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Ehe auf krummen Beinen

Ehe auf krummen Beinen

Titel: Ehe auf krummen Beinen
Autoren: Hans Gruhl
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nickte.
    «Meißen figürlich, wie?»
    «Achtzehntes Jahrhundert», sagte Paul und zog den Porzellanschwanz von Otmars Papagei aus seiner Hemdbrust. «Ich hoffe, Sie sind nicht erschrocken.»
    «Keine Spur», sagte der Hauswirt. «Ich war bei der schweren Artillerie. Meine Frau ist verreist.»
    «Das Beste was sie tun konnte», murmelte Dan.
    «Paul», rief Eva von oben, «ist etwas passiert?»
    «Nicht das geringste», erwiderte dieser.
    Sie klaubten die Scherben zusammen und luden den Wirt ein, mit nach oben zu kommen. Er ergriff eine Cognacflasche und tat es. Noch zweimal mußten sie mit dem Korb hinunter. Dann war der Trümmerhaufen beseitigt, und sie konnten sich stärken.
    Zwischen den einzelnen Runden priesen sie Evas Schönheit und Dans vortreffliche Wahl. Auch ich, als eigentlicher Stifter des jungen Glückes, wurde gebührend geehrt. Dan erzählte noch einmal meine Geschichte, wie ich zu Eva ins Auto gestiegen war, wie er sie dadurch kennengelernt hatte, wie ich Ritas verschwundene Kette wiedergefunden und geholfen hatte, den Dieb zu entlarven. Als er fertig war, erhoben sie die Gläser und tranken auf mich und auf alle Langhaardackel im Lande. Da war ich sehr stolz.
    An diesem Abend machten wir früher Schluß, um den Anstrengungen des nächsten Tages ausgeruht begegnen zu können. Auch dem Hauswirt war das recht, denn er wußte nicht ganz genau, wann seine Frau zurückkommen würde. So brachen sie auf und verließen uns, und kleine Porzellansplitter knirschten unter ihren Sohlen.
    Als wir erwachten, war der große Tag da.
    Die Trauzeugen erschienen pünktlich und frischgewaschen.
    Bei Dan und Paul merkte man nichts vom Polterabend. Nur Eugen schien in der Kneipe noch etwas flüssigen Mut zu sich genommen zu haben, obwohl er gar nicht heiraten mußte. Er hielt das Kreuz ein bißchen zu steif und vermied, den Leuten direkt ins Gesicht zu reden. Meiner Nase nach war es Rum, der ihm entströmte.
    Eva sah wunderschön aus.
    Sie trug ein schwarzes Kostüm, schlicht und raffiniert, sie roch fabelhaft, und ihre Augen leuchteten. Dabei war sie ruhig wie ein Museumsdiener, als wäre das ihre vierte Hochzeit. Dan trug ein Ding, das aus einer schwarzen Jacke und einer schwarz-grau gestreiften Hose bestand. Ich kannte ihn kaum wieder. Er war bedeutend aufgeregter als Eva. Er konnte nicht sitzen und fingerte dauernd an der Krawatte herum.
    Wir alle betrachteten ihn mit Sorge. Beim Heiraten machen die Frauen eine viel bessere Figur.
    Ralf und ich hatten unsere guten Halsbänder um und waren frisch gebürstet, wie es sich für einen so feierlichen Tag gehörte. Wir saßen nebeneinander auf meinem Fensterbrett und sahen zu, wie die Gesellschaft Kaffee trank. Anschließend mußten sie etwas warten, weil Evas Nägel noch nicht ganz trocken waren. Die Herren benutzten die Gelegenheit, einen stärkenden Cocktail zu sich zu nehmen. Es war für Dan der letzte in Freiheit, und er trank ihn mit Wohlbehagen und besonderer Andacht.
    Dann ging es los. Wir benutzten Evas offenen Wagen, den ich so gut kannte. Mit Dans Arche wären wir nicht bis zum Standesamt gekommen. Dan fuhr, Eva saß neben ihm. Hinten thronten Paul und Eugen, und wir hatten uns neben sie gequetscht und hielten uns mit den Pfoten am Rand fest. Es war ein feiner Tag mit viel Sonne. Den Herren lief der Schweiß in ihre weißen Kragen. Unterwegs wollte Eugen raus und ein Bier trinken, aber es war schon zu spät. Unsere Ohren flatterten im Wind, und ab und zu winkten die Leute und Dan winkte lässig zurück, als führe er die Tour alle Tage.
    Vor dem Standesamt stand auch einiges Volk herum. Die gewerbsmäßigen Zuschauer. Als wir ausstiegen, sagte ein alter Mann zu seiner Frau: «Schau, Alte, die Dummen werden nicht alle», und ein junger Bengel murmelte: «Junge, Junge, schicke Puppe!» Damit meinte er Eva. Dan war zu aufgeregt, um es zu hören. Wir schritten in würdiger Haltung den Gang hinunter. Es roch nach Fußbodenöl und Beamten. Paul suchte die richtige Tür, und dann mußten wir warten.
    Es dauerte eine Weile, bis ein ernst blickender Herr uns aufrief. Leider durften Ralf und ich nicht mit in das Zimmer. Eugen machte unsere Leinen an den Stühlen fest und ermahnte uns, die Würde des Hauses zu wahren und keinen Unfug zu treiben.
    Paul klopfte Dan auf die Schulter.
    «Mut, alter Freund», sagte er.
    Dann schloß sich die Tür hinter ihnen.
    Ralf und ich warteten mit gespannter Ungeduld. Ein junger Schäferhund kam mit ein paar Leuten vorbei. Ich spiele sonst
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