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Ein verhaengnisvoller Winter

Ein verhaengnisvoller Winter

Titel: Ein verhaengnisvoller Winter
Autoren: Daniela Frenken
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ich will sie jetzt auch nicht weiter aufhalten. Wir haben auch noch viel zu tun. Also, Wiedersehn.“ Elisabeth zog ihre Tochter aus der Küche.
    „Ja, auf Wiedersehn.“ Josefine eilte hinter den beiden her und brachte sie bis zur Haustür.
     
    Richard ging niedergeschlagen den Bürgersteig entlang. In einer Hand hielt er die Zeitung, die er sich vorhin geleistet hatte, nachdem man ihm heute nach Feierabend mitgeteilt hatte, er brauche morgen nicht mehr zur Arbeit erscheinen. Es war wirklich ein Witz. Das ganze Land lag noch immer in Trümmern, die Leute schrien nach Wohnraum und die Maurer wurden nach Hause geschickt, weil kein Baumaterial vorhanden war. Richard klemmte sich die Zeitung unter den Arm und fummelte an dem alten Türschloss des Hauses herum, in dem er zusammen mit seinem Vater zwei Zimmer bewohnte. Er stieg lustlos die Stufen zum ersten Stock herauf, seine schweren Schuhe polterten unnatürlich laut in dem dunklen Treppenhaus. Die Wohnungstür bestand aus einer einfachen Tür mit Klinke, denn das Haus war ursprünglich nicht für so viele Parteien gebaut worden. Die Toilette befand sich im Treppenhaus, und ansonsten bestanden die einzelnen Wohnungen einfach nur aus einem großen Zimmer mit Spüle, welches durch einen Vorhang in zwei Zimmer umgewandelt worden war. Richard drückte seufzend die Klinke herunter. Die Wohnungstür war nicht verschlossen, wozu auch? Es gab bei ihnen nichts zu stehlen. Noch nicht einmal Lebensmittel, denn sein Vater ernährte sich hauptsächlich flüssig. Jetzt lag er wieder besoffen auf dem Sofa und schnarchte. Angewidert betrachtete Richard seinen Erzeuger. Dann schritt er zu dem kleinen Tisch am Fenster und schob das dreckige Geschirr und die leeren Flaschen darauf mit dem Arm zur Seite. Er zog die Jacke aus und breitete die Zeitung auf dem dreckigen Tisch aus. Ohne große Hoffnung überflog er im Stehen die Stellenanzeigen und wie vermutet, hätte er sich das Geld für die Zeitung sparen können.
    „Bist du auch mal zu Hause? Hast du den Schnaps mitgebracht?“
    Langsam drehte sich Richard zu seinem lallenden Vater um. „Geh und kauf dir deinen Fusel selber.“ Er ignorierte die wohlbekannte Schimpftirade seines Vaters und machte sich auf die Suche nach etwas Essbarem. Er wurde nicht fündig. „Wo sind die Eier, die ich gestern mitgebracht hab?“, fragte er, ohne sich umzudrehen. Er beugte sich runter, um in das untere Schränkchen zu sehen. „Wo die Eier sind, hab ich gefragt“, rief er lauter, als er keine Antwort erhielt.
    „Keine Ahnung!“
    Richard richtete sich wieder auf und drehte sich endlich zu seinem Vater um. „Ich hab gestern ein halbes Dutzend Eier mitgebracht. Wo sind die?“
    Als sein Vater nur vor sich hin murmelte, fluchte Richard. Wütend knallte er die Schranktür zu. Sein Blick fiel auf die dreckige Pfanne in der Spüle und die Schweinerei, die auf dem Herd verteilt war. Die Überreste sahen verdächtig nach seinen Eiern aus. „Was hab ich dich satt, du …“ Er betrachtete wieder die erbärmliche Gestalt ,  die sich auf dem Sofa lümmelte und Hass und Verzweiflung überkamen ihn. Wie er den Alten verabscheute. Fast genauso, wie er seine Mutter hasste. Er hätte ja vielleicht noch Verständnis gehabt, als sie damals einfach mit einem ihrer Liebhaber das Weite gesucht hatte, wenn sie nicht genauso eine Schnapsdrossel wie ihr Ehemann gewesen wäre. Und die Dorfschlampe obendrein.
    Richard fand noch Graubrot und schmierte sich schlecht gelaunt ein Brot mit Schmalz. Während er so am Tisch saß und wütend kaute, überlegte er, was er jetzt als Nächstes tun sollte.  Er könnte jetzt hier den Schweinestall aufräumen. Oder er könnte rüber in die Wirtschaft marschieren und einen trinken und etwas Kartenspielen. Allerdings hatte er das die letzten Tage auch schon getan und sein Verhalten begann beträchtlich dem seines Vaters zu ähneln.
    Er könnte sich aber auch auf sein Fahrrad setzen und die zehn Minuten bis zu seinem Bruder fahren, überlegte er, während er geistesabwesend von seinem Brot abbiss. Da gab es bestimmt was Vernünftiges zu essen. Die Lisbeth kochte immer erst abends, weil der Toni seine Mittagspause lieber im Dorf  in der Wirtschaft verbrachte und dann abends was Warmes essen wollte. War auch schon wieder über eine Woche her, dass Richard bei ihnen gewesen war. Da konnte er doch ruhigen Gewissens wieder einmal bei denen mitessen. Und er könnte bei Margot reinschauen. Die Cousine kam ihm in den Sinn, wie sie da vor ihm
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