Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
Vom Netzwerk:
Gestrüpp leuchteten riesige Glühwürmchen wie zitternde Saphire. Leuchtkäfer glitten durch die warme Luft und glitzerten wie rosa Perlen in den dunklen Büschen. Die Luft war getränkt mit abendlichen Düften, dem Rauch des Holzfeuers, feuchter Erde und dem süßen Duft der schon taufeuchten Blüten. Eine Eule rief mit alter, brüchiger Stimme, und eine zweite antwortete ihr.
    Der Fluß wirkte im Zwielicht wie eine gleitende Bronzefläche, als wir knirschend über die milchweiße Sandbank schritten. Der alte Mann und der Junge lagen zusammengerollt im Bug des Kanus und schliefen. Sie wachten auf und paddelten uns schweigend den Fluß hinunter. Hoch über uns auf dem Hügel sahen wir die Lampen unseres Quartiers zu uns herüberschimmern. Ganz schwach, als Untermalung des Gurgelns und Plätscherns unserer Paddel, hörte man das Grammophon. Ein Schwarm kleiner weißer Motten hüllte das Kanu ein, als es aufs Ufer zuhielt. Zart und mit mattem Licht zog der Mond seine Bahn durch das Filigran des Waldes hinter uns, und wieder riefen die Eulen traurig und sehnsüchtig im Dämmer der Bäume.

DURCH BOTEN

    Herrn G. Durrell
    p. Adr. United Africa Company
    Zoologische Abteilung
    Mamfe

    Sehr geehrter Herr Durrell,
    hier schicke ich zwei Tiere wie diejenigen, welche Sie mir auf den Abbildungen gezeigt haben. Jeden Preis, den Sie wollen, und ich bin zufrieden. Wickeln Sie Geld in kleines Stück Papier und geben es Jungen, der Tiere bringt. Sie wissen wirklich, daß ein Jäger immer schmutzig ist. Darum sollten Sie versuchen, mir einen Riegel Seife zu geben.
    Gute Grüße für Sie
    Ihr Peter N’amabong

DIE KAHLKÖPFIGEN VÖGEL

    Jenseits des Cross-Flusses, 13 Kilometer tief im Wald, liegt das winzige Dorf Eshobi. Ich kannte das Dorf und seine Bewohner von einem früheren Aufenthalt her, bei dem es mir mehrere Monate als Stützpunkt gedient hatte. Es war ein gutes Jagdgebiet gewesen, und die Bewohner tüchtige Jäger. Darum versuchte ich jetzt, die Verbindung wieder mit ihnen aufzunehmen, damit sie mir Tiere brächten. Die beste Möglichkeit, Informationen zu erhalten und Nachrichten weiterzuleiten, war die über den Dorfmarkt. Ich rief darum Philipp, unseren Koch. Philipp war ein liebenswürdiger Geselle. Er hatte ein Pferdegebiß und grinste ununterbrochen. Seine Angewohnheit, in steifer militärischer Haltung zu gehen und in Hab-acht-Stellung zu stehen, wenn man mit ihm sprach, ließ eine militärische Ausbildung vermuten, die er jedoch nie gehabt hatte. Er stapfte auf die Veranda und stand kerzengrade wie ein Gardist vor mir.
    »Philipp, höre, ich will Eshobi-Mann finden«, sagte ich.
    »Ja, Sah.«
    »Gut. Wenn du zum Markt gehst, geh Eshobi-Mann suchen und bringe ihn zu mir. Ich will ihm Brief nach Eshobi geben.«
    »Ja, Sah.«
    »Nicht vergessen, eh? Nun geh’, Eshobi-Mann finden.«
    »Ja, Sah«, sagte Philipp und trabte in seine Küche zurück. Auf unnötige Unterhaltung verschwendete er nie viel Zeit. Zwei Tage vergingen, ohne daß ein Mann aus Eshobi auftauchte. Da mich andere Dinge beschäftigten, vergaß ich die Angelegenheit. Am vierten Tag marschierte Philipp triumphierend den Weg herunter, einen sehr ängstlich dreinschauenden vierzehnjährigen Jungen im Schlepptau. Offensichtlich hatte der Bursche für den Besuch in der Metropole Mamfe seine Sonntagskleider angezogen. Seine bezaubernde Ausstaffierung bestand aus einem Paar zerknitterter Khaki-Hosen und einem schmutzig-weißen Hemd, das vermutlich aus einem Sack geschneidert war und auf dem Rücken in blauen Buchstaben die vielsagenden und dekorativen Worte PRODUCE OF GR trug. Auf seinem Kopf thronte ein Strohhut, dem Alter und langes Tragen eine gefällige Tönung von Silbergrün gegeben hatten. Die nur widerstrebende Erscheinung wurde von seinem Wärter auf die vordere Veranda gezogen. Dort stand Philipp nun stolz in Habacht-Stellung mit der Miene eines Mannes, der einen besonders komplizierten Zaubertrick fertiggebracht hatte. Ich hatte einige Zeit gebraucht, bis ich Philipps eigentümliche Art zu sprechen verstand. Er sprach sein Pidgin-Englisch sehr schnell und mit einer Lautstärke, die für Taube bestimmt schien. Sein Organ war eine Mischung zwischen Fagott und Regimentsfeldwebel.
    »Wer ist das?« fragte ich und sah auf den Jungen.
    Philipp schien verletzt, »Dieses ist Mann, Sah«, brüllte er, als ob er es einem völlig verblödeten Kind erklärte. Er starrte auf seinen Schützling und gab dem Unglücklichen auf die Schulter einen Schlag, der ihn um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher