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Eden

Titel: Eden
Autoren: Tony Mochinski
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amerikanischen Freiwilligen auf der Insel, davon gerade mal drei Männer, und unsere Mädels hatten sich alle prompt einen einheimischen Freund angelacht. Die Amerikanerinnen der Medical School gönnten einem verschwitzten und verdreckten Freiwilligenarsch wie mir nicht mal einen Blick. Hie und da war ich mal mit einer Einheimischen ausgegangen, aber ich hatte Schwierigkeiten, mich mit jemand zu unterhalten, der nur bis zur fünften Klasse zur Schule gegangen war. Also verbrachte ich meinen freien Tag so wie schon vier, fünf Mal zuvor: auf einer Solo-Wandertour am Soufrière.
    Ich hatte mich auf einer kleinen Lichtung auf einen umgestürzten Baumstamm gesetzt und aus einer der drei Zwei-Liter-Flaschen Wasser in meinem Rucksack getrunken, als Tommy Arlin aus dem Urwald trat, als hätte er nie etwas anderes gekannt.
    Tommy trug Cargo-Shorts, ein T-Shirt mit einem Marihuana-Motiv, Wanderstiefel, einen Camelbak-Trinkrucksack und einen Stoffhut in Tarnfarben. Ich war überrascht, ihn zu sehen, aber für ihn schien es das Normalste der Welt zu sein, und vermutlich war es das auch. Ein, zwei Wochen nach der Nacht im Wohnwagen hatte ich einen Brief von ihm erhalten, der Anfang einer mehr oder weniger regelmäßigen Brieffreundschaft, bei der seine Adresse ständig wechselte. Er trieb sich auf der ganzen Welt herum, und meistens war er über irgendeine Frau zu erreichen. Dadurch wusste Arlin, dass ich mitten im ersten Jahr einer zweijährigen Tour durch die Karibik war, und seine Reisen hatten ihn auf dieselbe Insel wie mich geführt. Er erklärte mir, dass er auf einem Katamaran mit einer wohlhabenden älteren Ellen-Barkin-Doppelgängerin dort angelandet war.
    Wir wanderten dann gemeinsam weiter zum Gipfel des knapp über zwölfhundert Meter hohen Vulkans und schauten durch den Nebel hinab in den Krater und den See, der sich dort gebildet hatte. Arlin versicherte mir, dass der Vulkan seit 1979 nicht mehr ausgebrochen war, und wir kletterten hinab, rückwärts einen beinahe senkrechten Hang hinunter, an einem Tau, das irgendjemand lange vorher für diesen Zweck dort befestigt hatte. Auf dem Gipfel und im Krater des Vulkans war es gute zwanzig Grad kühler als auf dem Rest der Insel, was mir sehr behagte. Es waren die Hitze und das Fehlen erkennbarer Jahreszeiten, die mich schließlich wieder aus der Karibik vertrieben.
    Wir hockten uns neben den See, und ich teilte mein Essen mit Arlin, der ein Pfund Gras auspackte, das er ein paar Rasta-Farmern auf der anderen Seite des Vulkans abgekauft hatte. Er drehte daraus kleine Joints. Natürlich habe ich nicht inhaliert, ebenso wenig wie unser damaliger Präsident. Arlin erzählte mir, dass die Rastas anfangs ziemlich misstrauisch waren, als er ihre geheimen Plantagen am Vulkanhang entdeckt hatte, vermutlich aus berechtigter Angst vor der CIA, aber als er dicht genug herankam und sie das Marihuanablatt auf seinem Hemd erkannten, lachten sie breit und begrüßten ihn. Übrigens erwähnte Arlin später einmal, dass er erst nach diesem Aufenthalt in der Karibik etwas mit Russell Banks’ Texten hatte anfangen können. Ich vermute, deshalb ist auch einer der ersten Zombies in Eden ein Rastafari.
    Ich fragte ihn, was er wirklich in der Karibik wollte, und Arlin antwortete, er kundschafte das revolutionäre Potenzial aus. Walter Rodney war lange tot, Fidel noch zehn Jahre vor seiner Erkrankung, und falls es je zu einer Revolution kommen würde, sah es nicht danach aus, als ob es Fernsehbilder davon geben würde. Wir hatten beide eine Ader für linke Theorien und Demokratie in der kommunistischen Interpretation des Begriffes, auch wenn ich mich mehr dem liberalistisch-sozialistischen – beziehungsweise anarchistischen – Lager zuordnen würde, während Tommy eher zu den autoritären Kommunisten neigte. Selber hätte er diese Haltung natürlich nicht so bezeichnet. Wie wir bei all dem darauf gekommen sind, weiß ich nicht mehr, aber irgendwie erwähnte ich da am Kratersee einen Film, den ich als kleiner Junge mal gesehen hatte: Shock Waves – Die aus der Tiefe kamen mit Peter Cushing, in dem Nazi-Zombies aus dem Meer steigen und eine karibische Ferieninsel terrorisieren.
    Wie sich herausstellte, kannte Arlin den Streifen, und so entdeckten wir unsere gemeinsame Begeisterung für das Zombiekino. Danach redeten wir über Zombiefilme im Allgemeinen und italienische Zombiefilme im Besonderen. Wir entdeckten eine gemeinsame Liebe zur italienischen Filmschauspielerin und
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