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Ein Hauch von Seide - Roman

Ein Hauch von Seide - Roman

Titel: Ein Hauch von Seide - Roman
Autoren: Penny Jordan
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entschieden Bukolisches und nahezu Gewöhnliches. Deine arme Mutter wäre entsetzt, wenn sie dich sehen könnte. Wo sie selbst doch so schlank war.«
    Die unfreundliche Kritik, mit der ihre Tante Cassandra Ella bedacht hatte, als sie in die Pubertät gekommen war, hatte ihre Spuren hinterlassen und sie viel mehr verletzt, als es die gehässigen Bemerkungen ihrer Stiefschwester Emerald je vermochten. Sie waren tief in Ellas Herz gebrannt.
    Die Mannequins waren so schlank und so hübsch, und Ella sah die Bewunderung in den Augen der Fotografen, die mit ihnen arbeiteten und die sie, Ella, nur mit einem kurzen Blick abtaten. Zumindest die meisten. Einer hatte es für nötig befunden, seine Verachtung für sie sehr deutlich zu machen. Oliver Charters.
    Charters war ein aufstrebender junger Fotograf, der sich gerade seine ersten Sporen verdiente. Der Moderedaktion von Vogue zufolge war er außerordentlich talentiert und würde es weit bringen. Ein einziger Blick aus seinen strahlend grünen Augen genügte, und Mannequins und Redakteurinnen schmolzen gleichermaßen dahin.
    Doch als dieser grünäugige Blick in Ellas Richtung gefallen war, war das unbekümmerte Interesse, mit dem er die anderen jungen Frauen bedachte, verschwunden und von schierem Unglauben abgelöst worden. Als wäre das nicht schlimm genug, hatte er diesen Blick auch noch mit einem entsetzten Ausruf begleitet, was die Assistentin des Artdirectors zu einem boshaften Kichern inspirierte und dazu, den Vorfall später vor dem ganzen Redaktionsteam zum Besten zu geben.
    Oliver Charters war jetzt hier in dem kleinen, beengten Büro, wo Ellas Chefin, die Feature-Redakteurin, und die leitende Moderedakteurin das hübsche Mannequin musterten, das ein viel zu großes cremefarbenes Kleid trug.
    Ella tat ihr Bestes, um ihre unmoderne Figur zu verbergen; sie hüllte sich in weite, ausgebeulte Pullover über Faltenröcken und weißen Blusen – fast so, als trüge sie noch ihre Schuluniform, wie Janey einmal missbilligend bemerkt hatte.
    Zu Hause in Denham war sie die Älteste, und dort war sie selbstbewusst genug, um ihre Verantwortung gegenüber den Jüngeren zu übernehmen, besonders gegenüber Janey, die ständig Dummheiten machte und sich in Schwierigkeiten brachte, manchmal in richtig ernste. Vor allem, wenn es darum ging, sich Versagern sämtlicher Couleur anzunehmen – sowohl tierischen als auch menschlichen. Doch hier bei Vogue , ohne den Schutz durch die Liebe ihres Vaters und ihrer Stiefmutter, fühlte Ella sich linkisch, verletzlich und dumm. Jetzt hatte ihre Unbeholfenheit dazu geführt, dass ihr Gesicht brannte und ihre Kehle sich über den drohenden Tränen schloss.
    »Darüber kann ich unmöglich schreiben. Es sieht schrecklich aus«, beklagte Ellas Chefin sich. »Ich soll über aufregende neue junge Mode berichten; das sieht eher aus wie etwas, was eine Bauersfrau oder ein Mädchen wie Ella tragen würde. Wo ist das Kleid von Mary Quant? Geh und such es, wärst du so nett, Ella?«, verlangte sie.
    Oliver, der sich in der offenen Tür abstützte, während er sich mit dem Mannequin unterhielt, versperrte ihr den Weg. Die Lederjacke, die er zu Jeans und schwarzem T-Shirt trug, verlieh ihm etwas Liederliches, was zu seinem überlangen dunklen Haar und der Zigarette passte, die ihm aus dem Mundwinkel hing. Janey hätte ihn toll gefunden, Ella fand ihn eher lästig.
    »Verzeihung.«
    Er war so von dem Mannequin gefesselt, dass er weder ihre Entschuldigung gehört noch mitbekommen hatte, dass sie nicht durch die Tür kam.
    Ella räusperte sich und versuchte es noch einmal.
    »Verzeihung, bitte.«
    Das Mannequin zupfte am Ärmel seiner Lederjacke. »Ella möchte vorbei, Oliver.«
    »Dann zwäng dich halt vorbei, Liebchen. Ich hätt nichts dagegen, wenn du dich an meinem Hintern reibst.«
    Mit diesen absichtlich vulgären Worten hoffte er wohl, Ella in Verlegenheit zu bringen. Ella schoss einen eisigen Blick auf seinen Rücken ab. Das Mannequin kicherte, als Oliver den Rücken so weit durchbog, dass sie selbst sich vielleicht hätte durchzwängen können. Doch für Ella war es bei weitem zu eng.
    »Ella kommt da nicht durch. Ollie, rück mal beiseite«, erklärte das Mannequin ihm.
    Jetzt musterte er Ella von oben bis unten und dann wieder bis oben, und seine Inspektion fand erst ein Ende, als sein Blick auf ihrem inzwischen puterroten Gesicht ruhte.
    »Gehst du Tee kochen, Liebchen?«, fragte er und schenkte ihr ein gemeines Grinsen. »Für mich zwei Stück
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