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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer
Autoren: Victoria Hislop
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spielte Chopin, und ganz Thessaloniki fieberte schon dem Ereignis entgegen.
    Â»Ich komme nächste Woche vorbei, um nach den beiden zu sehen, aber wenn Sie mich vorher brauchen sollten, lassen Sie es mich wissen, Kyrie Konstantinos«, fügte er mit routiniertem Lächeln hinzu.
    Die beiden Männer schüttelten sich die Hand, und bevor der Arzt hinausgegangen war, lief Komninos schon die breite Treppe hinauf. Er war Zeit, seinen Sohn selbst in Augenschein zu nehmen.
    In der Zwischenzeit hatte Pavlina Olga gewaschen und ihr Haar frisch geflochten. Saubere Laken waren aufgelegt worden, und das Baby lag schlafend in der Wiege. Es war ein Bild des Friedens und der Ordnung, genau so, wie Konstantinos es mochte.
    Ohne seine Frau anzusehen, durchquerte er den Raum und starrte schweigend auf das eingewickelte Neugeborene hinab.
    Â»Ist er nicht schön?«, fragte Pavlina.
    Â»Ich kann ihn nicht richtig sehen«, antwortete Konstantinos mit einem Anflug von Unzufriedenheit in der Stimme.
    Â»Sie werden eine Menge von ihm sehen und hören, wenn er aufwacht«, erwiderte Pavlina.
    Komninos blickte sie missbilligend an.
    Â»Ich meine, es ist besser, ihn jetzt schlafen zu lassen. Sobald er aufwacht, bringe ich den Jungen zu Ihnen. Jetzt wäre es besser, ihn nicht zu stören.«
    Â»Nun gut, Pavlina«, erwiderte er. »Könntest du uns einen Moment allein lassen?«
    Sobald Pavlina draußen war, umarmte er Olga.
    Â»Ist er …?«
    Â»Ja, Konstantinos, sicher.«
    Nach all den Fehlgeburten im Laufe der Jahre kannte Olga die größte Angst ihres Mannes: dass etwas nicht in Ordnung sein könnte mit dem Kind. Ihre Sorge, was Konstantinos in einem solchen Fall getan hätte, konnte sie jetzt beiseiteschieben.
    Â»Er ist absolut perfekt«, sagte sie schlicht.
    Befriedigt verließ Komninos den Raum. Es gab schließlich Geschäfte, um die er sich kümmern musste.

3
    A n demselben brütend heißen Samstagnachmittag, vielleicht sogar im selben Moment, als der kleine Dimitri Komninos das Licht der Welt erblickte, begann eine Frau, das karge Mittagessen für ihre Familie zuzubereiten. Ihr Haus hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem herrschaftlichen Wohnsitz der Komninos-Familie. Es stand in einem dicht besiedelten Viertel innerhalb der alten Mauern im Nordwesten der Stadt, wo der ärmste Teil der Bevölkerung Thessalonikis zusammengepfercht in engen Gassen wohnte.
    Manche dieser Unterkünfte waren direkt in die Stadtmauern eingelassen, und die Lücken dazwischen reichten kaum aus, um ein Hemd zum Trocknen aufzuhängen. Die Familien waren groß, die Mittel knapp und Arbeit oft schwer zu finden, und in diesem Haushalt lebten vier fast erwachsene, aber noch unverheiratete Kinder. Die Mutter arbeitete rund um die Uhr, um ihre Familie zu versorgen, und wenn auf dem Herd kein Kochtopf stand, dann ein Kessel mit heißem Wasser. Das wurde ständig gebraucht, um nach der täglichen Schufterei im Hafen die schmutzigen Kleider und sich selbst gründlich zu waschen.
    Die drei Söhne schliefen im Wohnraum, während die Frau und ihr Mann sich gemeinsam mit der sechzehnjährigen Tochter das einzige Schlafzimmer teilten, wo das Mädchen auf einer Couch am Ende des Elternbettes schlief.
    Es gab keine andere Möglichkeit, bis sie verheiratet werden konnte, was bei einem Mädchen ohne Aussicht auf Mitgift allerdings sehr schwierig war.
    Die Hausherrin kaufte umsichtig, aber immer sparsam ein, zumeist bei Händlern, die mit ihrem Gemüse vom Land hereinkamen. Fleisch war ein Luxus, den es nur an hohen Festtagen gab, aber oft schwammen Schafsinnereien in der Suppe, die der Metzger verschenkte, wenn sie am Ende des Tages liegen geblieben waren. An diesem Nachmittag köchelte eine solche Suppe auf dem Herd, die sie später mit grobem Brot essen würden, das ihr Mann auf dem Heimweg besorgen sollte. Schweiß rann über die nackten, muskulösen Arme der Frau, als sie das Feuer unter dem köchelnden Topf aufstocherte. Die Männer der Familie trafen sich jeden Samstagabend mit Cousins und Neffen in einem rauchgeschwängerten Kafenion, um etwas zu trinken und die Ereignisse der Woche zu besprechen. Da überall in Europa und darüber hinaus Krieg herrschte, gab es eine Menge zu diskutieren.
    Im Untergeschoss des Hauses hielt die Familie ein altes Maultier und eine Ziege, um sich mit Milch und Käse zu versorgen. In diesem schmutzigen Stall
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