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Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Titel: Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Harvey
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mädchenhafteren Namen gibt es wohl kaum. Er passt nicht wirklich zu mir, denn ich bin nicht besonders mädchenhaft.
    Ich denke, darin liegt einer der Hauptgründe, warum wir uns nie wirklich verstanden haben.
    Sie wollte ein Püppchen, dem sie rosa Kleider anziehen konnte, mit Locken und einem engelsgleichen Lächeln. Etwas, das sie vorzeigen, auf das sie wahnsinnig stolz sein und das sie zu Ballettstunden schleppen konnte.
    Stattdessen bekam sie einen ungelenken Wildfang, der schneller aufschoss als ein beim Jäten entgangenes Unkraut im schönsten Teil des Gartens, pausenlos Jeans trug, in den ersten, androgynen Jahren häufig für einen Jungen gehalten wurde und glücklich war, sich auf einem durchschnittlichen Schulniveau durchzuschlagen statt die luftigen Höhen zu erreichen, von denen die Frau Mama träumte.
    Ziemlich lange habe ich mir tatsächlich sehnlichst gewünscht, ein Junge zu sein, sodass ich mit meinem Vater fischen gehen oder im Garten bis zu den Achselhöhlen im Dreck hätte wühlen können – sein liebster Zeitvertreib –, ohne mir den Zorn meiner Mutter zuzuziehen. Mit ungefähr vierzehn habe ich schließlich in Form einer reichlich unkontrollierten Schwärmerei für Bono von U2 die Jungs für mich entdeckt. Und plötzlich war ich sehr froh, ein Mädchen zu sein.
    Meine Mutter gehört zu den Frauen, an denen die sexuelle Revolution einfach vorbeigegangen ist. Sie wuchs zu einer Zeit auf, als man von Frauen erwartete, die Schule abzuschließen und zu heiraten. Und das war’s. Keine Karriere, keine Wahl und nichts zu sagen in der Zukunft, die einem vorherbestimmt war. Von frühester Kindheit an war ihr eingetrichtert worden – obwohl ich bezweifle, dass sie es jemals wirklich geglaubt hat, daher ihr Groll –, dass Frauen nur für eines gut sind.
    Fürs Heiraten.
    Zumindest die meisten Frauen. Bei mir ist das was anderes.
    Meine Mutter hatte die Hoffnung fast aufgegeben, mich je noch loswerden zu können.
    Im Gegensatz zu meiner jüngeren Schwester, Sally-Anne, die hübsch, zierlich und in jeder Hinsicht weiblich ist und immer scharenweise Verehrer hatte, seit sie im zarten Alter von drei Jahren gelernt hat, mit ihren langen schwarzen Wimpern zu klimpern, bin ich etwas zu groß, um anmutig zu wirken, total süchtig nach Schokolade, die ich in meinem Kühlschrank und auf meinen Hüften horte, total unbeleckt von der wundervollen Gabe weiblicher Tücke und laut meiner Mutter ein hoffnungsloser Fall.
    Deshalb liebt sie auch Richard so sehr. Das ist, als würde man seine Tochter in der Erwartung an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen lassen, einen kläglichen letzten Platz zu belegen, um dann herauszufinden, dass sie den ersten Preis gewonnen hat. Und dieser erste Preis ist Richard Trevelyan.
    Als ich ihm begegnet bin, konnte meine Mutter ihr Glück kaum fassen. Er hatte alles, was ein Mann ihrer Meinung nach haben musste. Sie liebt ihn, meine Schwester Sally liebt ihn, und nur mein wunderbar einfühlsamer Vater findet, er sei ein Arschloch. Aber seit wann zählt Dads Meinung? Ich glaube, meine Mutter würde Richard selbst heiraten, wenn sie könnte.
    Ich kann nicht glauben, dass ich ihn je heiraten wollte. Eine Hochzeit in Weiß, mit allem Drum und Dran, und ich sehe aus wie ein Himbeerbaiser in dem Fummel, den meine Mutter ausgesucht hat. Jetzt hängt er da, gleich hinter der Tür, und verhöhnt mich wie der Geist von Miss Havisham in Große Erwartungen von Charles Dickens.
    Nicht dass ich je große Erwartungen in Bezug auf ein Leben mit Richard gehabt hätte. Er ist der leichte Weg, die vernünftige Wahl. Aber was ist mit dem Glück, diesem ekstatischen Hochgefühl, das man empfinden sollte, wenn man kurz davor steht, den Mann seiner Träume zu heiraten? Was ist mit dem Romantikfaktor? Was mit den pochenden Herzen und den aufspringenden Blusen? Ich fürchte, gar nichts.
    Wenn ich an Richard denke, verspüre ich nicht das Verlangen, lyrisch zu werden oder Berge zu versetzen. Ich will keine Kinder von ihm, und ich will nicht einmal seine Schmutzwäsche waschen – ein wahrer Härtetest für die Liebe.
    Wenn ich Richard ansehe, will ich sein Gesicht nicht mit Küssen bedecken. Ich will nicht über ihn herfallen und ihm die Klamotten vom Leib reißen. Stattdessen würde ich ihm viel lieber dieses ewige, selbstgefällige Idiotengrinsen ausprügeln.
    Es ist wohl nicht weiter überraschend, dass ich zu dem Schluss gelangt bin, ihn nicht zu lieben.
    Die einzige Euphorie, die ich seit langem
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