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Eine Stuermische Nacht

Eine Stuermische Nacht

Titel: Eine Stuermische Nacht
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grübeln, sodass sie schon wieder lächelte, als sie die Küche des Gasthofes betrat. Niemand, überlegte sie reuig, als sie die Flaschen mit dem heißen Wasser nahm und den erhitzten Stein, den Flora, die mittlere Gilbert-Tochter, ihr hinhielt, egal welchen Alters oder welchen Ranges, widersprach Mrs Gilbert. Selbst von ihrem eigenen Cousin, dem liederlichen neuen Squire Townsend, wusste man, dass er wie ein Schuljunge das Weite suchte, um einer Standpauke von Mrs Gilbert zu entgehen.
    Zu dem Zeitpunkt, als sie wieder ins Gästezimmer kam, war der Fremde züchtig bekleidet – in einem alten Nachthemd, das früher Mrs Gilberts verstorbenem Gatten gehört hatte, lag er unter den Decken. Der heiße Stein wurde zu seinen Füßen unter die Bettdecke geschoben und die Wasserflaschen links und rechts neben ihn. Mrs Gilbert scheuchte Jeb aus dem Raum und sagte mit einem letzten Blick durchs Zimmer zu Emily:
    »Ich werde Mary nach oben schicken mit warmem Wasser und einem Tuch – dann können Sie die klaffende Wunde an seinem Kopf säubern.« Mit einem bedeutungsvollen Blick fügte sie hinzu:
    »Wir haben schon genug Zeit verschwendet – die anderen müssen sich auf den Weg machen.«
    Emily öffnete den Mund, um zu widersprechen, aber Mrs Gilbert hob mahnend einen Finger.
    »Ich weiß«, sagte sie, »Sie denken, Sie sollten diejenige sein, die dort unten ist und sich um sie kümmert, aber seien Sie bitte einmal die junge Dame, als die Sie erzogen wurden, und bleiben Sie hier oben außer Sicht. Bitte.«
    Emily zögerte.
    »Halten Sie die Augen offen nach irgendetwas, das in irgendeiner Weise ungewöhnlich ist«, bat sie schließlich.
    »Mein Cousin benimmt sich in letzter Zeit seltsam, und ich denke, er spioniert mir nach.« Sie holte tief Luft und gestand:
    »Jede Nacht seit ungefähr einer Woche hat jemand – und ich vermute, es ist mein Cousin – die Klinke an meiner Tür ausprobiert.« Mrs Gilbert schnappte unwillkürlich nach Luft, und Emily beeilte sich hinzuzufügen:
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich halte die Tür geschlossen und habe stets von innen eine Kommode davorgeschoben – wie Anne es auch tut –, sodass, wer auch immer es ist, unverrichteter Dinge wieder geht. Aber es wäre nicht gut, wenn mein Cousin mein Bett leer fände.« Sie schluckte.
    »Wenn er dahinterkäme, was wir hier treiben …«
    Mrs Gilbert wirkte entschieden grimmig.
    »Glauben Sie, er hat Sie heute Abend beim Verlassen des Hauses beobachtet und ist Ihnen gefolgt?«
    »Nein, eigentlich nicht, aber seit ich heute aus meinem Zimmer geschlüpft bin, habe ich das unangenehme Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung ist.« Sie schaute zu dem Fremden. »Erst er, und dann …« Ein Schauer durchlief sie. »Ich fühle mich wie eine dumme Gans, aber ich kann nicht aufhören, die ganze Nacht über meine Schulter zu schauen. Ich habe das Gefühl, als ob jemand mich … uns beobachtet.«
    Müde fügte sie hinzu:
    »Wenn die Tür zu meinem Schlafzimmer mit Gewalt geöffnet werden und Jeffery entdecken würde, dass das Zimmer leer ist, wäre dies der erste Ort, an dem er nach mir suchen würde.«
    Mrs Gilberts Lippen wurden schmal.
    »Nun, er wird Sie aber nicht hier finden. Wir haben Sie schneller, als eine Katze sich das Ohr lecken kann, wieder auf dem Weg zurück zum Gutshaus.« Sie tätschelte Emily noch liebevoll die Schulter, dann sagte sie:
    »Sie machen sich zu viele Sorgen, meine Liebe – das haben Sie immer schon. Das Auftauchen des Fremden hat uns alle erschüttert, aber ich bin sicher, das ist auch schon alles.« Sie sah sich ein letztes Mal im Raum um, bevor sie erklärte:
    »Jetzt muss ich aber gehen und nachschauen, ob Jeb und die anderen alles aufgeladen haben und zum Aufbruch bereit sind. Ich schicke Ihnen Mary mit dem Lappen und dem warmen Wasser. Sie kann Ihnen Gesellschaft leisten, während ich weg bin.«
    Mrs Gilbert eilte geschäftig aus dem Zimmer, und kurz darauf kam Mary mit den Tüchern und der Schüssel Wasser. Mit siebzehn war Mary die jüngste der fünf Gilbert-Töchter, und ihre blauen Augen waren angesichts der ganzen Aufregung weit aufgerissen, als sie zum Bett trat und den Fremden betrachtete.
    »Himmel!«, rief sie, »ist er tot?«, fragte sie und wiederholte damit unbewusst Jebs Frage von zuvor.
    Emily lächelte leise und sagte:
    »Nein. Er sieht nur so aus, aber deine Mutter behauptet, er werde sich erholen.« Ihr Lächeln wurde ein Grinsen.
    »Und wir wissen schließlich alle, dass deine Mutter sich nie
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