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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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lächerliche Resthaarfrisur. Maria, die ihnen gegenübersteht, sieht aus, als müsste sie gegen Fahrtwind kämpfen. Alle drei drehen sich im selben Moment synchron weg, es sieht aus wie ein eingeübter Tanzschritt, nun weht der Wind für alle von der Seite.
    «Jungs, sonst ja immer gerne, aber heute hab’ ich es eilig.»
    «Das war zu merken!»
    So viel zu Marias lockerer Ansage, unter Polizisten gäbe es keine Strafzettel.
    «Also, Kollege …», protestiert Maria, «wegen der paar Kilometer …?»
    Er schüttelt den Kopf.
    «Wir müssten mal die Dame auf dem Rücksitz sprechen.»
    Maria zuckt zusammen.
    «Wieso das?»
    Ich steige aus, um Jade hinten rauszulassen. Sie zieht sofort eine Hassfresse auf.
    «Ein Anruf bei meinem Vater, und er lässt den fiesesten Anwalt der Stadt von der Leine», stellt sie klar, bevor die Polizisten auch nur ein Wort sagen können.
    Maria und ich ahnen nicht im Geringsten, worum es gehen könnte.
    «Als ihr vorbeigezogen seid, hat sie uns den Stinkefinger gezeigt», sagt Volker.
    «Und?», pampt Jade ihn an.
    Maria nimmt ihre Kollegen beiseite.
    «Die Kleine habe ich von Kollegen aus Hamburg aufgedrückt bekommen», lügt sie, «Intensivtäterin, sie soll zu uns auf die Insel, um wieder auf Spur zu kommen, als letzte Chance.»
    Das will Volker nicht glauben: «Du und Kuschelpädagogik?»
    Maria versucht das Ganze abzukürzen: «Bei dem Register, das die hat, würde jedes Verfahren im Sand verlaufen, das könnt ihr vergessen.»
    Volker überlegt einen Moment, dann gibt er sich einen Ruck.
    «Wenn du meinst.»
    Er nickt seinem Kollegen zu.
    «Du bist ja bald wieder bei uns», freut der sich.
    Was meint der denn damit?
    «Davon wüsste ich aber», erwidert Maria, meinen Blick meidend.
    «Du stehst fest bei uns im Dienstplan, ab Monatsanfang!»
    «Sagt wer?» Ihre Stimme bewegt sich in einer viel raueren Lage als vorher.
    «Hugo Boss.»
    «Da irrt der Chef.»
    Was soll denn das? Wieso steht Maria im Dienstplan der Autobahnpolizei?
    Wenn sie versetzt würde, hätte sie mir das gesagt. Oder?
    Piet wendet sich an Jade: «Nächstes Mal bist du fällig, verlass dich drauf.»
    Nach dieser leeren Drohung gehen die beiden zurück zu ihrem Polizei-Opel. Ich klemme mich auf den Rücksitz des Mini, Jade soll ab jetzt vorne sitzen, damit Maria sie im Blick hat.
    «Hast du sie noch alle?», bricht es aus ihr heraus.
    Jade fummelt ungerührt an ihrem Handy herum und will sich wieder die Ohrhörer einstöpseln.
    «Aber jetzt gilt Handyverbot!», weist Maria sie zurecht.
    Macht zwar keinen Sinn, aber Jade hält sich erstaunlicherweise ohne Widerspruch daran.
    Ich sitze hinten und sage gar nichts.
    Es ist unmöglich, die letzte Fähre noch zu bekommen. Aber Maria will das offenbar immer noch nicht einsehen. Als wir von der Autobahn auf die dunkle Landstraße abbiegen, überholt sie die Autos vor uns in Zweier- und Dreier-Einheiten. Ich muss dringend mit ihr über die Versetzung reden! Aber nicht im engen Wagen von hinten, bei diesem Tempo, während Jade vor mir sitzt.
     
    Am Hafen von Dagebüll strömt salzige Nordseeluft in meine Nase. Die weißen Kronen auf den Wellen sehen in der Dunkelheit aus wie schneebedeckte Berge, die ins Tanzen geraten sind. Von drüben senden die Lichter der Inselhauptstadt Wyk ihre Strahlen übers Wasser.
    Unser Heimatplanet – endlich!
    Euphorie kommt trotzdem nicht auf, denn die letzte Fähre hat gerade den Hafen verlassen und tuckert ohne uns Richtung Wyk. Ohne den Zwischenfall auf der Kanalhochbrücke hätten wir es gerade so geschafft.
    Hätten.
    Vielen Dank, Jade!
    Zwischen 23:00 und 5:00 ist die Insel nicht erreichbar. Ein Hotel für die paar Stunden zu nehmen, wäre Verschwendung, also legen wir uns einfach auf den Deich. Besonders kalt ist es nicht, es riecht nach Erde und Gras, mit einer zarten Note von Schafskot, letztere verdränge ich nur mühsam.
    Maria schmiegt sich eng an mich.
    «Wieso weiß ich nichts von deiner Versetzung?»
    Nach der Schule hat Maria Föhr verlassen und wurde Polizistin in Neumünster, weil es ihr auf der Insel zu eng wurde. Wegen einer Verfolgungsjagd, bei der der Verfolgte nicht nur einen Unfall baute, sondern sich auch noch als unschuldig herausstellte, wurde sie nach Föhr zurückversetzt. Für Maria die Höchststrafe. Erst als wir zusammenkamen, konnte sie sich wieder auf die Insel einlassen. Dachte ich zumindest bis gerade eben.
    «Es war ein Fehler, es dir nicht zu sagen, ich weiß. Weißt du, nach meiner Strafversetzung habe
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