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Ein Hund namens Gracie

Ein Hund namens Gracie

Titel: Ein Hund namens Gracie
Autoren: Dan Dye , Mark Beckloff
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eher unwahrscheinlich. Ich fühlte mich, als hätte sich meine beste Freundin verliebt. Plötzlich hatte sie das Licht ihrer Scheinwerfer auf wen anders gerichtet, sie, die mir bis dahin all ihre Aufmerksamkeit geschenkt hatte - und zwar auf ein Wesen, dessen Schnauze meistens in einem Napf mit matschigem Kraftfutter steckte. Merlin war eine lebende Erinnerung an all das, was ich mit Blue verloren hatte. Es kam mir so vor, als hätten alle meine Bekannten einen Hund, und als seien sie alle ziemlich glücklich darüber. Selbst zu Hause ließ mich das nicht los, denn Mark hatte ja die Mädchen. So wie sie an ihm klebten, konnten es allerdings auch seine Schatten sein. (Allerdings haaren richtige Schatten nicht, und sie betteln auch nicht, wenn man sich was zu essen macht.) Auf ihre Art waren die Mädchen schon gut drauf, vor allem wenn man eine Ader für hyperaktive, narzistisch-pubertäre Wahnsinnige in Hundegestalt hatte - was auf mich mehr oder weniger zuzutreffen schien. Obwohl Sarah und Dottie immer anhänglicher wurden, konnte ich den Gedanken doch nie loswerden, dass sie eben nicht Blue waren, und dass sie mir außerdem genau genommen nicht gehörten, auch wenn wir alle zusammen unter ein und demselben undichten Dach wohnten.

    Um Punkt zwölf klingelte mein Telefon. »Hör mal, Dan, ich hasse es, dich zu nerven.« Anne war dran. Sie rief mich von der andere Seite des Zimmers an. »Aber ich habe ein Problem, und ich brauche dringend deine Hilfe.«
    Ich schwang herum, um sie anzusehen, sprach aber in den Hörer. »Was für ein Problem?«
    »Na ja«, sagte sie mit einem ernsten Blick. »Es geht um Merlins Schwester. Sie braucht unsere Hilfe.«
    Es klang wie ein Anruf von der Gerechtigkeitsliga. Ich versuchte, mich ganz herumzudrehen, wobei ich aber nur das Telefon auf meinen Fuß fallen ließ. »Wie bitte? Merlin hat eine Schwester?«
    Fünf Minuten später saßen wir in meinem Auto.

     

Gnadenfall Gracie
     
    A ls wir zitternd in meinem fünf Jahre alten und teils auch geheizten Hyundai (Füße des Fahrers) zum Züchter fuhren, erzählte mir Anne, dass Merlins Schwester aus dem Wurf übrig geblieben war. Niemand wollte sie haben, weil sie taub war. Ich weiß nichts über Annes Stammbaum, aber es würde mich nicht überraschen, wenn von jedem Ast Missionare baumelten. Ihre Augen glühten mit dem Eifer der Gerechten, und ich fühlte mich wie ein Heide in ihrem Visier.
    Ein Doggenzüchter, stellte ich mir vor, wohnte in einem allein stehenden, stark verwitterten Bauernhaus, vielleicht mit einer Scheune, die in einen Zwinger umgebaut worden war. Es gab auch einen Landarbeiter - Clem -, der uns misstrauisch beäugte, sowie wir aber nach den Hunden fragten, erhellte ein warmes Lächeln seine wettergegerbten Züge. Dann würde er uns fragen, ob wir gekommen seien, um »ein Lüttes aus dem letzten Wurf zu holen«, uns »die Straße ein stückweit hoch« schicken, wo wir den »alten Herrn« - Zeb - finden würden. Okay, vielleicht habe ich als Kind zu oft Lassie gesehen. Deswegen war ich auch überrascht, nach einer langen Kieszufahrt vor einem winzigen länglichen Haus aus den 50er Jahren anzugelangen. Beim Einparken erkannte ich, dass die Garage in eine Art Partyraum umfunktioniert worden war, und dass man die Garagentüren durch Schiebetüren aus Glas ersetzt hatte.
    Ich stellte den Motor ab und bemühte mich, das merkwürdige Bild vor uns zu interpretieren. Hinter den Glastüren hingen Stofffetzen herab, die einen guten Meter über dem Boden endeten. Hatten gefräßige Haie hilflose Vorhänge in einem Hungeranfall zerfetzt, und würden sie gleich wieder vorbeischauen? Ich bin mir nicht sicher, was für einen Gesichtsausdruck ich hatte (wahrscheinlich den, den ich mir für einen Kabelriss im Fahrstuhl aufspare), aber ich bin mir sicher, dass Anne ihn geflissentlich übersah. Als wir uns dem Haus näherten, wurde mir klar, dass der Dreck auf den schmutzigsten Glastüren, die ich je gesehen hatte, tatsächlich von einer Million schmieriger Nasen- und Pfotenabdrücke stammte. Wie ein Objektiv, das mit Butter eingeschmiert wird, um Porträtaufnahmen eines alternden Stars zu machen.
    Anne deutete auf die Türen. »Sei nicht schüchtern -guck doch mal rein! «
    Ich wagte einen Blick und konnte eine Horde sehr großer Tiere in diversen ruhenden Stellungen erkennen. Das Zimmer, in dem sie herumlungerten, sah aus wie Ozzies und Harriets Wohnzimmer auf einem schlechten Trip. Ich wollte gerade Anne fragen, wo die Hunde gehalten
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