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Ein Idiot kennt keinen Schmerz: Der Star aus Jackass

Ein Idiot kennt keinen Schmerz: Der Star aus Jackass

Titel: Ein Idiot kennt keinen Schmerz: Der Star aus Jackass
Autoren: Stephen „Steve-O“ Glover , David Peisner
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dann auch, krank zu sein, obgleich sie in Wirklichkeit betrunken war. Sie kam dann in die Küche, schnappte sich ein Papiertaschentuch und meinte: »Ich fühle mich nicht gut, deshalb bleibe ich heute im Bett.« Da sie diese Ausrede so oft benutzte, verwendete sie schließlich nur noch eine Kurzform: »Es tropft und tropft und tropft.« Das sollte heißen, dass sie krank war und ihr die Nase schon wieder lief, aber Cindy und mir war schnell klar, was es wirklich zu bedeuten hatte.
    Als ich ungefähr neun war, versammelte Mama die Familie um den Küchentisch und eröffnete uns, dass sie uns etwas Ernstes mitzuteilen habe: Bei ihr sei ein Krebsleiden diagnostiziert worden, das Non-Hodgkin-Lymphom genannt werde. Da Papa der Familie gerade eine Enzyklopädie gekauft hatte, war das Erste, was ich nach dieser Familienzusammenkunft tat, unter »Lymphknotenkrebs« nachzuschauen, um herauszufinden, woran meine Mutter sterben würde.
    Das, was Mama uns über ihren Gesundheitszustand gesagt hatte, versetzte das ganze Haus in eine Stimmung, die mir damals still, dunkel und einsam erschien. Wenn ich dies heute rückblickend betrachte, muss ich sagen, dass das Haus in Wirklichkeit nichts von dem vermittelte, es war nur ein depressives Gefühl, das einen Neunjährigen überkommen hatte. Fast ein Jahr lang hing Mamas »Krebs« drohend über uns allen, bis irgendwie die Wahrheit herauskam: Mama hatte gar kein Lymphom. Das Ganze war nur eine ausgefuchste Lüge. Sie hatte schlicht ein Alkoholproblem. Wir waren alle an der Nase herumgeführt worden, selbst Papa. Seltsamerweise habe ich Mama diese Lüge nie übel genommen – ich war einfach nur erleichtert, dass es ihr bald wieder gut gehen würde.
    Cindy: Mama war so niedergeschlagen. Ich bin sicher, dass sie das Gefühl hatte, an einem Non-Hodgkin-Lymphom zu sterben, doch es stimmte nicht. Sie war unglaublich intelligent, aber über ihre Gefühle konnte sie nicht gut reden. Ich glaube, dass diese Geschichte ihr helfen sollte, ihre Gefühlslage auszudrücken. Sie brauchte Verständnis, sie brauchte Aufmerksamkeit, sie brauchte Anteilnahme, wusste jedoch nicht, wie sie das sagen sollte.
    Es war vermutlich nicht sehr hilfreich, dass Papa Mamas Alkoholismus nicht wahrhaben wollte. Mama konnte weiterhin behaupten, sie habe Grippe – »es tropft und tropft und tropft« –, und Cindy und mir war klar, dass sie betrunken war. Aber Papa behauptete steif und fest: »Nein, sie ist wirklich krank.« Wir setzten uns regelmäßig im Familienkreis zusammen, um Dinge zu klären, die besprochen werden mussten – ein möglicher neuerlicher Umzug, Eheprobleme meiner Eltern, meine beschissenen Noten und mein schlechtes Benehmen, alles Mögliche –, aber das größte Problem von allen war Mamas Trinkerei. Doch dieses Problem wollte Papa einfach nicht sehen. Um ihm bei der Verdrängung zu helfen, versuchte Mama, ihre Trinkphasen in jene Zeit zu legen, wenn Papa auf Reisen war, und rechtzeitig, bevor er wieder zu Hause eintraf, Ordnung zu schaffen. Allerdings gelang es ihr nicht besonders gut, dies umzusetzen. Papa hätte also eigentlich nicht so lange nichts bemerken dürfen.
    Ted Glover (Vater): Des Öfteren führte sie ihre Katerbeschwerden auf die chemotherapeutische Behandlung des Lymphoms zurück, aber sie erlaubte mir nie, den Arzt, der diese Behandlungen angeblich bei ihr durchführte, zu sehen oder mit ihm zu sprechen. Als Ausflucht behauptete sie immer, ihr Selbstwertgefühl erfordere es, dass sie mit dieser Sache allein zurechtkomme.
    Trotz alledem – oder vielleicht gerade deswegen – fühlte ich mich Mama immer besonders verbunden. Cindy sagte oft, sie sei ein Papakind und ich das Mamakind, und ich verstehe, was sie damit gemeint hat. Cindy und Papa waren ausgesprochen motiviert, wortgewandt, ernsthaft und konsequent. Sie stritten und debattierten gerne und schienen Konfrontationen reizvoll zu finden. Mama und ich dagegen sahen die Welt mit ganz anderen Augen. Wir hatten eine ähnliche Persönlichkeit und den gleichen Sinn für Humor. Cindy und Papa waren häufig die Zielscheiben unserer Scherze.
    Der äußere Schein war Mama auf jeden Fall wichtig. Damit meine ich jedoch nicht, dass sie auf irgendeine Weise oberflächlich war, doch ein gewisser Anstand, ein bestimmtes Niveau bedeuteten ihr viel. Der Außenwelt wollte sie ihre beste Seite zeigen, ihre schlimmsten Trinkereien spielten sich daher fast immer hinter geschlossenen Türen ab.
    Mama wollte auch, dass wir erfolgreich sind. Als
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