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Eden Inc.

Eden Inc.

Titel: Eden Inc.
Autoren: Lincoln Child
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er es seiner Umgebung entziehen. Im Vergleich erschienen die ihn umgebenden Häuser kalt und farblos.
    Lash löste den Blick von der Fassade, griff in die Tasche seines Anzugjacketts und zog einen Geschäftsbrief hervor. Ganz oben, neben dem Zeichen für »Unendlich«, war in einer eleganten Drucktype EDEN INC. eingeprägt. Ganz unten stand PER KURIER. Er las die kurze Botschaft erneut.
     
    Lieber Dr. Lash,
    das heutige Gespräch mit Ihnen war mir ein Vergnügen.
    Ich freue mich, dass Sie so kurzfristig kommen können. Wir erwarten Sie am Montag um 10.30 Uhr. Bitte legen Sie die beigefügte Karte dem Sicherheitspersonal in der Eingangshalle vor.
     
    Mit freundlichen Grüßen,
    Edwin Mauchly
    Technischer Direktor
     
    Der Brief enthielt nicht mehr Informationen als bei den anderen Gelegenheiten, zu denen er ihn erstmals gelesen hatte.
    Lash steckte ihn wieder in die Tasche. Er wartete, bis die Ampel auf Grün schaltete, dann hob er die Tasche auf und überquerte die Straße. Der Turm ragte ein beträchtliches Stück vom Gehsteig entfernt auf, was angesichts der Grundstückspreise im Stadtzentrum ziemlich extravagant war, und der so entstandene Raum hatte etwas von einer einladenden Oase an sich. In dieser Oase befand sich auch ein Springbrunnen: Satyre und Nymphen aus Marmor tummelten sich um eine gebeugte, uralte Gestalt. Lashs neugieriger Blick fiel durch den Dunstschleier auf dieses Wesen. Die zentrale Figur war für einen Springbrunnen eigenartig: Sosehr er sich auch anstrengte, er konnte nicht mit Sicherheit feststellen, ob sie männlichen oder weiblichen Geschlechts war.
    Hinter dem Springbrunnen waren die Drehtüren in ständiger Bewegung. Lash hielt noch einmal inne, um konzentriert die vielen Passanten zu beobachten. Fast alle gingen in den Turm hinein. Kaum jemand verließ ihn. Aber es war fast halb elf, und somit konnten die Leute, die er sah, wohl kaum Angestellte sein. Nein, vermutlich waren es ausnahmslos Klienten oder - was wahrscheinlicher war - Antragsteller.
    Die Empfangshalle war riesig und mit einer hohen Decke versehen. Drinnen blieb Lash erneut stehen. Obwohl alle Oberflächen aus rosafarbenem Marmor bestanden, verlieh die indirekte Beleuchtung dem Raum eine ungewöhnliche Wärme. In der Mitte befand sich ein Informationstisch aus dem gleichen Obsidian wie das Gebäudeäußere. An der rechten Wand, hinter dem Sicherheitskontrollpunkt, lag eine lange Reihe von Aufzügen. Neuankömmlinge strömten weiterhin an Lash vorbei. Die Menge war auffällig unterschiedlich und setzte sich aus allen Altersstufen, Rassen, Größen und Leibesumfängen zusammen. Sie alle wirkten hoffnungsvoll, emsig, vielleicht auch leicht verängstigt. Die in der Luft liegende Nervosität war fast greifbar. Einige Leute eilten ans andere Ende der Empfangshalle, wo sich zwei Rolltreppen einem breiten Rundbogendurchgang entgegenschraubten.
    Über diesem Durchgang stand in diskreten goldenen Buchstaben BEWERBERDATENVERARBEITUNG. Andere Menschen gingen auf einige Türen unterhalb der Rolltreppen zu, auf denen ANTRÄGE stand. Wieder andere hatten sich zur linken Seite der Halle begeben, wo Lash das Flackern zahlloser Bewegungen auffing. Er ging neugierig näher heran.
    Ein beträchtlicher Teil der linken Wand war vom Boden bis zur Decke mit riesigen Plasma-Flachbildschirmen bedeckt.
    Jeder Bildschirm zeigte den Kopf eines anderen in eine Kamera sprechenden Menschen: Es waren Männer und Frauen, Alte und Junge. Ihre Gesichter unterschieden sich so sehr voneinander, dass Lash das, was allen gemeinsam war, im ersten Moment gar nicht erfasste. Doch dann begriff er plötzlich: Alle lächelten auf eine fast heitere Weise.
    Lash gesellte sich zu der Menge, die sich stumm glotzend vor der Gesichterwand versammelt hatte. Im gleichen Moment hörte er zahllose Stimmen, die offenbar aus hinter den Bildschirmen versteckten Lautsprechern kamen. Doch aufgrund irgendeines Kniffs der Tonprojektion fiel es ihm nicht schwer, die einzelnen Stimmen im dreidimensionalen Raum zu isolieren und ihnen die entsprechenden Bildschirm-Gesichter zuzuweisen. Es hat mein Leben völlig umgekrempelt, sagte eine junge Frau, als seien ihre Worte direkt an ihn gerichtet. Hätte es Eden nicht gegeben - ich weiß nicht, was ich getan hätte, sagte ein Mann und lächelte fast so vertraulich, als weihe er Lash in ein Geheimnis ein. Eden hat mein Leben völlig auf den Kopf gestellt. Auf einem weiteren Bildschirm sagte ein blonder Mann mit blassblauen Augen und einem
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