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Ein Quantum Blut - Biting the Bullet

Titel: Ein Quantum Blut - Biting the Bullet
Autoren: Jennifer Rardin
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Solche, wie hippe Frauen sie unten in Vasen legen. Fragt mich nicht, warum. Ich war nie hip.

    Bergman war noch in seinem Labor gewesen, also hatten nur Cole, Vayl und ich zugesehen, wie Cassandra » Enkyklios occsallio vera proma « flüsterte und so die Murmeln dazu brachte umherzurollen, sich neu zu formieren und ihre Zombiemachergeheimnisse zu enthüllen.
    Aus einer glockenförmigen Kugelgruppe erhob sich ein Hologramm, das so klar war, dass ich in Versuchung geriet, die Hand auszustrecken und die weinende Frau in dem verwaschenen geblümten Hauskittel zu berühren. Sie hastete einen schmalen Trampelpfad entlang, und ihre Schuhe wirbelten bei jedem Schritt kleine Staubwolken auf. Ihr weizenblondes Haar löste sich langsam aus dem Knoten in ihrem Nacken. Einzelne Strähnen strichen über ihre Schulter, und sie trug ein totes Mädchen im Arm.
    Sie hielt auf ein kleines Reetdachhaus zu, dessen Garten so verwildert und düster war wie in einem Bild von van Gogh. Als sie die Tür erreichte, trat sie zweimal dagegen. »Lass mich rein, Madame Otis!«, rief sie in einem groben Cockney-Akzent. »Ich brauche deine Hilfe! Ich werde bezahlen, bestimmt!«
    Nachdem sie noch ein paarmal dagegen getreten hatte, flog die Tür auf. »Was …« Eine Frau mit eng zusammen stehenden Augen und strähnigen Haaren musterte die Szene und verschränkte die Arme. »Geh nach Hause und begrabe das Mädchen«, sagte sie ausdruckslos.
    »Sie ist mein einziges Kind«, erwiderte die Mutter mit vor Verzweiflung rauer Stimme. »Ich weiß, dass du sie zurückbringen kannst.«
    Die Frau spuckte in das Gewirr aus Unkraut und Malvenbüschen neben der Tür. »Werde ich nicht machen.« Wir warfen uns rund um den Tisch interessierte Blicke zu. Nicht »Kann ich nicht machen«, sondern »Werde ich nicht machen«. Madame Otis war ein Nekromant.

    »Ich brauche sie!«, heulte die Mutter. »Ich kann ohne sie nicht leben! Du kannst dir diesen Schmerz nicht vorstellen!«
    »Wie heißt du, Frau?«, wollte Madame Otis wissen.
    »Hilda Barnaby. Und das hier ist Mira«, fügte sie mit einem Nicken zu dem Bündel in ihren Armen hinzu.
    »Glaub ja nicht, dass du die erste Frau bist, die durch den Verlust eines Kindes in die Knie gezwungen wird«, fauchte Madame Otis. »Was du da von mir verlangst, wird dir Schrecken jenseits jeder Vorstellungskraft bringen. Wickle das Kind ein, ertrage deinen Kummer und lebe weiter. Denn glaube mir, du kannst nicht in dieser Welt mit ihr wiedervereint werden, ohne dadurch noch mehr Schmerzen und niemals endende Reue heraufzubeschwören.«
    Die Frauen starrten sich feindselig an. Fast im selben Moment, als Hilda sichtbar eine Erkenntnis dämmerte, realisierten wir, dass Madame Otis einen sehr ähnlichen Verlust erlitten und die gleiche Reaktion gezeigt hatte. Mit einer Ausnahme. Sie war ein Nekromant geworden, um ihre Toten auferstehen lassen zu können. Diese alptraumhafte Erfahrung spiegelte sich noch immer in ihrem Gesicht, auch wenn wir instinktiv wussten, dass sie viele Jahrzehnte zurücklag.
    Das Bild verblasste und wurde durch grauen Nebel ersetzt, durch den Hildas Stimme monoton die Geschichte fortführte: »Am Schluss konnte ich Madame Otis doch überzeugen, Mira auferstehen zu lassen. Es kostete mich alles, was ich hatte. Doch das schien so wenig zu sein. Auch wenn Madame Otis mir erklärte, dass Mira nicht mehr dieselbe sein würde, konnte ich mir darüber keine Gedanken machen. Mein kleines Mädchen würde wieder herumlaufen und sprechen können. Ich würde sie in die
Arme nehmen können. Für sie kochen können. Zusehen können, wie sie zum Altar geführt würde.« Verbittertes Lachen. »Größer hätte mein Irrtum nicht sein können.«
    Neues Bild, Mira auf einem Bett aus Rosenblüten auf dem Fußboden von Madame Otis’ vollgestopftem Wohnzimmer. Hilda schien die Aufgabe zu haben, dafür zu sorgen, dass der Holzofen in der Ecke immer gut befeuert wurde. Alle paar Minuten zog sie die schwarze, gusseiserne Tür auf und warf ein Scheit Ahornholz hinein. Hilda erzählte weiter: »Rückblickend würde ich sagen, das meiste davon war reine Inszenierung oder sollte dafür sorgen, dass ich beschäftigt war. Der wichtige Teil war etwas, das ich nie verstanden und besser beendet hätte, bevor es begann.«
    Fast wäre ich zusammengeklappt, als Madame Otis neben Mira in die Knie ging und die Worte sprach, die Raoul mir beigebracht hatte. »Ich kenne diesen Singsang«, sagte ich. »Sie wird sich von ihrem Körper trennen!«
    Wenige
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