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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks
Autoren: Laura Mundson
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sieht so aus: Er geht in die Bar, trinkt was mit den Jungs und schläft auf der Couch in seinem Büro. Manchmal wird zwischendurch auch noch geangelt. So erotisch ist das.
    Selbst die Kinder wissen inzwischen, dass Daddy, wenn er nicht zur üblichen Zeit nach Hause kommt oder manchmal auch überhaupt nicht … nun, dass er dann eben Dampf ablassen muss. Was nicht heißt, dass sie es gut fänden.
    Bislang sind mein Mann und ich immer stolz auf unsere Leistung als Eltern gewesen. Auf das gute Verhältnis zu unseren Kindern. Aber wir erzählen ihnen auch keine Märchen. Und die Zeiten sind momentan hart. Also haben wir ihnen klar zu verstehen gegeben, dass Mütter und Väter auch nur Menschen sind. Wir alle machen Fehler. Erwachsene haben manchmal schlechte Phasen und benehmen sich nicht immer verantwortungsbewusst. Aber wir sind trotz allem eine Familie.
Selbst wenn wir Mist bauen. Wir lieben und beschützen einander. Und wir verzeihen einander.
    Trotzdem ist es schwer, seine Abwesenheit nicht als Ohrfeige zu empfinden. Das kann ich in den Augen der Kinder lesen. Ich frage mich, ob sie es auch in meinen sehen.
    Eines der Lieblingszitate von mir und meinem Mann handelt davon, wie wichtig es ist, dass einer als Wächter der Einsamkeit des anderen fungiert:
    Es handelt sich in der Ehe für mein Gefühl nicht darum, durch Niederreißung und Umstürzung aller Grenzen eine rasche Gemeinsamkeit zu schaffen, vielmehr ist die gute Ehe die, in welcher jeder den anderen zum Wächter seiner Einsamkeit bestellt und ihm dieses größte Vertrauen beweist, das er zu verleihen hat. Ein Miteinander zweier Menschen ist eine Unmöglichkeit und, wo es doch vorhanden scheint, eine Beschränkung, eine gegenseitige Übereinkunft, welche einen Teil oder beide Teile ihrer vollsten Freiheit und Entwicklung beraubt. Aber, das Bewusstsein vorausgesetzt, dass auch zwischen den nächsten Menschen unendliche Fernen bestehen bleiben, kann ihnen ein wundervolles Nebeneinanderwohnen erwachsen, wenn es ihnen gelingt, die Weite zwischen sich zu lieben, die ihnen die Möglichkeit gibt, einander immer in ganzer Gestalt und vor einem großen Himmel zu sehen! Ref 2
    Rilke
    Jeder den anderen zum Wächter seiner Einsamkeit. Ihrer vollsten Freiheit. Die Weite zwischen sich zu lieben. (Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass Rilke, als er diese weisen Worte schrieb, nicht an eine Bar gedacht hat. Ans Angeln vielleicht noch eher.)

    Ich möchte ihm Zeit für sich allein gewähren. Ich schätze es selbst auch, welche zu haben. Wir haben einander immer den Raum gegeben, den Rilke mit dem »größte(n) Vertrauen« gleichsetzt. Aber ungeachtet seiner persönlichen Krise und ungeachtet der Tatsache, dass er sich selbst gerade einredet, mich nicht mehr zu lieben – ist er bereit, das jahrelange Vertrauen, das wir aufgebaut haben, zu zerstören?
    Und was ist mit dem Respekt? Alles, worum ich gebeten habe, ist ein Anruf, damit ich mir keine Sorgen machen muss. Ist das zu viel verlangt? Die Bereitschaft, sich helfen zu lassen und vielleicht sogar an einer Paartherapie teilzunehmen, wäre natürlich auch großartig. Aber so weit sind wir noch nicht. Wir sind im Gegenteil viel, viel weiter davon entfernt, als ich vermutet hatte.
    Ich werde nicht versuchen, sein Verhalten zu rechtfertigen, weil ich weiß, dass es nicht gerechtfertigt ist. Ich möchte einfach nur verstehen, statt auszurasten. Allzu lange will ich mich mit so einem Verhalten nicht abfinden. Was auch immer »allzu lange« letztlich bedeuten wird. Aber muss ich in der Zwischenzeit auf den Teil unseres Umfelds reagieren, der möchte, dass wir so tun, als seien all unsere Ehen nachgerade perfekt? Bis sie es irgendwann eben auf einmal nicht mehr sind. Schwarz und weiß. Eine falsche Bewegung, und du bist draußen. Dabei bin ich mir sicher, dass es hinter den Kulissen nur so brodelt. Aber: Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um zu reagieren. Vielmehr ist es an der Zeit, sich tief zu verwurzeln, wie die Autorin Terry Tempest Williams es fordert.
    Doch mein Verstand dreht und wendet sich. Vor und zurück. Rauf und runter. Es fühlt sich an, als hätte ich einen ganzen Rummelplatz in meinem Kopf – inklusive Fahrgeschäften, Schaustellern und mit Zuckerwatte verklebten Kindern, die über davongeflogene Ballons heulen. Genauso laut und orientierungslos.
Ich hätte gern, dass sie zusammenpacken und in die nächste Stadt ziehen. Ich will, dass mein Geist wieder eine freie Wiese mit Grillen und Löwenzahn ist. Außerdem ist ja
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