diese Entscheidung niemals bereut. Steve stutzte seinen Pferdeschwanz und veränderte sein Aussehen sofort, als ob die Insignien der Rebellion nicht länger vonnöten wären. Er war fleißig und gewissenhaft und stand auf erstaunliche Art in innerem Zwiegespräch mit den Vollblütern. Der Mann hatte lediglich jemanden gebraucht, der ihm sein Vertrauen entgegenbrachte, damit er wieder Achtung vor sich selber hatte.

    Caroline dachte auf ihrem Weg zum Haus über all das nach. Steve und
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