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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer
Autoren: Victoria Hislop
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aufgefrischt, und sie seufzte erleichtert, als eine Brise ihr Gesicht streichelte.
    Sie stellte das Glas auf den Beistelltisch und legte die Hände auf ihren angeschwollenen Leib. Das Kleid war eigens geschneidert worden, um ihre Schwangerschaft zu verbergen, aber in den letzten paar Monaten hatte sie so zugenommen, dass die Nähte bis zum Zerreißen gespannt waren.
    Â»Ich bin in vierzehn Tagen wieder zurück«, sagte Komninos und küsste sie leicht auf den Kopf. »Und du passt auf dich auf, ja? Und auf das Baby.«
    Beide sahen in die gleiche Richtung aus dem Fenster hinaus, wo der Regen inzwischen gegen den Vorhang schlug. Ein Blitzstrahl durchzuckte den Himmel.
    Â»Schick mir ein Telegramm, falls du mich dringend brauchst. Aber ich bin sicher, das wird nicht nötig sein.«
    Weder erwiderte sie etwas, noch stand sie auf.
    Â»Ich bringe dir ein paar hübsche Sachen mit«, fügte er hinzu, als spräche er mit einem Kind.
    Neben einem Schiff mit einer Ladung Seide plante er, mit Schmuck für seine Frau zurückzukehren, mit etwas sogar noch Wertvollerem als dem Smaragdhalsband und den dazu passenden Ohrringen, die er ihr das letzte Mal mitgebracht hatte. Wegen ihres pechschwarzen Haars sah er besonders gern Rot an ihr und würde wohl Rubine kaufen. Ebenso wie maßgeschneiderte Kleider waren auch Juwelen eine Möglichkeit, seinen Wohlstand zu demonstrieren, und seine Frau hatte ihm stets als perfektes Aushängeschild gedient.
    Soweit es ihn betraf, war das Leben noch nie so gut gewesen. Mit federndem Schritt verließ er den Raum.
    Olga starrte in den Regen hinaus. Endlich hatte die drückende Schwüle einem Gewitter Platz gemacht. Am dunklen Himmel zuckten Blitze, und Schaumkronen brachen sich in der schiefergrauen See. Es dauerte nicht lange, und die Straße unterhalb des Hauses war überschwemmt, weil alle paar Minuten hohe Brecher über die Ufermauern stürzten. Es war ein besonders heftiges Gewitter, und der Anblick der Boote, die in der Bucht auf den Wogen tanzten, genügte, um erneut eine Welle der Übelkeit auszulösen, die sie bereits seit einigen Monaten plagte.
    Sie stand auf, um das Fenster zu schließen, doch als sie den seltsamen, aber angenehmen Geruch der nassen Pflastersteine roch, entschied sie, es offen zu lassen. Die Luft war erfrischend nach der erstickenden Hitze des Nachmittags, und sie legte sich wieder hin, schloss die Augen und genoss den salzigen Hauch, der ihre Wangen fächelte. Im nächsten Moment war sie eingeschlafen.
    Jetzt war sie eine einsame Seglerin in einem Fischerboot, die mit der Wut der Wellen kämpfte. Der Sturm bauschte ihr Kleid auf, das offene Haar klebte an ihren Wangen, das salzige Wasser brannte in ihren Augen, und der düstere Himmel und leere Horizont lieferten keinerlei Hinweis, in welche Richtung sie fuhr. Die Segel wurden von einem mächtigen Südostwind gebläht, der das Boot mit beängstigender Geschwindigkeit vorantrieb, und beim Kampf durch die Wellen wurde Wasser über die Seitenwände gespült. Als der Wind plötzlich nachließ, hingen die Segel schlaff herab.
    Olga klammerte sich fest, eine Hand am glatten Dollbord des Boots, die andere an der Ruderpinne, und versuchte verzweifelt, den Kopf von dem wild hin und her schwingenden Mastbaum fernzuhalten. Sie wusste nicht, ob sie inner- oder außerhalb des Boots sicherer wäre, weil sie noch nie in einem gesessen hatte. Das Wasser hatte bereits ihr Kleid durchweicht, und die salzige Gischt auf Gesicht und Hals löste einen Würgereiz bei ihr aus. Immer noch schwappte Wasser ins Boot, und als der Wind wieder zunahm und das Großsegel blähte, brachte ein heftiger Brecher das Boot zum Kentern.
    Vielleicht ist der Tod durch Ertrinken schmerzlos, dachte sie und ließ sich vom Gewicht ihrer Kleider nach unten ziehen. Während sie und das Boot stetig tiefer sanken, sah sie die blasse Gestalt eines Babys auf sich zuschwimmen und griff danach.
    Dann folgte ein furchtbares Krachen, als wäre das Boot gegen einen Felsen geschlagen. Das Kind war verschwunden, und statt nach Luft zu schnappen, begann Olga zu schluchzen.
    Â»Kyria Olga! Kyria Olga!«
    Wie von weit her hörte Olga eine atemlose, besorgte Stimme.
    Â»Geht es Ihnen gut? Alles in Ordnung?«
    Olga kannte die Stimme. Vielleicht nahte Hilfe?
    Â»Ich dachte, Sie wären ohnmächtig geworden!«, rief Pavlina. »Ich dachte, Sie wären gestürzt!
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