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Ein Kuss zum Dessert (German Edition)

Ein Kuss zum Dessert (German Edition)

Titel: Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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mixte nicht einfach – sie schuf, entwickelte und vollbrachte, genau wie vielleicht ein Architekt, ein Ingenieur oder ein Wissenschaftler. Als sie sich für die Haute Cuisine entschied, hatte sie das nicht nur aus einem leichtfertigen Impuls heraus getan, und sie hatte es auch nicht getan, ohne sich das Ziel der Perfektion zu setzen. Und es war die Perfektion, die sie noch immer erstrebte, wenn sie nur einen Löffel in die Hand nahm.
    Den größten Teil des Tages hatte sie bereits in der Küche des Gouverneurs zugebracht. Andere Küchenchefs machten Aufhebens von ihren Suppen oder ihren Saucen, Junes Talent dagegen war allein dem krönenden Abschluss des Essens gewidmet, einer auserlesenen Mischung aus Geschmack und Schönheit: der „Bombe“.
    Die Grundform hatte sie bereits aus dem Kuchen geformt, den sie gebacken und dann in Form geschnitten hatte. Dies hatte sie mit der gleichen Sorgfalt erledigt, mit der ein Ingenieur eine Brücke entwirft. Die Mousse, ein Paradies aus Schokolade und Creme, hatte sie schon in den Kuchen gefüllt, seit dem frühen Morgen bereits war die Creme gekühlt worden. Und mit all den Vorbereitungen des Mixens, Backens und Formens war June ebenfalls seit acht Uhr auf den Beinen.
    Jetzt stand die Grundform auf einem kleinen Tisch vor ihr,neben sich hatte June eine Schüssel mit zerkleinerten Beeren. Musik von Chopin erfüllte die Küche. Im Esszimmer war man bereits beim ersten Gang des Essens, doch es fiel June leicht, den Trubel um sich herum zu ignorieren. Auch der Gedanke, dass ihre Schöpfung genau zum richtigen Zeitpunkt fertig sein musste, machte sie nicht nervös. Das war alles nur Routine. Und trotzdem war ihre Konzentration nicht so, wie sie eigentlich sein sollte, als sie jetzt weiterarbeitete.
    LaPointe, dachte sie verärgert. Natürlich war es genau dieser Ärger, der sie schon den ganzen Tag beschäftigte, der Ärger, dass Blake Cocharan ausgerechnet LaPointe hatte erwähnen müssen. June hatte nicht lange gebraucht, bis ihr klar geworden war, dass er diesen Namen ganz bewusst genannt hatte. Doch auch als ihr das aufgegangen war, war ihre Reaktion darauf nicht anders gewesen, höchstens war sie jetzt auf zwei Männer wütend und nicht nur auf einen.
    Oh, er glaubt sicher, er sei schlau, wütete June innerlich, als sie jetzt an Blake dachte – wie schon so oft in der vergangenen Woche. Sie holte tief Luft, dann sah sie auf das Gebilde vor sich. Und mich, ausgerechnet mich, bittet er darum, LaPointe eine Referenz zu geben.
    „Dieses Aas“, murmelte sie leise vor sich hin, als sie an LaPointe dachte. Und als sie dann die ersten Beeren nahm, um sie über den Kuchen zu streichen, kam sie zu dem Schluss, dass Blake wohl genauso zu verachten war, wenn er vorhatte, mit diesem Franzosen zu verhandeln.
    An jede einzelne ihrer unerfreulichen Begegnungen mit diesem knopfäugigen, viel zu kleinen LaPointe erinnerte sie sich noch ganz genau. Das Beste wäre wohl, ihm eine ausgezeichnete Referenz zu geben, dachte sie, während sie die Beeren auf denKuchen strich. Das würde diesem Schuft von Amerikaner recht geschehen, wenn er mit so einem hochnäsigen Kerl wie diesem LaPointe dastehen würde. Während die Gedanken durch ihren Kopf wirbelten, arbeiteten ihre Hände unbeirrt weiter und gaben dem Dessert seine Form.
    Hinter ihr ließ jemand mit lautem Krachen eine Pfanne auf den Boden fallen und wurde deshalb angeschrien. June zuckte nicht einmal zusammen.
    Dieser aalglatte, selbstsichere Schuft, dachte sie, als ihre Gedanken wieder zu Blake zurückkehrten. Gleichzeitig strich sie eine dicke Schicht gehaltvoller Creme über die Beeren. Ihre Miene war völlig konzentriert, nur in ihren Augen konnte man ihren Ärger lesen.
    Ihr war ein Mann lieber, der ein wenig rau und kantig war, als einer, der förmlich glänzte, weil er so auf Hochglanz poliert war. Lieber ein Mann, der bei der Arbeit schwitzte und seinen Rücken krumm machte, als einer, der mit polierten Fingernägeln herumlief, in fünfhundert Dollar teuren Anzügen. Ihr war ein Mann lieber, der …
    June hielt in ihrer Arbeit inne, als ihr klar wurde, was ihr da durch den Kopf ging. Seit wann dachte sie daran, einen Mann ernsthaft in Erwägung zu ziehen, und warum um alles in der Welt verglich sie ihn mit Blake? Lächerlich.
    Die „Bombe“ war jetzt ein riesiges weißes Gebilde, das auf seine Verzierung mit Schokolade wartete. Mit gerunzelter Stirn betrachtete June ihr Werk, während einer ihrer Helfer die leeren Schüsseln
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