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Ein Jahr in Lissabon

Ein Jahr in Lissabon

Titel: Ein Jahr in Lissabon
Autoren: Sylvia Roth
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Fresco. Ich weiß, Sie sind zu ungeduldig für Ratschläge, aber dieser hier ist wirklich wertvoll. Wenn Sie nämlich etwas essen wollen, was ruckzuck fertig ist und trotzdem sensationell lecker schmeckt, fragen Sie nach einemqueijo fresco (sprich: käjscho fräschko). Sie bekommen einen kleinen runden saftigen Frischkäse, der einfach aufs Brot gelegt wird und sich mit ein paar Oliven (ohne Stein geht schneller) so köstlich verzehren lässt, dass Sie Ihren ganzen hausgemachten Stress für ein paar Sekunden vergessen können.
    R wie rápido. Zum Glück gibt es in der portugiesischen Sprache außer „depressa“ noch ein anderes Wort für schnell: „rápido“. Und zum Glück lässt sich in der portugiesischen Sprache nicht nur verkleinern (-inho), sondern auch steigern. Wenn Sie an Ihre Bestellung also noch ein „rapidíssimo, por favor“ dranhängen, fliegen Sie bestimmt auf dem schnellstmöglichen Weg aus dem Laden.
    S wie Sanitárias. Wenn Sie dringend mal müssen, fragen Sie nicht nach den Sanitäranlagen, sondern nach dem „casa de banho“. Auch wenn Sie alles andere als ein Badezimmer erwartet, ist es üblicher und höflicher, diese Bezeichnung zu verwenden, als „sanitárias“ zu sagen. Wie Sie sich auf dem casa de banho am besten zurechtfinden, können Sie auf Seite 18 dieses Buches nachlesen.
    T wie Trinkwasser. Die Câmara Municipal da Lisboa wirbt in Zeitschriften und auf Plakaten gerne mit der hervorragenden Qualität ihres Leitungswassers. Ich möchte niemandem zu nahe treten – aber selbst wenn man es für einen Tee aufkocht, schmeckt es noch immer nach Chlor. Holen Sie sich Ihr Trinkwasser also lieber im Laden um die Ecke, es kostet nicht viel.
    U wie urgente. Sie können gerne mal versuchen, mit dem Argument „É urgente – Es ist dringend“ schneller an dieSpitze der Warteschlange zu kommen. In einer Stadt, in der das Drängeln so ziemlich das schlimmste Sakrileg ist, das man begehen kann, wird es Ihnen aber nicht viel Freunde bereiten.
    V wie Vinho Verde. Wenn Sie unbedingt unangenehm auffallen wollen, können Sie auch im Gehen trinken, aber probieren müssen Sie ihn einfach, den spritzigen, prickelnden Weißwein, den Vinho Verde. Am besten im Lokal „Olimpo“ gegenüber vom Miradouro São Pedro de Alcântara.
    W wie Warten. „Warten“ heißt auf Portugiesisch „esperar“ und es ist sicherlich kein Zufall, dass „esperar“ zugleich auch die Vokabel für „hoffen“ ist. Da Sie in Lissabon sehr häufig warten müssen (auf die Eléctrico zum Beispiel), hat es etwas ungemein Tröstliches, zu wissen, dass die Hoffnung immer mit in der Schlange steht.
    X wie Xadrez . Xadrez (sprich: Schädräss), Schach, kann man unter anderem mit den alten Herren auf dem Campo de Santa Clara spielen. Sie müssen nur gut genug sein, damit aus dem Spiel ein Blitzkrieg wird, der sich in einer Minute erledigt hat.
    Y wie Ípsilon. So heißt die wöchentlich erscheinende Kulturbeilage der Zeitung „Público“, die einen schnellen Überblick über die kulturellen Aktivitäten in Lissabon ermöglicht.
    Z wie Zeit. Es wird Ihnen bestimmt gefallen, dass das portugiesische Wort für „Zeit“ eines ist, das Sie besonders gut kennen und gerne verwenden: „tempo“. Es wird Ihnen weniger gut gefallen, dass das portugiesische „tempo“ aber etwas ganz anderes beinhaltet als das deutsche Tempo. Denn dieZeit ist in Lissabon keine tickende Uhr, sondern ein Raum, den man öffnen kann. Mit Schlüsseln, die in der ganzen Stadt herumliegen, überall. Man muss sich nur die Ruhe gönnen, sie aufzuheben. Und wenn Sie den Raum, der sich Zeit nennt, erst einmal aufgeschlossen und betreten haben – wollen wir wetten, dass Sie dann auch ein ganzes Jahr lang bleiben wollen? Wollen wir wetten, dass dann sogar ein gehetzter Ignorant wie Sie begreifen wird, dass die Zeit nirgends so schön und erfüllt zu verbringen ist wie in Lissabon?
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