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Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Titel: Ein Kuss unter dem Mistelzweig
Autoren: Abby Clements
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Atem. Nein. Nein! Das konnte nicht sein!
    Das Seamlesslogo – das große charakteristische geschwungene » S « – hätte wie bei all ihren Accessoires in die untere linke Ecke ins Leder geprägt sein sollen. Doch das war es nicht.
    Stattdessen waren dort nun, unauslöschlich auf dem teuren, importierten Känguruleder der Navajotasche, die Worte LOGO HIER EINFÜGEN aufgedruckt.
    »Kannst du mir das erklären, Laurie?«, fragte Danny, der die Stirn so sehr runzelte, dass sich seine Augenbrauen in der Mitte trafen.
    Laurie richtete ihre Schreibtischlampe aus, um die Buchstaben auf der Tasche genau auszuleuchten, und schob sich ein paar Haarsträhnen hinters Ohr.
    Sie nahm die Prägung unter die Lupe und musste sich ermahnen, Luft zu holen. Verdammt. Das war einfach zu groß, um es mit einem größeren Druck zu überdecken.
    »Das kann aber doch nicht auf allen Taschen sein?«, fragte sie beklommen. Schnell setzte sie die Tasche ab und griff in den Karton. Als sie jedoch eine identische Tasche nach der anderen hervorholte, wiederholte sich der Fehler nochmal und nochmal und wurde immer offensichtlicher.
    Wie hatte das nur passieren können? Laurie war doch sogar noch nach China geflogen und hatte alles höchstpersönlich überprüft. Sie rief sich die Vierzehn-Stunden-Arbeitstage in der verrauchten Fabrik in Erinnerung; sie hatte sich so gut wie möglich mit dem Personal verständigt, kontrolliert, dass auch tatsächlich das richtige Material benutzt wurde, war das Fließband immer wieder abgegangen, hatte die Troddeln an den Pilotversionen überprüft und stichprobenartig einzelne Schnallen geöffnet, um zu sehen, ob sie alle funktionierten.
    Plötzlich erinnerte sie sich dunkel. Die E -Mail, die sie dort an ihrem letzten Tag dem chinesischen Fabrikbesitzer geschickt hatte – in der sie ihm die letzten Änderungen für die große Weihnachtsbestellung mitgeteilt hatte. Ihr Magen verkrampfte sich. Denn da die entsprechende JPEG -Datei des Seamless-Logos so schnell nicht zur Hand gewesen war, hatte sie nur kurz provisorisch die Logo-Anweisung eingefügt.
    Dannys und ihre Blicke trafen sich; eine Woge der Scham überrollte sie, als ihr ihr Fehler klar wurde. Laurie war nämlich durchaus bekannt gewesen, dass der Fabrikbesitzer nur über rudimentäre Englischkenntnisse verfügte. Sie hatte einen unglaublich dummen Fehler gemacht. Noch schlimmer – sogar einen unglaublich teuren Fehler. Ja, sie hatte unter Jetlag gelitten. Und ja, es hatte gedauert, Kosten nachzuverhandeln. Das alles hatte sie davon abgelenkt, die Fertigung genauer im Blick zu haben. Doch schon bei vorherigen Projekten hatte sie es geschafft, ähnliche Aufgaben problemlos zu meistern. Langsam wurde ihr das ganze Ausmaß der Katastrophe bewusst. Bei dieser Reise hatte es im Vergleich zu sonst nur einen einzigen Unterschied gegeben: Sie hatte an Jay gedacht.
    Schon von dem Augenblick an, als sie Heathrow verlassen hatte, war sie nicht ganz bei der Sache gewesen. Jay, ihr Freund, ihr Nachbar – der Mann, von dem sie bis vor kurzem gehofft hatte, dass er noch viel mehr als das sein könnte –, hatte ihre Gedanken beherrscht. Im Flugzeug, in der Fabrikhalle, im Hotel – ihr hatte der Kopf gebrummt, weil sie herauszufinden versuchte, warum zwischen ihm und ihr alles so schiefgelaufen war. Laurie starrte auf den Haufen unbrauchbarer Ledertaschen in dem Karton vor ihr hinunter. Sie war dafür verantwortlich gewesen, die Tasche korrekt in Auftrag zu geben – somit trug sie die volle Verantwortung für das Desaster.
    »Wir haben schon tausend fehlerhafte Taschen hier«, erklärte Danny. »Gillian hat sie bereits gesehen und spuckt Gift und Galle. Ich habe schnellstens die restliche Auslieferung stoppen lassen und die Fabrik angerufen, damit die Produktion unterbrochen wird. Wir müssen einen neuen Aufnäher kreieren, der hergestellt und uns sofort zugesandt werden muss. Wie du weißt, sollten diese Taschen eigentlich schon seit letztem Freitag in den Läden stehen.« Danny ließ den Kopf sinken und vergrub das Gesicht in seinen Händen, wobei er den immer größer werdenden haarlosen Fleck auf seinem Kopf entblößte, bevor er wieder aufschaute. »Wir sind schon deutlich im Verzug, Laurie, und jetzt – guter Gott – riskieren wir auch noch, das Weihnachtsgeschäft zu verpassen.«
    »Okay«, erwiderte Laurie langsam, als ihr das gesamte Ausmaß der Katastrophe nach und nach klar wurde. »Überlass das mir«, erklärte sie und hatte alle Mühe, sich
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