Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
hernach aus der Erde aufwecken. Und nachdem diese meine Haut zerschlagen ist - « Brianna erschauerte heftig und wandte den Blick von dem frischen Erdhügel ab. »- werde ich in meinem Fleisch Gott sehen. Denselben werde ich vor mir sehen, und meine Augen werden ihn schauen.«
     
    Er hielt inne, und es ertönte ein kollektiver Seufzer, als alle gemeinsam die Luft ausatmeten, die sie angehalten hatten. Doch er war noch nicht ganz fertig. Er hatte halb bewusst nach Briannas Hand gegriffen und hielt sie fest gedrückt. Er sprach die letzten Worte beinahe zu sich selbst, merkte ich, und dachte dabei kaum an seine Zuhörer.
     
    »So fürchtet euch vor dem Schwert, denn das Schwert ist der Zorn über die Missetaten, auf dass ihr wisset, dass ein Gericht sei.«
     
    Ich erschauerte, und Jamies Hand schloss sich um die meine, kalt, aber kraftvoll. Er sah zu mir herunter, und ich erwiderte seinen Blick. Ich wusste, was er dachte.
    Genau wie ich dachte er nicht an die Gegenwart, sondern an die Zukunft. An eine kleine Notiz, die in drei Jahren auf den Seiten der Wilmington Gazette erscheinen würde.
     
    »Mit Trauer nehmen wir die Nachricht vom Tod James MacKenzie Frasers und seiner Gattin Claire Fraser bei einer Feuersbrunst zur Kenntnis, die in der Nacht des 21sten Januar 1776 ihr Haus in der Siedlung Fraser’s Ridge zerstörte. Mr. Fraser, ein Neffe des verstorbenen Hector Cameron, Besitzer der Plantage River Run, wurde in Broch Tuarach in Schottland geboren. Er war in der Kolonie gut bekannt und hoch angesehen; er hinterlässt keine Kinder.«
     
    Bis jetzt war es uns leicht gefallen, uns keine großen Gedanken darum zu machen. So fern in der Zukunft, einer Zukunft, die gewiss nicht unabänderlich war – vorgewarnt war schließlich gut gewappnet, nicht wahr?
    Ich richtete meinen Blick auf den flachen Grabhügel, und mich durchfuhr ein noch kälterer Schauer. Ich trat dichter an Jamie heran und legte meine andere Hand auf seinen Arm. Er bedeckte sie mit der seinen und drückte sie beruhigend. Nein, sagte er wortlos. Nein, ich werde es nicht geschehen lassen.
    Doch als wir die trostlose Lichtung hinter uns ließen, konnte ich ein lebhaftes
Bild nicht abschütteln. Nicht die abgebrannte Hütte, die bedauernswerten Toten, den erbärmlichen Garten. Das Bild, das mich nicht losließ, war eines, das ich Jahre zuvor gesehen hatte – ein Grabstein in den Ruinen der Abtei von Beauly tief in den schottischen Highlands.
    Es war der Grabstein einer feinen Dame, über deren Name ein grinsender Totenschädel eingemeißelt war – ganz wie der Schädel unter der Schürze der Holländerin. Unter dem Schädel stand ihr Motto:
     
    Hodie mihi cras tibi – Sic transit gloria mundi. »Heute ich, morgen du. So vergeht der Glanz der Welt.«

3
    Halte deine Freunde dicht bei dir
    Wir kamen am nächsten Tag kurz vor Sonnenuntergang wieder in Fraser’s Ridge an und stellten fest, dass uns ein Besucher erwartete. Major Donald MacDonald, bis vor kurzem Offizier der Armee Seiner Majestät und bis vor noch kürzerem Mitglied der persönlichen Reitergarde Gouverneur Tryons, saß auf der Eingangstreppe, meine Katze auf dem Schoß und einen Krug Bier an seiner Seite.
    »Mrs. Fraser! Stets zu Diensten, Ma’am«, rief er herzlich, als er mich kommen sah. Er versuchte aufzustehen, keuchte dann aber auf, weil Adso dem Major aus Protest gegen den Verlust seines gemütlichen Nestes seine Krallen in die Oberschenkel schlug.
    »Bleibt sitzen, Major«, sagte ich mit einer hastigen Geste. Er ließ sich mit einer Grimasse wieder nieder, sah jedoch großmütig davon ab, Adso ins Gebüsch zu schleudern. Ich trat auf die Treppe und setzte mich mit einem Seufzer der Erleichterung neben ihn.
    »Mein Mann versorgt nur eben die Pferde; er wird gleich da sein. Ich sehe, dass sich schon jemand um Euch gekümmert hat?« Ich wies lächelnd auf das Bier, das er mir prompt mit einer galanten Geste anbot, nachdem er den Rand des Kruges an seinem Ärmel abgewischt hatte.
    »O ja, Ma’am«, versicherte er mir. »Mrs. Bug hat sich peinlichst um mein Wohlergehen bemüht.«
    Um nicht unhöflich zu erscheinen, nahm ich das Bier entgegen, das offen gestanden eine Wohltat war. Jamie hatte es eilig gehabt, heimzukommen, und wir hatten seit der Morgendämmerung im Sattel gesessen und nur gegen Mittag eine kurze Erfrischungspause eingelegt.
    »Es ist ein ganz exzellentes Gebräu«, sagte der Major und schmunzelte,
als ich nach dem Trinken mit halb geschlossenen Augen ausatmete.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher