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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan
Autoren: Jeffrey Deaver
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des hufeisenförmigen Konferenztisches, der aus in Rosenholz gefasstem dunkelrotem Marmor bestand. Inmitten des Dunstes von Fußbodenheizung und frisch aufgebrühtem Kaffee beschäftigten sie sich mit einem einzigen Blatt Papier.
    Donald Burdick präsidierte seit zwölf Jahren dem Vorstand. Er war siebenundsechzig Jahre alt, schlank und hatte kurzes, glattes graues Haar. Alle vierzehn Tage fand sich in seinem Büro ein Friseur ein, ein alter Italiener, der im firmeneigenen Rolls-Royce Silver Cloud zur Kanzlei gebracht wurde – herbeizitiert wurde, wie Burdick es auszudrücken beliebte. (Wenn man zu ihm ins Büro kommen sollte, beschlich einen des Öfteren das Gefühl, er habe einen zu sich zitiert.) Es gab nicht wenige, die ihn einen »flotten Oldie« nannten. Auf den ersten Blick wirkte diese Bezeichnung durchaus zutreffend, und doch wurde sie nur von denen gebraucht, die ihn nicht besonders gut kannten. Denn »flott« oder »Oldie« vermittelte nichts von der Macht und der Autorität, die dieser Mann besaß. Donald Burdick war ein überaus mächtiger Mann, viel mächtiger, als seine große Ähnlichkeit mit Sir Laurence Olivier und seine guten Manieren eines Kavaliers alter Schule vermuten ließen.
    Seine Macht war jedoch nicht in Zahlen oder anderen Größen auszudrücken. Sie war eher ein Konglomerat aus altem Geld, alten Freunden an wichtigen Stellen und Gefälligkeitsschulden. Ein Aspekt seiner Macht ließ sich allerdings rechnerisch schätzen – die komplizierte Formel der Gesellschafter- und Partnergewinnverteilung bei Hubbard, White & Willis. Bei Licht besehen war diese Formel jedoch gar nicht so kompliziert. Man musste sich nur vor Augen halten, dass die Stimmen, die man in den Versammlungen bekam, und das Gehalt, das man nach Hause trug, in direkter Linie davon abhingen, wie viele Klienten man der Kanzlei einbrachte und wie viel Geld diese daließen.
    Donald Burdick verdiente im Jahr knapp zwei Millionen Dollar.
    Burdick zog seine Hand zurück und überließ das Papier dem festen Zugriff von William Winston Stanley. Stanley war fünfundsechzig, stämmig, rotgesichtig und blickte ständig grimmig drein. Man konnte ihn sich leicht als einen der Pilgerväter vorstellen, wie er an einem kalten Morgen in Neuengland Dampfwolken ausatmete. Und man konnte ihn als denjenigen vor sich sehen, der die Anklageschrift gegen eine Hexe verlas.
    Burdick war auf den besten Universitäten wie Dartmouth und Harvard gewesen. Stanley hatte in Abendkursen die Fordham Law School besucht und tagsüber in der Poststelle von Hubbard, White & Willis gearbeitet. Mit einer gesunden Mischung aus Charme, Sturheit und einer natürlichen Begabung für das Metier hatte er sich in der Kanzlei bis nach oben durchgeboxt, vorbei an Männern, deren vornehme Wohnorte (Locust Valley und Westport) ihm so fremd waren wie der seine (Williamsburg in Brooklyn) ihnen. Das Einzige, was für ihn sprach und ihn in wortwörtlichem Sinn für höhere Weihen qualifizierte, war seine Zugehörigkeit zur Episkopalkirche.
    Seit über einem Jahrzehnt gedieh Hubbard, White & Willis unter der Ägide dieser beiden Männer. Vor einigen Jahren hatten die Gebildeten unter den Angestellten Burdick und Stanley »die Raben« genannt und damit auf die Vögel angespielt, deren Anwesenheit die Standfestigkeit des Tower of London gewährleistete. Für neuere Assistenten und Anwaltsgehilfen waren Burdick und Stanley, wenn überhaupt über die beiden gesprochen wurde, nur »die alten Männer«.
    »Ist das zuverlässig?«, fragte Burdick jetzt.
    Stanley betrachtete das Blatt. »Meine Jungs haben nur eine informelle Liste über das vermutliche Wahlverhalten der einzelnen Partner zusammengestellt. Aber wer weiß schon, wie jeder im Ernstfall wirklich abstimmen wird?«
    »Ich muss gestehen, ich bin von ihm überrascht. Wie hat er das geschafft? Wie ist es ihm gelungen, so viele Partner in sein Lager zu ziehen, ohne dass wir etwas davon mitbekommen haben?«
    Stanley lachte heiser. »Wir haben doch jetzt davon erfahren.«
    »Der Scheißkerl!« Burdick griff nach dem Blatt. Für einen Moment sah es so aus, als wollte er das Papier zerknüllen, doch dann faltete er es sorgfältig zusammen und schob es in die Innentasche seines maßgeschneiderten Anzugs.

…Zwei
    »Ich habe in einer halben Stunde ein Arbeitsfrühstück, und danach erwartet mich die Partnerversammlung, die den ganzen Vormittag in Anspruch nehmen wird«, sagte Wendall Clayton. »Kümmern
Sie
sich darum.«
    »Sie können
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