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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta
Autoren: Patricia Cornwell
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Material zu sein schienen. Ich legte sie in kleine metallene Behälter. Die einzige eindeutige Spur waren der moschusartige Geruch und die Überreste von etwas Durchsichtigem, das aussah wie getrockneter Klebstoff, auf der oberen Vorder- und Rückseite ihrer Beine. Samenflüssigkeit war bei allen Fällen zu finden gewesen, war aber bisher wertlos für serologische Untersuchungen. Der Mörder gehörte zu den zwanzig Prozent der Bevölkerung, die sich durch ihre Eigenschaft als Nonsekretor von den anderen unterschieden. Das hieß, daß man seine Blutgruppenantigene in den anderen Körperflüssigkeiten wie Speichel oder Schweiß oder Sperma nicht nachweisen konnte. Und das bedeutete, ohne Blutprobe konnte seine Blutgruppe nicht bestimmt werden. Er konnte A, B, AB oder sonst etwas haben.
    Vor nicht mehr als zwei Jahren wäre die Tatsache, daß der Täter ein Nonsekretor war, ein herber Schlag für die forensischen Untersuchungen gewesen. Aber jetzt gab es die DNA-Analyse, eine neue und ausgesprochen bedeutungsvolle Möglichkeit, den Täter unter allen anderen Menschen eindeutig zu identifizieren, vorausgesetzt, die Polizei hatte ihn gefaßt und Proben von ihm entnommen und er hatte keinen eineiigen Zwillingsbruder.
    Marino stand direkt hinter mir. "Das Badezimmerfenster", meinte er und sah auf die Leiche, "nun, ihr Ehemann da drinnen sagt", er deutete mit einem Daumen in Richtung der Küche, "es sei nicht verschlossen gewesen, weil er es letztes Wochenende aufgeschlossen hatte."
    Ich hörte nur zu.
    "Er sagt, das Badezimmer werde kaum benützt, es sei denn, sie hatten Gäste. Angeblich hat er letztes Wochenende das Gitter erneuert, er meint, es ist möglich, daß er vergessen hat, das Fenster wieder zu verschließen. Sie" - er schaute wieder zu der Leiche hin -"hatte keinen Grund gehabt, darüber nachzudenken, nahm einfach an, es sei verschlossen." Er hielt einen Moment inne. "Es ist interessant, daß der Mörder es anscheinend nur an dem Fenster versucht hat, das nicht verschlossen war. Die Gitter vor den anderen Fen stern sind nicht beschädigt."
    "Wie viele Fenster sind auf der Rückseite des Hauses?" fragte ich.
    "Drei. In der Küche, der Toilette und dem Badezimmer hier."
    "Und alle haben schiebbare Fensterrahmen mit einem Schnappschloß auf der Oberseite?"
    "Sie haben es erfaßt."
    "Das heißt, wenn man von außen mit einer Taschenlampe auf das Schnappschloß leuchtet, kann man wahrscheinlich sehen, ob es verschlossen ist oder nicht?"
    "Schon möglich." Wieder diese ausdruckslosen, unfreundlichen Augen. "Aber nur, wenn man auf etwas steigt. Vom Boden aus kann man das Schloß nicht sehen."
    "Sie erwähnten eine Bank", erinnerte ich ihn.
    "Das Problem dabei ist, daß der Boden hinter dem Haus total schlammig ist. Die Beine der Bank hätten Abdrücke im Rasen hinterlassen müssen, wenn der Kerl sie gegen irgendeines der anderen Fenster gelehnt und sich darauf gestellt hätte. Ein paar meiner Männer schnüffeln gerade da draußen rum. Keine Abdrücke unter den anderen beiden Fenstern. Sieht nicht so aus, als wäre der Mörder in deren Nähe gewesen. Es sieht eher so aus, als wäre er schnurstracks zum Badezimmerfenster am Ende des Ganges gegangen."
    "Ist es möglich, daß das Fenster einen Spalt offen war und daß der Mörder deshalb direkt darauf zuging?"
    Marino gab nach: "Hey, alles ist möglich. Aber wenn es einen Spalt offen war, dann hätte sie es vielleicht auch bemerkt, irgendwann während der Woche."
    "Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Im nachhinein kann man so etwas leicht sagen. Aber die meisten Leute achten nicht besonders auf die Einzelheiten ihrer Häuser, vor allem bei Räumen, die kaum benutzt werden."
    Vor einem Fenster, das auf die Straße zeigte, stand ein Schreibtisch, auf dem sich weitere Beweise dafür befanden, daß Lori Petersen und ich denselben Beruf hatten. Über die Schreibtischunterlage verteilt lagen mehrere medizinische Zeitschriften, die Principles of Surgery und Dorland's. In der Nähe des Bronzefußes der Tischlampe lagen zwei Computerdisketten. Auf die Etiketten war mit Filzstift das Datum in Kurzform, 6/1, geschrieben, und sie waren mit I und II numeriert. Es waren herkömmliche Disketten, IBM-kompatibel. Möglicherweise enthielten sie etwas, an dem Lori Petersen gerade in der Uniklinik arbeitete, wo zahlreiche Computer den Studenten und Ärzten zur Verfügung standen. Im Haus schien kein PC zu sein. Auf einem Korbstuhl in der Ecke zwischen der Kommode und dem Fenster lagen
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