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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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noch kriegen wollen, müssen wir uns beeilen.»
    «Ich muss noch austrinken», protestiert Jade.
    «Alkohol unter achtzehn ist verboten», erinnert sie Inselpolizistin Maria. Jade verabschiedet sich von jedem der Punkbandmitglieder, die sie im Flugzeug kennengelernt hat, mit einer Umarmung. Und nimmt demonstrativ noch einen großen Schluck Bier aus ihrem Glas.
    Maria behält sich durchaus ihre eigene Meinung über Gesetze vor und handelt mal locker, mal eher streng. Aber bei Alkohol und Drogen in Verbindung mit Jugendlichen versteht sie keinen Spaß. Sollte Maria jetzt allerdings auf das Gesetz pochen, wäre das ein unglücklicher Start für die nächsten vierzehn Tage. Ich wage es kaum, sie anzuschauen.
    Marias Augen verdunkeln sich um einige Grade, ihr Körper ist bereit für den Zugriff – aber angesichts einer Familienangehörigen überfällt sie offenbar eine Art Beißhemmung.
    Sie sagt nichts.
    Ich greife auch nicht ein.
    Wir stehen da wie die letzten Trottel.
    Fast muss ich über mich und Maria lachen.
    Fast.

[zur Inhaltsübersicht]
2. Kein Strandhotel
    Maria peitscht ihren alten Mini One mit leise wimmernden Reifen aus dem kurvigen Parkhaus. Jade sitzt hinten, ihr Rollkoffer steht neben ihr auf dem Sitz, weil er nicht in den kleinen Kofferraum passt. Ich würde mich auf so engem Raum verpflichtet fühlen, ein paar freundliche Worte mit meinen Gastgebern zu wechseln, zumal wenn ich vierzehn Tage bei ihnen wohnen wollte und erst recht, wenn es meine Verwandten sind.
    Jade nicht.
    Sie ist hoch konzentriert, aber nicht auf uns.
    Ihre Ohren sind mit ihrem Handy verstöpselt, sie schreibt eine SMS nach der anderen. So was wie «Hi, Sönke und Maria sind echt o.k., ich freue mich auf die Zeit mit ihnen»? Wohl kaum.
    Maria schweigt und blickt stur geradeaus auf die Piste. Sie muss ihre Niederlage in der Flughafenbar erst einmal verdauen. Ich streichele ihre Hand und ernte ein schiefes Lächeln. Die nächsten zwei Wochen könnten für Maria und mich unter Umständen sehr lang werden. Unser Kind auf Zeit haben wir uns etwas geschmeidiger vorgestellt, aber was soll’s, Jade ist eben ein ganz normales pubertierendes Mädchen, und wir sind die Erwachsenen.
     
    Bis zur letzten Fähre in Dagebüll ist nicht mehr viel Zeit. Langsam wird es dunkel. Auf der Autobahn ist zum Glück nicht viel los, so kommen wir mit Marias Dauervollgas ungehindert bis Rendsburg. Dort wird die Autobahn auf eine hohe Brücke über den Nordostseekanal geführt, hier gilt Tempo 80. Doch das hält Maria nicht davon ab, einen Polizeiwagen mit 120 zu überholen.
    «Dringender Einsatz», knurrt sie.
    Das sehen ihre Kollegen anders.
    Jedenfalls klebt der Polizei-Opel sofort hinter uns, auf dem Display unterhalb des blinkenden Blaulichts leuchten in eindringlichem Rot die Worte « STOP . POLIZEI ».
    «Oh nee!», stöhnt Maria, «nicht jetzt.»
    Sie fährt auf den Parkplatz kurz vor der Brücke, der Polizeiwagen klebt beharrlich an unserer hinteren Stoßstange. Von der lärmenden A7 mal abgesehen, ist der Parkplatz einer der schönsten Aussichtspunkte Norddeutschlands: der Blick geht in die flache grüne Landschaft bis zum Horizont, im Nordostseekanal unter uns zieht ein schneeweißes, russisches Kreuzfahrtschiff vorbei, dessen Namen ich wegen der kyrillischen Buchstaben nicht entziffern kann. Ein paar Passagiere schwimmen auf dem Oberdeck im beleuchteten Pool; sie schauen zu uns herauf.
    Maria springt aus dem Mini und eilt mit federnden, großen Schritten auf die beiden runden Mittvierziger zu, beide mit hoher Stirn und schwarzen Lederjacken. Es muss alles schnell gehen, wir haben noch eine Dreiviertelstunde, dann ist die letzte Nachtfähre weg. Draußen hängt das letzte Licht dieses Tages. Maria hat sich keine Jacke angezogen, weil sie davon ausgeht, dass der Verstoß unter Kollegen schnell zu regeln ist. Plötzlich erfasst sie eine Windbö und wirbelt ihre Haare erst zur Seite, dann senkrecht nach oben. Zusätzlich beulen sich ihre weiten Hosen auf Maximaldicke, was sie wie ein Michelin-Männchen aussehen lässt.
    Die beiden pummeligen Zivilbeamten tragen beide weiße Hemden und Jeans, sie sehen sich ähnlicher als viele Brüder.
    «Maria, Maria, Maria», singt der eine Beamte.
    «Hallo, bloody Mary», ergänzt sein Kollege.
    «Moin Piet, hallo Volker.»
    «Lang ist’s her.»
    Man kennt sich wohl von früher, als Maria bei der Autobahnpolizei in Neumünster war. Eine erneute Windbö fährt den Kollegen in den Rücken und bastelt ihnen eine
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