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Ehe auf krummen Beinen

Ehe auf krummen Beinen

Titel: Ehe auf krummen Beinen
Autoren: Hans Gruhl
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Stimme verriet, daß er von Dan noch kein Trinkgeld bekommen hatte.
    «Bitte sehr, mein Herr?»
    «Kommissar Nogees», sagte Dan unbewegt. «Möchte zu Herrn Direktor Bedenk. Bin für halb sechs bestellt.»
    Der Potier schien es zunächst nicht für möglich zu halten, daß der Direktor sich mit solchen Leuten wie uns abgeben wollte. Reine Angabe. Schließlich war der Brillantendieb auch reingekommen. Nicht gerade die beste Reklame für das Unternehmen. Sie sollten froh sein, daß Dan sich darum gekümmert hatte.
    «Wenn Sie sich einen Augenblick gedulden wollen», sagte der Portier. «Ich rufe durch.»
    Dan geduldete sich. Er rief durch.
    «Ein Herr Nogees, Herr Direktor. Von der —hem — Polizei. Gibt vor — wie? Selbstverständlich, Herr Direktor. Sehr wohl, Herr Direktor. »
    Er hing ein. Sein Antlitz strahlte jetzt etwas mehr Wohlwollen aus.
    «Der Herr Direktor erwartet Sie. Bitte rechts an der Treppe vorbei, durch die Tür, rechter Gang. Hinter der ersten Tür finden Sie Herrn Direktor Bedenk.»
    «Ohne Bedenken», sagte Dan.
    Der Portier blieb sprachlos zurück. Fast wären ihm die Schlüssel vom Kragen gefallen.
    Im Hintergrund der Halle führten zwei Treppen nach oben. Elfenbein und Gold. Dazwischen hing ein Lüster von der Decke, an dem eine Glasfabrik ungefähr ein halbes Jahr gearbeitet haben mußte. Würde niedlich knallen, wenn er herunterkam. Wir wollten gerade an der rechten Treppe vorbei. Da passierte es. Es kam nicht etwa der Lüster herunter.
    Wir sahen sie.
    Sie schritt die Treppe hinab, auf den hochhackigsten Schuhen, die ich jemals gesehen hatte. Ihr Kleid hatte die Farbe der Treppe, mattes Elfenbein mit Goldstickerei. Um die Taille trug sie einen breiten goldenen Gürtel. Ich glaube, sogar ich wäre mit den Vorderbeinen um diese Taille herumgekommen. Der Rock des Kleidchens stand von ihren Beinen ab, ziemlich sündhaft schönen Beinen. Er wippte bei jedem Schritt. Ich war viel niedriger als Dan und konnte die Spitzen des Unterrockes sehen. Eva hatte auch solche. Petticoat nannte sie sie.
    Das Mädchen war weißblond, mit schrägen Augen und einem Lippenstift wie Otmars Sonnenuntergänge. Ihr Gesicht war glatt und süß, aber sie versuchte, ebenso hochmütig auszusehen wie der Portier, und das stand ihr nicht richtig.
    In der rechten Hand trug sie eine runde, starre Ledertasche, auch Elfenbein. Links führte sie eine weiße Spitzin an der Leine. Sie trug ein goldenes Halsband, sah aus wie gehäkelt und tat vornehm wie ihre Herrin. Sie schwebten die Treppe hinab, ein Titelbild für eine Modezeitung. Ich gebe mich kaum mit minderwertigen Rassen ab. Andererseits ist es ganz interessant, eine neue Bekanntschaft zu machen. Ich blieb stehen, um an dem Spitz zu schnuppern. Auch Dan wartete und schielte nach den Beinen des Mädchens.
    Das Weitere ging ganz zwanglos vor sich.
    Die Spitzin kläffte und wich vor mir nach rechts aus. Immer kläffen diese Viecher. Ihre Leine geriet zwischen die Füße des Mädchens. Mit einem der gefährlichen Absätze blieb die holde Göttin hängen. Sie strauchelte und fiel vornüber die Treppe hinunter.
    Dan ist äußerst wach, wenn er nüchtern ist. Er ließ mich los und kam gerade zurecht. Das elfenbeinerne Mädchen fiel ihm gezielt in die Arme. Puder bestäubte uns. Die Tasche fiel herunter und auf die Spitzin. Auch sie verlor das Gleichgewicht und rollte zu mir herunter. Ungehindert konnte ich sie beschnuppern. Manchmal brauchte man sich gar nicht zu bemühen, und die Frauen rollen nur so um einen herum.
    Dan hatte seine Arme um die Dame geschlungen und schien so verharren zu wollen. Ihre Gesichter waren dicht voreinander. Das Mädchen hatte Mühe, die Unnahbarkeit wieder anzulegen. Aber sie schaffte es.
    «Würden Sie mich vielleicht wieder loslassen?» fragte sie mit Tiefkühlstimme.
    «Ungern», sagte Dan. Er faßte sie unter die Achseln und stellte sie auf die Füße.
    «Sehr freundlich», sagte sie.
    «Gern geschehen. Wann kommen Sie wieder hier herunter? Wir stellen uns hin.»
    «Ich werde den Fahrstuhl nehmen. Wegen Ihres Hundes hätte ich mir bald den Hals gebrochen.»
    Natürlich. Immer ich.
    «Er ist Junggeselle», sagte Dan. «Spitze irritieren ihn. Dafür habe ich Sie aufgefangen.»
    Sie warf die Nase höher.
    «Ich werde es nie vergessen.»
    «Das will ich hoffen», sagte Dan. «Aber das genügt nicht. Gehen Sie in die Bar?»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Sie wird um halb sechs geöffnet. Sie haben ein durstiges Gesicht. Das Kleid sieht aus wie
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