Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
Erbschaft in der Praxis vor sich ging. Wie er das Geld bekommen würde. Wohl kaum in bar. Per Überweisung würde nicht gehen, da er kein Konto mehr hatte. Vielleicht würde er einen Scheck kriegen. Es würde ihm ein Hochgenuss sein, in die Schalterhalle der Bank zu spazieren, die ihm sein Konto gekündigt hatte, seinem ehemaligen Kundenbetreuer einen Scheck über vier Millionen Dollar unter die Nase zu halten und abzuwarten, was für ein Gesicht er machen würde. Es würde ein Hochgenuss werden, sich aufzuführen wie ein Schwein, wie das letzte reiche Arschloch…
    Jemand räusperte sich. John sah auf, kehrte aus seinen Tagträumen zurück in die Realität des Konferenzraumes. Es war Alberto Vacchi gewesen, der sich geräuspert hatte.
    Und er hatte dabei die Aktenmappe aufgeklappt, die vor ihm gelegen hatte.
    John sah Eduardo an. Sah Gregorio an, seinen Vater. Sah Alberto an, seinen Onkel. »Sagen Sie jetzt bloß nicht, es ist noch mehr.«
    Alberto lachte leise. Es klang wie das Gurren von Tauben. »Doch«, sagte er.
    »Mehr als vier Millionen Dollar?«
    »Wesentlich mehr.«
    Das Wummern seines Herzens fing wieder an. Seine Lunge bildete sich wieder ein, ein Blasebalg zu sein. John hob abwehrend eine Hand. »Warten Sie. Langsam. Vier Millionen war eine ganz gute Zahl. Warum übertreiben? Vier Millionen, das kann einen Mann schon glücklich machen. Mehr wäre… na ja, vielleicht zu viel…«
    Der Italiener sah ihn unter seinen buschigen Augenbrauen an. In seinen Augen funkelte ein eigenartiges Licht. »Das ist die einzige Bedingung, die mit dem Erbe verknüpft ist, John. Entweder Sie nehmen alles – oder nichts…«
    John schluckte. »Ist es mehr als das Doppelte?«, fragte er hastig, als gelte es einen Fluch zu bannen, indem er dem anderen zuvorkam.
    »Wesentlich mehr.«
    »Mehr als das Zehnfache? Mehr als vierzig Millionen?«
    »John, Sie müssen lernen, in großen Dimensionen zu denken. Das ist nicht leicht, und ich beneide Sie weiß Gott nicht.« Alberto nickte ihm aufmunternd zu, beinahe verschwörerisch, als wolle er ihn ermuntern, ihn in ein verrufenes Haus zu begleiten. »Denken Sie groß, John!«
    »Mehr als…?« John hielt inne. In einer Zeitschrift hatte er einmal etwas über das Vermögen der großen Musikstars gelesen. Madonna, so hatte es geheißen, sei an die sechzig Millionen Dollar schwer, Michael Jackson leicht das Doppelte. Die Rangliste angeführt hatte der Ex-Beatle Paul McCartney, dessen Vermögen auf fünfhundert Millionen Dollar geschätzt wurde. Ihm schwindelte. »Mehr als das Zwanzigfache?« Er hatte ›das Hundertfache‹ sagen wollen, es aber nicht gewagt. Anzunehmen, er könne – einfach so, ohne Mühe, ohne Talent – in Besitz eines Vermögens kommen, das an dasjenige einer solchen Legende auch nur heranreichte, hatte etwas von Gotteslästerung an sich.
    Einen Moment war Stille. Der Anwalt sah ihn an, kaute dabei auf seiner Lippe und sagte nichts.
    »Befreunden Sie sich«, riet er schließlich, »mit der Zahl zwei Milliarden .« Und er fügte hinzu: »Dollar.«
    John starrte ihn an, und etwas Schweres, Bleiernes schien sich auf ihn herabzusenken, auf alle Anwesenden. Das war jetzt kein Spaß mehr. Das Sonnenlicht, das durch die Fenster hereinbrach, blendete ihn, schmerzte wie das Licht einer Verhörlampe. Wirklich kein Spaß.
    »Das ist Ihr Ernst, nicht wahr?«, fragte er.
    Alberto Vacchi nickte.
    John sah sich um, fahrig, als suche er einen Ausweg. Milliarden! Die Zahl lastete auf ihm wie ein tonnenschweres Gewicht, drückte seine Schultern herab, presste auf seine Schädeldecke. Milliarden, das waren Dimensionen, in denen er sich noch nicht einmal in seiner Vorstellung je bewegt hatte. Milliarden, das hieß, sich in der Ebene der Rockefellers und Rothschilds, der saudiarabischen Ölscheichs und der japanischen Immobiliengiganten zu befinden. Milliarden, das war mehr als Wohlstand. Das war… Irrsinn.
    Sein Herz wummerte immer noch. An seinem rechten Unterschenkel hatte ein Muskel angefangen zu zucken und wollte überhaupt nicht mehr aufhören. Vor allem musste er erst einmal zur Ruhe finden. Das war doch hier ein ganz seltsames Spiel. So was gab es doch nicht, nicht in der Welt, die er kannte! Dass einfach vier Männer auftauchten, von denen er noch nie im Leben gehört hatte, die auch behaupteten, ihn noch nie gesehen zu haben – und behaupteten, er habe zwei Milliarden Dollar geerbt. Nein. So funktionierte das nicht. Hier lief irgendein krummes Spiel. Er hatte keine Ahnung, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher