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eine Elfenromanze

eine Elfenromanze

Titel: eine Elfenromanze
Autoren: Manuela Forst
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Verfolgungsjagd mit einer Hand am Kragen umklammert gehalten hatte, um sie nicht zu verlieren. Die andere Hand hielt sie an die stechende Seite gepresst. „Na, wenigstens haben wir die noch“, brachte sie unter Schnaufen hervor. „Das Abendessen für die Gäste ist gerettet.“
    „Ria! Das Geld ist weg! Was sollen wir jetzt nur tun?“
    „Ich übernehme die Verantwortung vor Bruna“, bot Ria an.
    „Du hättest überhaupt nicht hier sein dürfen!“, jammerte Selina.
    „Eben! Sie wird ohnehin wütend auf mich sein. Da fällt die Sache mit dem Beutel nicht so ins Gewicht.“
    Selina schüttelte verzweifelt den Kopf. Sie rechnete Ria ihr Angebot hoch an, doch der Verlust des Geldes war nichts, was sie so einfach auf die leichte Schulter nehmen konnte, auch wenn ihre Freundin ihr das vorzumachen versuchte.
    Ria musterte die Halbelfe besorgt. Selinas Kleidung war voll Staub, ihre Haare zerzaust und feine, blutige Kratzer liefen über ihre Wange. Es war unübersehbar, dass sie mit dem Dieb gekämpft hatte. „Du siehst schlimm aus. Bist du verletzt?“
    „Nein, das geht schon“, behauptete Selina, wischte sich mit dem Ärmel ihres Kleides über das verschmutzte Gesicht und strich mit einer fahrigen Handbewegung ihr Haar zurück. „Ach, wenn ich ihn nur ordentlicher gepackt hätte, dann säßen wir jetzt nicht so tief in der Tinte!“, klage sie.
    „Na klar, wenn du eine große Kriegerin mit einem mächtigen Schwert wärst, hätte er es nicht einmal gewagt, dich zu bestehlen. Komm, Selina! Es hat keinen Sinn! Wir können es nicht ändern. Gehen wir nach Hause.“
    Selina nickte niedergeschlagen. Ja, es war besser, sie gingen zurück. Wo waren sie hier eigentlich? Forschend blickte sie sich um. Sie war in den zwei Wochen, die sie nun schon in Ametar lebte, wenig in der Stadt herumgekommen und in diesem Teil war sie mit Sicherheit noch nicht gewesen.
    Es war hier irgendwie ... sauberer. Ja, das traf es wohl am besten. Die Häuser waren allesamt aus Stein oder Lehmziegeln gemauert, die Fassaden weiß getüncht. Geschäft um Geschäft reihte sich die gesamte Straße entlang. Davor standen Händler in bunten Gewändern und priesen ihre Waren an. Doch nicht abgetragene Schuhe und roher Fisch wurden hier angeboten, vielmehr war es ein Ort des Glanzes und des Luxus. Vornehm gekleidete Leute eilten die Straße auf und ab. Stimmengewirr summte in der Luft, untermalt von rhythmischem Klappern. Ein Reiter auf einem stolzen Rappen ritt gemächlich die Straße entlang. Pferde waren etwas Seltenes, da wo Selina herkam. Sie waren zu kostbar, sodass keiner in dem Bauerndorf ihrer Heimat es sich hätte leisten können, eines zu besitzen. Ehrfurchtsvoll betrachtete die Halbelfe das edle Tier und lauschte dem Klang seiner eisenbeschlagenen Hufe. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie durch die weichen Sohlen ihrer Schuhe nicht, wie gewohnt, den festgetretenen Sandboden fühlte, sondern die unregelmäßigen Wölbungen harten Kopfsteinpflasters.
    „Wo sind wir hier?“, fragte sie, weiterhin das rege Treiben beobachtend.
    „Seidenmeile“, antwortete Ria knapp. „Das Zentrum des Händlerviertels und Lieblingstreffpunkt aller, deren Gold nicht mehr in ihren Sparstrumpf passt.“ Ihre Stimme troff vor offenem Abscheu. „Einflussreiche Kaufleute, Kreditgeber, Adelige – hier findest du Hochmut, Lüge und Betrügerei in ihrer konzentrierten Form. Lass uns verschwinden, bevor wir noch Adorata und ihrem ach so großzügigen Gönner über den Weg laufen!“
    Selina nickte. Adoratas Spott war mehr, als sie heute noch ertragen könnte. Sie wandte sich um und wollte zurück zu der Gasse eilen, aus der sie gekommen waren.
    Da blieb ihr Blick an einem besonders prächtigen Geschäft hängen. Es war eine Schneiderei, wie die meisten Läden in der Straße. Doch verglichen mit dieser hier wirkte die Konkurrenz bestenfalls kümmerlich. Dem einstöckigen Haus war ein hölzernes Gerüst vorgebaut worden, auf dem unzählige Bahnen wallenden Stoffes zur Schau gestellt waren. Scharlachrote Brokatseide hing hier neben golddurchwirktem, zartgrünem Chiffon und bildete zusammen mit endlosen Metern mitternachtsblauen Tuches einen farbenfrohen Baldachin aus kostbarsten Geweben. Unter diesem teuersten Dach, das die Halbelfe jemals gesehen hatte, wuselte ein kleiner, dicklicher Händler geschäftig um einen Kunden herum – einen Elfen, wie Selina unschwer erkennen konnte. Seine spitz zulaufenden Ohren ragten unübersehbar aus seinem dichten, blonden Haar
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