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Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Titel: Ein Kuss unter dem Mistelzweig
Autoren: Abby Clements
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ihr?«
    »Ach, Laurie – diese Männer, die sie sich immer aussucht«, erwiderte Clara verzweifelt. »Dein Vater war ja mit seinem Abgang, den er hingelegt hat, schon schlimm genug. Wenn man bedenkt, was dieser Mann deiner Mutter angetan hat, dann ist es wirklich ein Wunder, dass sie überhaupt noch am Leben ist – aber jetzt wird es immer noch schlimmer, Süße.«
    »Jetzt übertreib mal nicht, Mum!«, ermahnte Andrea sie und nahm sich einen Keks vom Teller, bevor sie zu Laurie hinübersah. »Ihr schien es ganz gut zu gehen, als ich mit ihr gesprochen habe.«
    »Gut?«, schnaubte Clara. »Offensichtlich hat sie dir nicht die ganze Geschichte erzählt, Andrea. Glaub mir, von ›gut‹ ist sie meilenweit entfernt. Javier und sie haben sich getrennt, und sie ist sehr einsam.«
    »Javier?«, fragte Laurie.
    »Ja – eine alte Flamme. Sie waren aber nur ein paar Monate lang zusammen. Aber du weißt schon, für deine Mutter war es ein weiterer Herzschmerz, den sie ihrer Sammlung hinzufügen musste«, fuhr Clara mit erhobenen Händen fort und schüttelte dann den Kopf.
    Andrea blickte zu Laurie hinüber. »Ignorier sie einfach«, flüsterte sie.
    Ein weiterer Herzschmerz, dachte Laurie. Ihr ganzes Leben lang hatte sie danach gestrebt, anders als ihre Mutter zu sein; unabhängiger, erfolgreicher, unverwüstlicher. Sie hatte ihr Glück niemals von Männern abhängig machen wollen. Doch jetzt, da sie mit fünfunddreißig Jahren immer noch Single war, mit gebrochenem Herzen dasaß und Probleme hatte, ihren Job zu behalten, fragte sich Laurie ernsthaft, ob sie beide doch mehr gemeinsam hatten, als ihr lieb war.

K apitel 2
    Dienstag, 21. November
    Rachel wurde mit einem Ruck wach, als die Haustür des Cottages ins Schloss fiel. In ihrem Schlafzimmer war es stockdunkel, und nur ein schmaler Streifen Mondlicht auf dem Teppich durchbrach die Finsternis. Das Handy lag neben ihrem Kissen, der Platz neben ihr war leer wie zuvor, als sie eingeschlafen war. Sie warf einen Blick aufs Handy, ob Anrufe eingegangen waren – nein –, danach schaute sie auf die Uhrzeit; halb eins. Schnell stand sie auf, streifte sich den Morgenmantel über, öffnete die Schlafzimmertür und lauschte den Geräuschen – unten brummte der Kühlschrank, und Geschirr klapperte, als sich jemand einen Teller aus dem Schrank nahm.
    Das Teenagerzimmer ihrer Tochter Milly befand sich direkt neben dem Schlafzimmer. Sanft öffnete sie die Tür einen Spaltbreit, um hineinzuschauen, und atmete erleichtert auf. Milly schlief tief und fest, das dunkelrote Haar auf dem Kissen ausgebreitet. Sie atmete so schwer, dass es deutlich zu hören war. Milly war also zu Hause. Ihr ging es gut. Wie albern, sich deswegen solche Sorgen zu machen, dachte Rachel.
    Dann ging sie die gewundene, unebene Holztreppe des Cottages aus dem siebzehnten Jahrhundert hinunter und duckte sich am Fuß der Treppe unter dem Deckenbalken hinweg. Mit einem Teller Essen in der Hand stand ihr Ehemann Aiden in der Küche, bekleidet mit einer Jeans und einem karierten Hemd, wie immer, wenn er einen Scheunenumbau leitete. Bei seinem Anblick wurde ihr gleich warm ums Herz.
    »Erwischt«, flüsterte sie lächelnd.
    »Ich hab aber auch rumgepoltert«, erwiderte er mit einem schiefen Lächeln. »Dabei habe ich wirklich versucht, leise zu sein. Ich bin gerade erst nach Hause gekommen und genehmige mir noch schnell einen Mitternachtsschmaus – mal wieder.«
    Er stellte den Teller auf der Küchenanrichte ab und umarmte sie. »Schön, dich zu sehen«, stellte er fest, zog sie an sich heran und strich ihr das dunkelblonde Haar aus dem Gesicht. Rachel musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihn auf den Mund zu küssen, und fuhr zärtlich mit der Hand über sein stoppeliges Kinn.
    »Ebenso.« Rachel drückte ihre Wange an seine Brust.
    Sie führte ihn ins Wohnzimmer und machte ihm auf dem Sofa Platz. »Wie ist es denn heute gelaufen?«, fragte sie leise, um Milly oder ihren kleinen Bruder Zak nicht zu wecken.
    »Es gab viel zu tun. Aber du weißt ja, wie das ist – wir haben im Augenblick andauernd viel zu tun«, erwiderte Aiden, dem die Anspannung deutlich ins Gesicht geschrieben stand. »Keine Ahnung, wann wir die Westley-Scheune endgültig fertigstellen können. Wir haben zwar den zwanzigsten Dezember versprochen, aber das ist ja schon in ein paar Wochen, und es gibt noch richtig viel zu tun. Der ganze Regen im Herbst hat uns weit nach hinten geworfen, und dann hatten wir diese Woche auch noch einige
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