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Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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blieb ich stehen. Die Kapelle setzte, starr vor Erstaunen, augenblicklich aus. Ein Raunen der Verwunderung lief durch die Gesellschaft. Ich sah den Fon am anderen Ende des Saales, überrascht ließ er sein Glas sinken. Ich wußte, was ich zu tun hatte, denn mehr als einmal war ich dabei gewesen, wenn sich die Räte dem Fon genähert hatten, um ihm zu huldigen oder eine Gunst von ihm zu erbitten. Schweigend ging ich durch den Saal. Das Gewand rauschte um meine Füße. In halber Verneigung hielt ich vor dem Fon an und schlug die Hände dreimal zur Begrüßung aneinander. Nach einem Augenblick des Schweigens brach die Hölle los. Die Frauen und Räte schrien und jubelten vor Entzücken. Ein freudiges Lächeln lag auf dem Gesicht des Fon. Er sprang auf, ergriff mich an den Ellenbogen, hob mich hoch und umarmte mich.
    »Mein Freund, mein Freund, willkommen!« brüllte er und schüttelte sich vor Lachen.
    »Du siehst«, ich breitete die Arme aus, so daß die langen Ärmel wie Fahnen herabhingen, »du siehst, ich bin ein Bafutmann.«
    »Das ist wahr! Das ist wahr, mein Freund. Diese Kleider sind meine eigenen. Ich gebe sie dir, so bist du ein Bafutmann«, krähte er.
    Wir setzten uns. Der Fon lächelte mich an.
    »Dir gefallen meine Kleider?« fragte er.
    »Ja, es sind feine Kleider. Etwas Feines hast du für mich getan, mein Freund«, sagte ich.
    »Gut, gut, jetzt bist du Fon genau wie ich.« Er lachte. Dann hefteten sich seine Augen gedankenverloren an die Whiskyflasche, die ich mitgebracht hatte.
    »Gut«, wiederholte er. »Jetzt werden wir trinken und eine glückliche Zeit haben.«
    Erst um ½ 4 Uhr morgens kroch ich müde aus meiner kostbaren Robe unter mein Moskitonetz.
    »War es schön?« fragte Jacquie verschlafen von ihrem Bett her.
    »Ja, aber es ist ziemlich anstrengend, Vizefon von Bafut zu sein«, gähnte ich.
    Am Morgen erschienen die Wagen anderthalb Stunden vor der festgesetzten Zeit. Diese ungewöhnliche Tatsache, für die es in der Geschichte Kameruns keine Parallele gibt, erlaubte uns in Ruhe aufzuladen. Das Verladen einer Tiersammlung ist ein Kunststück. Zuerst werden die Ausrüstungsgegenstände verstaut. Die Käfige müssen in der Nähe der hinteren Wagenklappe stehen, damit die Tiere genügend Luft haben. Natürlich darf man die Käfige nicht willkürlich hineinschieben. Sie müssen so gestellt werden, daß ein Zwischenraum zwischen ihnen bleibt, und sie dürfen sich nicht gegenseitig ansehen, sonst kann es zum Beispiel passieren, daß ein Affe durch die Stäbe langt und von einer Zibetkatze gebissen wird; oder eine Eule kann — einfach weil sie eine Eule ist und vor sich hinstarrt — kleine Vögel in einen so hysterischen Zustand versetzen, daß sie am Ende der Reise tot sind. Vor allem müssen die Tiere, die unterwegs eine besondere Wartung brauchen, ganz hinten stehen und jederzeit erreichbar sein.
    Um 9 Uhr war der letzte Wagen beladen und in den Schatten der Bäume gefahren. Wir konnten uns den Schweiß vom Gesicht wischen und uns auf der Veranda ein Weilchen ausruhen. Jetzt kam auch der Fon.
    »Mein Freund«, bei diesen Worten beobachtete er, wie ich ihm unseren letzten großen Whisky eingoß, »ich bin traurig, daß du abfährst. Wir hatten eine so glückliche Zeit zusammen in Bafut.«
    »Eine sehr glückliche Zeit, mein Freund.«
    »Chirri-ho«, sagte der Fon.
    »Chirri-ho«, erwiderte ich.
    Er ging mit uns die lange Treppe hinunter. Unten gaben wir uns die Hand. Dann legte er mir beide Hände auf die Schultern und sah mich an.
    »Ich hoffe, du und alle deine Tiere fahren gut, mein Freund, und kommen schnell in dein Land«, sagte er.
    Jacquie und ich kletterten in die heiße, dumpfe Führerkabine. Der Motor lief an. Der Fon erhob seine große Hand zum Gruß. Der Laster sprang vorwärts, und mit einer roten Staubwolke hinter uns ratterten wir davon, über die goldenen Hügel auf die ferne Küste zu.
    Für die Fahrt brauchten wir drei Tage. Sie war unangenehm und aufreibend wie jede Fahrt mit einer Tiersammlung. Alle paar Stunden mußten wir anhalten, die Käfige mit den kleinen Vögeln ausladen und an den Wegrand stellen, damit die Tiere fraßen. Sonst wären alle kleinen Vögel am Ende der Fahrt tot gewesen, da sie keine Lust zum Fressen haben, solange der Wagen fährt. Dann mußten die empfindlichen Amphibien fast stündlich herausgenommen und mit den Säcken in einen Bach getaucht werden; denn je weiter wir ins Flachland kamen, desto heißer wurde es und die Tiere wären uns sonst
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