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Ein Akt der Gewalt

Ein Akt der Gewalt

Titel: Ein Akt der Gewalt
Autoren: Ryan David Jahn
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Welt oft gar nicht versteckt im Schatten lauern, sondern ins helle Sonnenlicht treten und lächelnd und einladend die Hand nach einem ausstrecken.
    »Aus! Kleines Licht!«, sagt Mr. Vacanti.
    David runzelt die Stirn.
    »Nur ein echtes Arschloch zitiert in einem Augenblick wie diesem Shakespeare«, sagt er.
    Ein winziges Lächeln erleuchtet Mr. Vacantis Gesicht, und in seinen Augen blitzt kurzes Vergnügen, aber dann ist beides verschwunden.
    »Du kennst deinen Shakespeare.«
    »Ich hab zum Geburtstag ein Buch mit Zitaten geschenkt bekommen«, sagt David.
    Und dann ein Getöse, als zerbreche die Welt in zwei Teile.

50
    Blitz und Donner reißen den Himmel auf, und Platzregen prasselt aus der offenen Wunde. Es weht kein Wind, und daher fallen die Tropfen senkrecht und krachen auf den Boden wie in kleinen Explosionen.
    Patrick und Frank stehen auf dem Hof. Beide rauchen, aber als es wie aus Eimern zu schütten beginnt, schnippt Frank seine durchweichte Kippe weg. Patrick versucht es ein bisschen länger, lässt die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger und hält die andere Hand darüber, so dass der Handrücken als Schirm dient. Nur zum Ziehen führt er die Zigarette an die Lippen.
    Sowohl Patrick als auch Frank sehen stumm zu, wie die Cops den Bereich vor Kats Apartment absperren.
    Der Regen trommelt vom Himmel, und Patrick und Frank beobachten, wie er das Blut fortwäscht, das noch nicht getrocknet ist. Der größte Teil ist es nicht und wird in die Rinnsteine gespült, in die Blumenbeete, in die Risse im Beton und hinaus zur Straße. Übrig bleiben braune Ringe, die an den Rändern der Blutlachen eingetrocknet sind.
    In Patrick steigt Übelkeit auf.
    Er zieht an seiner Zigarette, und ihm kommt in den Sinn, wie seltsam es ist, dass in einer Woche nichts mehr darauf hindeuten wird, was hier geschehen ist.

    David geht den ruhigen Frühmorgenflur entlang, den Revolver wieder im Hosenbund. Er fühlt sich eigenartig leer. Wie eine ausgedroschene Ähre. Er findet den Fahrstuhl und fährt damit hinunter ins Parterre. Er tritt hinaus in den Frühmorgenregen. Er schließt die Augen, lässt sich von der heftigen Regendusche reinwaschen.
    Den Blitzen folgt beinahe auf der Stelle krachender Donner.
    David zieht den Revolver aus dem Hosenbund. Er leert die Trommel in die Hand und betrachtet die Patronen auf der Handfläche. Keine fehlt.
    Als der Donner ertönte – David drückte gerade den Lauf seiner Waffe gegen Mr. Vacantis Stirn, und der sah zu ihm auf -, rang der Mann erschreckt nach Luft, und ein dunkler feuchter Fleck breitete sich auf dem Laken direkt um seinen Unterleib aus. David zog den Revolver von der Stirn des Mannes zurück, schob ihn wieder hinter den Hosenbund und sah den Mann mit durchdringendem Blick an. Sah den erbärmlichen Kerl unverwandt an und spielte mit dem Gedanken, ihm das Hirn aus dem Schädel zu pusten. Mr. Vacanti erwiderte den Blick mit sanften Augen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber David schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte er.
    Dann ging er davon.
    Er widerstand dem Impuls, sich umzudrehen.
    Jetzt steht er auf diesem Parkplatz vor dem Krankenhaus. Der Regen, der auf ihn fällt, ist kalt und lässt ihn zittern, fühlt sich aber auch gut an.
    Er denkt an den kleinen dunkelhaarigen Jungen, der auf seinem Fahrrad, so schnell er kann, mitten auf einer ansonsten leeren Straße entlangradelt, vor sich eine unbekannte Zukunft voller Möglichkeiten, der auf eine Pfütze zuhält
und zwischen aufspritzenden Fontänen hindurchfährt und lacht und sich auf das freut, was vor ihm liegt.
    Er dreht die Hand zur Seite und sieht den Messingpatronen nach, die scheppernd auf den nassen Asphalt fallen.
    Schon liegen sie still.
     
     
    Patrick, der auf dem Hof steht, wirft seinen Zigarettenstummel weg und sieht Frank an.
    »Ich geh rein«, sagt er.
    Frank nickt, aber sieht ihn nicht an, sondern blickt versunken in die Ferne. Der Regen ist jetzt wie eine Wand, durch die man unmöglich sehen kann, und die Detectives schützen sich mit schwarzen Regenschirmen. Sie stehen da und reden und tun sonst nicht viel, denn der Bereich ist inzwischen abgesperrt. Aber Patrick glaubt nicht, dass Frank die Detectives betrachtet. Oder das Blut, das jetzt fast ganz weggewaschen ist. Oder sonst etwas da draußen.
    Was immer er sieht, befindet sich an einem verborgenen Ort.
    Patrick dreht sich um und überlässt den Mann seinen Gedanken, lässt ihn dort im Regen stehen. Jetzt, da sich die Sonne zeigt und sich ihr
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