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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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meiner Letztgeborenen beehren würden. Wir sind hier alle sehr stolz auf Sie. Ich habe vor, Sie für eine Belobigung vorzuschlagen. Ihre Opferbereitschaft, Ihr Scharfsinn, Ihr Pflichtbewusstsein verdienen es …«
     
    Selbst in ihren besten Momenten tat man sich schwer, die Strandpromenade von Casale Marino anders zu nennen alstrostlos. Jetzt, gegen Ende des Sommers, an einem grauen und windigen Nachmittag, ein Vorbote der bevorstehenden kalten Monate, war sie mehr als trostlos. Der Bürgersteig erstreckte sich ins Unendliche, auf der einen Seite gesäumt von schönen alten Palazzi in verschiedenen Phasen des Verfalls, die sich abwechselten mit heruntergekommenen Häusern samt schrecklichen kleinen Fertigbauten im Garten. Auf der anderen Seite das schäumende Meer und der Strand, bedeckt von einer festen Schicht getrockneter Algen, der sich hinzog, so weit das Auge reichte, ohne einen einzigen Sonnenschirm, ohne Kiosk, ohne irgendwas. Und über allem hing schwer der farblose Himmel.
    Santomauro mochte die Strandpromenade von Casale Marino. Er hatte sie immer gemocht, aber an diesem Tag passte sie perfekt zu seiner Stimmung, zu dem Gefühl der Sinnlosigkeit und des Ruins, das ihn umtrieb, mit dem bitteren Nachgeschmack, den die kürzlich abgeschlossenen Ermittlungen bei ihm hinterlassen hatten.
    Neben ihm ging Pater Lillo, die Hände in den Taschen vergraben und die Haare vom Wind zerzaust. Sie waren sich zufällig begegnet und stillschweigend gemeinsam weitergelaufen.
    »Werden Sie nach Neapel zurückkehren?«, fragte der Maresciallo.
    »Ich weiß nicht, ich habe mich noch nicht entschieden. Jedenfalls werde ich bei meinen Oberen einen Antrag auf Versetzung in den Kosovo stellen. Wer weiß, vielleicht willigen sie ja diesmal ein.«
    Das sagte er mit einem müden Lächeln, und Santomauro empfand Mitleid mit ihm. Zum ersten Mal spürte er, welche Bürde seine besondere Ausstrahlung für diesen Mann darstellen musste, so wie für manche Frauen ihre übermäßige Schönheit.
    »Das wünsche ich Ihnen. Und Olimpia?« Sie waren zum Wasser hinabgegangen, ungeachtet des Sandes, der ihnen in die Schuhe rieselte. Als sie durch die Algen stapften, versanken ihre Füße knöcheltief. Santomauro musste kurz daran denken,dass Valentinas Leiche unter genau solchen Algen gelegen hatte, zu Beginn des Sommers, es schien Ewigkeiten her zu sein.
    »Olimpia wird sich damit abfinden. Ich habe schon viel für sie getan.«
    Der Maresciallo nickte, obwohl er den Verdacht hegte, dass es eher Olimpia gewesen war, die viel für ihn getan hatte. Er kannte den Grund nicht, aus dem sie Elena angerufen hatte, der berühmte Anruf, der alles in Gang gesetzt hatte, indem er ihren heimlich genährten Hass tausendfach verstärkt hatte. Er kannte den Grund nicht und würde auch nicht danach fragen, aber eine Ahnung hatte er doch.
    Das Meer vor ihnen schien zu kochen. Schaum spritzte bis zu ihren Füßen.
    »Wissen Sie schon das Neuste von Sangiacomo?«
    »Was hat er angestellt?«
    »Noch nichts, aber er hat einen Vertrag bei einem großen Verlag unterschrieben für diese Geschichte. Ich habe gehört, wie Olimpia am Telefon davon erzählte.«
    »Leute wie er fallen immer auf die Füße.«
    »Das ist aber engherzig von Ihnen, Simone, immerhin sind Sie der Protagonist des Ganzen.«
    »Ach, du liebe Güte!«
    »Na ja, schließlich sind Sie ja auch der Held dieser ganzen unschönen Geschichte. Entschuldigen Sie die Neugierde eines armen Priesters. Wie sind Sie nur darauf gekommen? Ich meine, war es eine Ahnung, ein Verdacht, woher wussten Sie, dass Pippo Elena zur Rocca gebracht hatte?«
    »Ich fürchte, das war reines Glück. Ich ahnte, dass er sich das Getümmel des Abends zunutze machen würde, aber ich wusste nicht, wie. Dann habe ich gesehen, dass die Rocca brannte, und bin hin, um zu helfen. Aber es war schon zu spät.«
    »Ich bin sicher, dass es das Beste für Pippo war«, sagte der Pater mit ruhiger Überzeugung.
    »Haben Sie Nachricht von den Buonocores? Sie sind nicht zu Hause, und ich sollte mit ihnen reden.« Das stimmte nicht, er war nur neugierig.
    Der Jesuit lächelte: »Das wissen Sie nicht? Aloshi ist schwanger, sie sind für die Untersuchungen nach Neapel gefahren. Gerry ist außer sich vor Freude.«
    »Dann wird er diese Frau wohl behalten, könnte ich mir denken.«
    »Ja, könnte sein.«
    Sie gingen weiter am Wasser entlang, während der inzwischen tückisch frische Wind ihnen die Jacken blähte. Zwischen ihnen gab es viele
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