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Ein Herzschlag danach

Ein Herzschlag danach

Titel: Ein Herzschlag danach
Autoren: Sarah Alderson
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winkte mir hinaufzugehen. Ich ging voran und blieb oben stehen, da ich keine Ahnung hatte, welche Tür die richtige war.
    Jack schob sich an mir vorbei, ging zur letzten Tür des kurzen Flurs und öffnete sie. Er ließ mich zuerst eintreten. Da war er, der Raum, der mein Schlafzimmer sein würde, so lange, wie Jack mir zu bleiben erlaubte. Es war ein freundliches Zimmer: ein einfaches Bett, eine schlichte Kommode, auf der ein stacheliger Kaktus in einem roten Blumentopf stand, und ein bequemer blauer Sessel in der Ecke – ein weiteres Relikt aus unserem alten Leben. Vom Fenster blickte man auf den Garten hinter dem Haus. Ja, hier konnte ich mich wohlfühlen.
    »Das ist super, danke«, sagte ich und drehte mich zu ihm um. Zwischen uns herrschte eine angespannte Stimmung. Jack wusste immer noch nicht, warum ich hier war. Ich erzählte es ihm nicht und er fragte nicht danach.
    Er setzte die Tasche auf dem Sessel ab und sagte: »Möchtest du erst mal schlafen? Würde dir bestimmt guttun. Ich habe am Nachmittag noch ein paar Dinge zu erledigen. Wenn du aufwachst, essen wir zu Abend und reden mal ein bisschen miteinander.«
    Aha, jetzt war es heraus. Ich hatte also noch ein paar Stunden Zeit, mir auszudenken, was ich ihm erzählen wollte. Ich warf einen Blick auf die Uhr auf dem Nachttisch. Kurz vor halb vier.
    »Okay – klingt nach einem Plan«, stimmte ich zu.
    Ich umarmte ihn und ließ den Kopf gegen seine Brust sinken. »Danke«, murmelte ich in sein T-Shirt.
    »Hey, du brauchst dich nicht zu bedanken«, sagte er sanft. Ich spürte seine Lippen auf meinem Haar. Dann ging er.
    Ich setzte mich auf das Bett, streifte die Schuhe von den Füßen und ließ mich rückwärts auf die kühle Bettdecke fallen. Es fühlte sich so verlockend an, aber meine Haut war klebrig von Schweiß und staubig von der Reise. Duschen war nötiger als schlafen. Stöhnend setzte ich mich wieder auf und schaute mich nach meiner Tasche um. Gehorsam flog sie vom Sessel hoch und segelte auf mich zu, während sich der Reißverschluss wie von selbst öffnete. Dann wurde mir klar, was ich gerade tat. Abrupt ließ ich die Tasche fallen, dass sie hart auf dem Boden aufschlug.
    »Lila? Alles okay?«, rief Jack von unten.
    »Äh, ja, alles in Ordnung. Hab nur die Tasche fallen lassen«, rief ich zurück.
    Heftig atmend kniete ich neben der Tasche nieder. Ich musste mich beherrschen. Ich durfte diese … Kraft unter keinen Umständen einsetzen! Das war ab sofort Gesetz. Wenn ich weitere Zwischenfälle vermeiden wollte, musste ich mich einfach daran halten. Ich musste mich zusammenreißen. In der Schule hatte ich das ziemlich gut hingekriegt, besonders dann, wenn andere Leute um mich waren. Aber so müde, wie ich jetzt war, fiel mir die Kontrolle schwer. Müdigkeit und ein Messer an der Kehle …
    Ich griff in die Tasche und tastete nach meinem Kulturbeutel und einem sauberen T-Shirt. Es fühlte sich seltsam an. Ich benutzte Muskeln und meinen Tastsinn, den ich schon eine ganze Weile nicht mehr eingesetzt hatte. Daran würde ich mich gewöhnen müssen.

3
    Ich saß auf dem Bettrand, so benommen vom Jetlag, als wäre mein Akku beim Schlafen nur mit Schwachstrom aufgeladen worden. Mein Kopf brummte. Von unten waren Stimmen zu hören. Eine davon gehörte Jack. Ich hörte ihn lachen und herumalbern. Die andere Stimme klang weicher, tiefer, und ich hätte sie überall und jederzeit erkannt. Sie war durch meine Träume gedrungen und hatte mich wachgerüttelt. Alex.
    Das Zimmer lag im Halbdunkel der späten Abenddämmerung. Ich drehte mich zum Wecker um – es war schon halb acht, aber ich fühlte mich, als hätte ich höchstens zehn Minuten geschlafen. Die Zeitverschiebung brachte mich ganz durcheinander. Aber das war kein Vergleich zu dem, was diese eine Stimme von unten in mir anrichtete. Mein Herz raste. Schon konnte ich spüren, wie meine Wangen zu glühen begannen.
    Ich warf einen Blick zum Lichtschalter und kniff die Augen zusammen. Das Licht leuchtete auf, flackerte, als mir klar wurde, was ich da tat, und ging wieder aus. Ich stand auf, schimpfte mit mir selbst und schaltete das Licht von Hand ein.
    Einerseits wünschte ich nichts sehnlicher, als auf der Stelle aus dem Zimmer zu stürzen und die Treppe hinunterzurasen. Das Verlangen, Alex zu sehen, war schier übermächtig. Es kam mir so vor, als hätte ich die letzten drei Jahre auf dem Meeresgrund verbracht, wo ich nur mit einem kleinen Rest Luft überlebt hatte, und könnte nun plötzlich ein paar
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