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Echte Männer

Echte Männer

Titel: Echte Männer
Autoren: Sophie Andresky
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davor, aber Tom Cruise guckt raus. Das ist faszinierend, weil Frauen jede einzelne ihrer Cellulitis-Dellen genau kartographiert haben und täglich ihren Zerrüttungsstatus protokollieren. Ich habe schon Frauen beobachtet, die aussahen wie eine Mutation aus Schneewittchen und Miss World und ehrlich verzweifelt waren über die Form ihres Bauchnabels oder die Falte überm Knie. Das ist beiMännern anders, denn ihr wundersames Organ macht aus jedem Shrek einen Prinz Charming. Dann folgt der Paarungstanz, bei dem ich mich immer wegwerfen könnte, wenn ich ihn in Clubs oder auf Partys miterleben darf. Ein Wolpertinger betritt das Parkett, nähert sich dem nächsten Mädelstisch und gräbt prompt die attraktivste aller anwesenden Frauen an. Hat er ein Recht drauf. Glaubt er. Denn nur die Beste ist würdig. Jungs? Hallo? Wir Frauen haben auch Augen. Das wüsstet ihr, wenn ihr uns mal über die Dutteln hinaus bis hoch ins Gesicht sehen würdet. Und das rotgeschminkte Herzchen im Gesicht, wo die komischen Laute rauskommen und bei dem ihr direkt an saftiges Saugen denkt, das ist der Ort, von wo ihr euch eure Abfuhr holt. Denn die Queen der Cheerleader geht nun mal nicht mit dem buckligen Platzwart unter die Tribüne, sondern wartet auf den Quarterback. Männer, und das stützt meine Vermutung von der direkten Verbindung zwischen oben gucken und unten jucken, scheinen es oft einfach nicht mitbekommen zu haben, dass eine schöne Verpackung wenig über die Qualitäten im Bett aussagt. Dass eine Frau einen straffen Hintern hat, heißt noch nicht, dass sie ihn auch wollüstig schwenken wird. Und nur, weil sie sportlich und mühelos die wildesten Kamasutra-Verrenkungen nachturnen kann, schließt nicht aus, dass sie später daliegt wie bei ihrer eigenen Obduktion. Ich will jetzt nicht behaupten, Frauen seien die besseren Menschen. Oder die kurzsichtigeren. Schönes volles Haar, sinnliche Lippen, eine samtene Haut und ein Po, der Walnüsse knacken kann, sind für einen Mann auf der Balz schon von Vorteil. Aber wenn der Latin Lover dann den Mund aufmacht und sich anhört wie Beavis and Butthead, dann ist die Sachegelaufen. Natürlich gibt es Sachen, die gehen gar nicht. Bunte Hemden mit weißen Kragen zum Beispiel. Lustige Krawatten mit Comic-Motiven. Turnschuhe. Goldkettchen. Körpergerüche, egal, ob sie aus dem Rachen oder unter den Achselhöhlen hervordampfen. Speicheltröpfchen beim Sprechen. Geringschätzige Blicke jeder Art. Gelbe Fingernägel. Plankton auf den Zähnen. Oder fransige Oberlippenbärte. Bei manchen Exemplaren, das gebe ich zu, wünscht man sich als Frau die Einführung der Männer-Burka. Das hat aber meist nichts mit der tatsächlichen Attraktivität zu tun, sondern mit einer weitverbreiteten Einstellung, dass Kosmetikerin, Maniküre und ein gutes Modestyling jeden echten Kerl sofort verschwulen. Ich persönlich unterscheide strikt zwischen hässlich und unfickbar. Hässlich darf er sein. Wenn er ein guter Typ ist und das Beste aus sich macht, bin ich keine, die die Wülste des Waschbrettbauches auf Vollständigkeit nachzählt oder Bizepsumfänge nachmisst. Unfickbar ist aber jeder, der respektlos mit Frauen oder der eigenen Körperhygiene umgeht. Und als Hoffnungsschimmer für all die Waschbärbäuche und laufenden Meter sei verraten, dass sich unter Frauen durchaus schon herumgesprochen hat, welche Männer sich im Bett am meisten lohnen: die, die sich Mühe geben. Die ehrlich begeisterten. Die fidelen Ficker. Die mit flotten Fingern und zügigen Zungen. Wenn ich mir mal ein Wachsfigurenkabinett einrichte, werde ich mir gern Brad Pitt in Paraffin gießen lassen. Aber im Bett möchte ich keinen Mann haben, der über dem Kontrollblick in den Spiegel vergisst, dass er gerade beim Vögeln ist und nicht bei der Wahl zum Mr.   Universum. Barbies Ken ist ein wirklich schöner Mann. Aber leider auch aus Plastik. Und obwohldas eigentlich allen klar ist, erzählen wir uns weiterhin, wie wichtig die Attraktivität für den Marktwert ist. Die schönsten der Schönen finden sich in speziellen Partnervermittlungen, gute, gestandene Schauspielerinnen werden durch stammelnde straffe Serienhäschen ersetzt, in Talkshows ziehen die Prolls dieses Landes über alle her, die nicht das gesamte Tageslicht mit Sport verbringen. Und dann wird so getan, als sei Schönheit, Jugend und Sex die erotische Dreifaltigkeit. In meinen Albträumen stehen gestählte Sprechchöre in den Diskotheken und rufen: «Kein Sex für Hakennasige!» –
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