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Ein Kuss vor Mitternacht

Ein Kuss vor Mitternacht

Titel: Ein Kuss vor Mitternacht
Autoren: Candace Camp
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bitte, Ihnen unsere Töchter Georgiana und Margaret vorzustellen. Mädchen, gebt Lady Haughston die Hand.“
    Lady Haughston lächelte den Mädchen flüchtig zu, bevor ihr Blick Constance erfasste, die zwei Schritte hinter der Familie stand. „Und wer sind Sie?“
    „Constance Woodley, Mylady“, antwortete Constance mit einem anmutigen Knicks.
    „Tut mir leid“, zwitscherte Tante Blanche aufgeregt. „Miss Woodley ist die Nichte meines Gatten, die wir nach dem Tod ihres bedauernswerten Vaters vor einigen Jahren bei uns aufgenommen haben.“
    „Mein aufrichtiges Beileid“, sagte Lady Haughston an Constance gerichtet und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: „Zum Tod Ihres Vaters.“
    „Danke, Mylady.“ Constance bemerkte das amüsierte Funkeln in ihren blauen Augen und fragte sich, ob Lady Haughstons Beileidswunsch eine andere Bewandtnis haben könnte. Sie verkniff sich ein Lächeln bei dem erheiternden Gedanken und begegnete Lady Haughstons Blick mit höflicher Gelassenheit.
    Lady Welcombe entfernte sich, doch zu Constances Erstaunen verweilte Lady Haughston noch einen Moment und tauschte belanglose Höflichkeiten mit Tante Blanche aus. Zu Constances noch größerem Erstaunen wandte sich Lady Haughston beim Abschied schließlich an sie mit der Frage: „Hätten Sie Lust, Miss Woodley, mich auf einem kleinen Bummel durch den Ballsaal zu begleiten?“
    Constance blinzelte verdutzt und sprachlos. Dann straffte sie die Schultern und trat einen Schritt vor. „Gerne, mit dem größten Vergnügen, vielen Dank, Mylady.“
    Im letzten Moment dachte sie daran, ihren Verwandten einen fragenden Blick zuzuwerfen, obgleich sie Lady Haughston auch begleitet hätte, wenn Tante Blanche es ihr ausdrücklich verboten hätte. Aber offenbar war ihre Tante zu überrascht von dieser unerwarteten Entwicklung und ließ Constance glücklicherweise ohne Widerrede gehen.
    Francesca hakte sich bei Constance unter, schlenderte mit ihr am Rande des riesigen Ballsaales entlang und begann mit ihr zu plaudern.
    „In diesem Gedränge ist es so gut wie unmöglich, einen Bekannten zu treffen“, stellte Lady Haughston fest.
    Constance nickte nur lächelnd, immer noch so verblüfft von Lady Haughstons Interesse an ihr, dass ihr vor Aufregung keine Entgegnung einfiel, nicht die banalsten Worte. Sie konnte sich nicht denken, was eine der glanzvollsten Erscheinungen der Londoner Gesellschaft von ihr wollte. Constance war weder so eitel noch so töricht, sich einzubilden, Francesca habe nach einem kurzen Blick entschieden, sie könne sich als Freundin eignen.
    „Ist das Ihre erste Ballsaison?“, fragte Francesca beiläufig.
    „Ja, Mylady. Leider war mein Vater schwer krank, als ich in die Gesellschaft eingeführt werden sollte“, erklärte Constance. „Er starb einige Jahre später.“
    „Aha, ich verstehe.“
    Constance warf ihrer Begleiterin einen flüchtigen Seitenblick zu. Etwas in Lady Haughstons Augen überzeugte sie, dass die scharfsinnige Frau weit mehr verstand, als Constance sie wissen ließ. Dass sie sich vorstellen konnte, wie endlos öde die Tage verstrichen waren, die Constance am Krankenbett ihres Vaters verbracht hatte. Die Tage, die aus Langeweile und Besorgnis bestanden hatten, nur unterbrochen von harter Arbeit und noch größerem Kummer, als sein Leiden sich immer mehr verschlimmerte.
    „Es tut mir leid um Ihren schmerzlichen Verlust“,sagte Lady Haughston mitfühlend. Nach einer Weile fügte sie aufmunternd hinzu: „Und nun leben Sie bei Ihrem Onkel und Ihrer Tante, nicht wahr? Und Ihre Tante kümmert sich um Sie. Das ist sehr freundlich von ihr.“
    Constance spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Es wäre undankbar gewesen, der fremden Dame zu widersprechen, aber es gelang ihr auch nicht, ihr zu versichern, ihre Tante habe sie aus schierer Güte bei sich aufgenommen.
    „Nun ja“, sagte sie zögernd. „Meine Cousinen sind mittlerweile erwachsen und …“
    „Ich bin sicher, Sie sind Ihrer Tante eine große Hilfe“, unterbrach Lady Haughston sie in milder Nachsicht.
    Constance warf ihr wieder einen Seitenblick zu und musste lächeln. Lady Haughston wusste genau, weshalb Tante Blanche ihre Nichte mit zu gesellschaftlichen Anlässen nahm, nämlich gewiss nicht, um Constance einen Gefallen zu erweisen, sondern sich selbst. Obgleich sie nicht ahnte, was Lady Haughston im Schilde führte, mochte Constance die beeindruckende Frau. Sie strahlte eine Herzenswärme aus, die in der Welt der Reichen und Adligen
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