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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer
Autoren: Victoria Hislop
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Theodoris bekam eine Stelle in einer großen Londoner Anwaltskanzlei angeboten, und Olga wurde Assistenzärztin im Krankenhaus eines reichen Bostoner Vororts, und mit jedem Schritt, den sie auf der Karriereleiter nach oben stiegen, entfernten sie sich weiter von ihrem Heimatland. Im Sommer 1978 war es ihnen beiden nicht möglich, nach Thessaloniki zu kommen. Was vielleicht nur ein Zufall war.
    Am Abend des 2 o. Juni, einem Dienstag, erhob sich ein Vollmond am Himmel und versprach einen herrlichen Sonnenuntergang hinter dem Olymp. Über dem Golf lag ein goldenes Strahlen, das bald in feuriges Rot übergehen würde. Auf dem Meer glitzerte gleichzeitig silbriges Mond- und flammendes Sonnenlicht.
    An diesem herrlichen Abend spazierten die Menschen Arm in Arm die Promenade entlang oder saßen an Kaffeehaustischen und blickten fasziniert von dem überwältigenden Naturschauspiel aufs Meer hinaus.
    Um zehn Uhr begann die Erde zu beben. Man war in Thessaloniki an gelegentliche Erdstöße gewöhnt, aber diesmal fühlte es sich anders an.
    Dimitri und Katerina waren noch bei der Arbeit in ihrer Werkstatt in der Irinistraße, als plötzlich alles zu wackeln begann. Eine Schere rutschte über den großen Zuschneidetisch und fiel klappernd zu Boden, und der Tisch mit der Nähmaschine wanderte durch den Raum. Fenster klirrten, und Stühle und Stoffrollen, die an der Wand lehnten, purzelten wie Kegel durcheinander. Es war, als würde ihnen der Boden unter den Füßen weggerissen.
    Â»Komm, meine Liebe«, sagte Dimitri und ergriff Katerinas Hand, »das ist schlimmer als sonst. Wir müssen hier raus.«
    Sie rannten auf die Gasse hinaus und bogen in die große von Osten nach Westen verlaufende Hauptstraße ein. Im Freien fühlten sie sich zwar ein wenig sicherer, aber auch dort lauerten Gefahren. Entsetzt beobachteten sie, wie ein großes Gebäude vor ihnen schwankte und schließlich in sich zusammenstürzte.
    Das Beben hatte zwar nicht lange gedauert, aber der Schaden, den es anrichtete, war katastrophal. Viele Gebäude waren nicht stabil genug gebaut, um den heftigen Erschütterungen standzuhalten. Eine Weile herrschte gespenstische Stille, dann setzte das anhaltende Heulen der Sirenen ein.
    So schnell sie konnten, liefen Katerina und Dimitri über Berge von Schutt und eingestürztem Mauerwerk den Hügel in Richtung Aristoteles-Platz hinab. Die offene Fläche bot einen gewissen Schutz, weshalb sich schon Hunderte von Menschen dort eingefunden hatten. Viele weinten, andere standen nur in stummer Verzweiflung da. In den vorangegan genen Tagen hatte es bereits ein paar Erdstöße gegeben, aber niemand hatte mit einem Beben solcher Stärke gerechnet.
    Dimitri und Katerina blieben nicht lange auf dem Platz. Mehr noch als um ihre eigene Sicherheit sorgten sie sich um die einer anderen Person.
    Sie bogen nach links in die Strandpromenade ein und hasteten die Nikistraße entlang.
    Â»Sie wird sich schrecklich ängstigen, ganz allein in dem großen Haus«, jammerte Katerina.
    Â»Ich hätte viel nachdrücklicher darauf bestehen sollen, dass sie eine Haushälterin einstellt, die auch bei ihr wohnt«, sagte Dimitri, als sie Hand in Hand in der Mitte der Straße dahineilten, um herabstürzenden Mauerstücken auszuweichen. »Aber sie wollte nichts davon hören. Und du weißt, wie oft ich ihr das schon vorgeschlagen habe …«
    Seit Pavlinas Tod, der nun schon fünfzehn Jahre zurücklag, lebte Olga allein in dem großen Haus. Weniger denn je wollte sie sich von dem einzigartigen Blick auf den Golf losreißen und starrte stundenlang aufs Wasser hinaus. Der Anblick der ständig wechselnden See und des geheim nisvollen Olymps hatte nie an Faszination für sie ver loren.
    Während Dimitri und Katerina die Promenade entlanghasteten, enthüllte das Mondlicht das ganze Ausmaß der Zerstörung. Viele Gebäude hatten schwere Schäden erlitten, andere hingegen waren fast unversehrt geblieben. Sie hielten sich an den Händen und beschleunigten ihre Schritte.
    Bei ihrem eiligen Aufbruch hatte Katerina noch schnell den Schlüssel von Olgas Haus eingesteckt, den ihre Finger jetzt nervös umklammerten, als sie darauf zukamen. Voller Erleichterung stellten sie fest, dass es auf den ersten Blick nicht beschädigt zu sein schien.
    Erst aus nächster Nähe erkannten sie, dass nur noch die Fassade stand und das
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