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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz
Autoren: Lydia Adamson
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Möglichkeit nie in Erwägung gezogen, weil in jedem dieser Fälle die Todesart eine andere war. Jeder dieser Morde wurde mit einer anderen Waffe begangen. Der Mörder hat siebzehn Menschen umgebracht, aber jeden auf eine andere Weise.«
    Das kam mir seltsam vor. »Aber wieso glauben Sie dann, daß es derselbe Täter war?«
    »Bei keinem dieser Mordfälle ist der Täter gewaltsam in die Wohnung eingedrungen, und jedes der Opfer besaß mindestens eine Katze, und der Katze wurde nie ein Haar gekrümmt.«
    »Viele Menschen haben Katzen«, erwiderte ich skeptisch.
    Rothwax beugte sich vor und sagte mit eindringlicher, verschwörerischer Stimme: »Wissen Sie, wir haben an jedem Tatort etwas gefunden, etwas, das immer identisch war. Das ist uns jetzt erst aufgefallen.«
    »Etwas?« äffte ich ihn nach.
    »Wir würden Ihnen dieses ›Etwas‹ gerne zeigen. Wir möchten Ihre Meinung dazu hören. Detective Hanks sagt, daß Sie sehr gut kombinieren können. Und daß Sie alles über Katzen wissen.«
    Pancho flitzte vorbei, und beide Männer zuckten zusammen. Ich mußte laut lachen.
    »Er ist schnell«, sagte ich. Sie nickten.
    »Sofort«, sagte Rothwax, »können Sie sofort mit uns kommen?«
    Zum ersten Mal fiel mir die Dringlichkeit in seiner Stimme auf. Sie überzeugte mich.
    »Warum nicht?« gab ich zurück. Die Detectives lächelten. Oder zogen sie Grimassen? Ich schaute Bushy an, der wieder einmal eine seiner Meditationsnummern abzog: Er starrte entweder Millionen Jahre in die Vergangenheit oder Millionen Jahre in die Zukunft.
    Ich spürte wieder dieses merkwürdige Prickeln - dasselbe, das ich empfunden hatte, als Mrs. Oshrin den Besuch der Detectives als »streng vertraulich« bezeichnet hatte. Es prickelte genauso, wie es immer prickelte, wenn ich eine Rolle gut spielte, wenn es mir gelang, eine schwierige Figur glaubhaft zu verkörpern. Ich hatte bereits diese bei alternden, arbeitslosen Schauspielern weitverbreitete Marotte angenommen, alles und jeden mit einer Rolle zu verwechseln. Das ist die natürliche Folge der Frustration einer Schauspielerin, die ständig kämpfen muß, die ihr Leben dem absurden Theater geweiht hat - einem Theater, das über die Grenzen des Üblichen hinausging und das schlicht und ergreifend nicht mehr existierte.
    Aber hier handelte es sich um Ermittlungen in ungeklärten Mordfällen - nicht um eine Rolle! Das durfte ich auf keinen Fall vergessen. Genauso, wie ich mir manchmal klarmachen mußte, daß Bushy kein Catsitter-Kunde war, sondern mein eigener Kater.

3
    Die Tyre-Brüder hatten in einer recht großen Wohnung gelebt, die in einem sehr hohen Stockwerk des Gebäudes in der Fourteenth Street, westlich von der Fifth Avenue lag. Die Küche hatte keine Wände und bildete das Zentrum des Apartments. Von einem kurzen Flur, der von der Eingangstür zu dem einzigen großen Raum führte, wiesen zwei kleine Badezimmer ab.
    Der Rest der Wohnung war leerer Raum mit Regalen, ein paar unentbehrlichen Möbelstücken und Fenstern - meine Güte, was für riesige Fenster -, die auf drei Seiten die Wände bildeten. In dieser Wohnung zu stehen war wie ein wilder, optischer Ritt über die ganze Stadt. Ich setzte mich in einen Sessel vor die nach Süden weisende Fensterfront. Ich konnte die Twin Towers und ganz Manhattan sehen. Eine sanfte Frühlingsbrise rüttelte an den Jalousien und strich durch das Apartment. Diese Wohnung paßte so gar nicht zu zwei in den Ruhestand getretenen Junggesellen aus der Mittelschicht.
    »Da haben wir die Leichen gefunden«, sagte Arcenaux und zeigte auf einen Punkt, nicht weit von meinem Platz entfernt. »Keine Spuren von Kampfhandlungen. Nur zwei Pistolenschüsse, Kaliber 44. Einer für jeden Bruder. Direkt ins Hirn. Eine Hinrichtung.«
    »Sauber, sehr sauber«, fügte Detective Rothwax hinzu.
    Ich schloß die Augen und konzentrierte mich auf das angenehme Gefühl der leichten Brise in meinem Gesicht. Auf dieser Höhe in diesem Apartment zu sitzen war wie Karussellfahren. Vielleicht gab es hier doch zu viele Fenster.
    »Madam ... ihre Maus«, sagte eine Stimme.
    Ich öffnete schnell die Augen und sah Detective Arcenaux, der einen Kellner imitierte.
    Er hielt ein Tablett und beugte sich anmutig vor.
    Auf dem Tablett war nichts als eine Maus! Eine Spielzeugmaus!
    »Na? Schauen Sie sie genau an!« befahl Rothwax.
    Ich nahm die komische kleine Maus von dem Tablett, das Arcenaux mir hinhielt. Es war eine von diesen kleinen Mäusen zum Aufziehen. Der Körper und die Schnurrhaare
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