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Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven

Titel: Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven
Autoren: Jack Nasher
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errechnete, dass ganze 90 % seiner Befragten bereit waren, bei Dates zu lügen. Allein in den ersten zehn Minuten des Kennenlernens lügen wir durchschnittlich mehr als zweimal, wie James Tyler mit seinem Team feststellte.
    Die Frage ist nicht, in welchen Lebensbereichen gelogen wird - sondern in welchen nicht gelogen wird.
    Der Pavian und das Chamäleon - Lügen im Tierreich
    In der Paviangesellschaft gibt es ein Problem: Männliche Paviane teilen ihre Beute nur sehr ungern, das Pavianweibchen aber frisst nur zu gern mit. Um ihren Willen zu bekommen, bezirzt es daher das Männchen, wenn dieses gerade eine Antilope gerissen hat. Sobald sich das Männchen darauf einlässt, schnappt sich das Weibchen den Kadaver und macht sich aus dem Staub. (Ob es in einer artverwandten Spezies ähnliche Phänomene zu beobachten gibt, sei dahingestellt.)
    Man könnte zahlreiche Beispiele für Tiere aufzählen, die die Täuschung zum festen Bestandteil ihres Verhaltens gemacht
haben; denken Sie nur an das Chamäleon, den Inbegriff des Scheins. Tiere täuschen, um zu überleben: Der Kugelfisch etwa bläst sich auf (mit nichts als heißer Luft) und wirkt dadurch größer und bedrohlicher.
    Sogar primitivste Lebewesen sind versierte Täuscher, wie das penible Paarungsritual der Feuerfliege Photinus Pyralis zeigt: Der männliche Photinus Pyralis sendet in sechssekündigen Intervallen einen halbsekündigen Blitz aus und fliegt dabei eine J-förmige Kurve über dem Weibchen. Dieses reagiert mit eigenen halbsekündigen Blitzen in jeweils zweisekündigen Intervallen. Erst nach diesem Signal lässt sich das Männchen auf die Paarung ein. Doch eine andere Feuerfliege, die Photuris, ist mit diesem pedantischen Paarungsverhalten ihrer Artgenossen vertraut - und täuscht sie gezielt: Die Photuris imitiert die romantischen Blitze des Weibchens. Wenn sich dann das liebestolle Männchen nähert, schnappt und verspeist sie es. Und die Photuris ist beileibe nicht die einzige Art, die sich ernährt, indem sie den Sexualtrieb anderer weckt. Selbst Pflanzen täuschen auf diese Weise: Die Orchidee gibt sich als Wespenweibchen aus, um vom Männchen bestäubt zu werden.
    Der König der Täuschung aber ist der Mensch - zwangsläufig. Wie der Soziologe Arnold Gehlen feststellte, sind Menschen Mängelwesen : Im Vergleich zu anderen Lebewesen sind sie langsamer und schwächer. Wollten sie in grauer Vorzeit überleben, mussten sie daher ihre Intelligenz gebrauchen, um effektive Fallen und Hinterhalte - also Täuschungsmanöver - zu ersinnen. Nun, da die Spezies Mensch die Erde dominiert, wird bevorzugt innerhalb der eigenen Art getäuscht - was die Qualität der Hinterhalte freilich in ungeahnte Dimensionen katapultiert.

Die entscheidende Bedeutung des Entlarvens
    Hat es dann überhaupt einen Sinn, sich dem Entlarven von Lügen zu widmen, oder handelt es sich dabei womöglich um ein aussichtsloses Unterfangen? Die Konsequenzen der Lüge lassen uns keine Wahl: Wir müssen alles tun, um nicht belogen zu werden. Warum? Die Antwort darauf fängt bei unseren intimsten Gefühlen an und hört bei der Weltgeschichte auf.
    Wenn wir belogen werden, fühlen wir uns entwertet, beleidigt und verraten - Lügen sind eine persönliche Verletzung. Noch dazu machen uns die Lügen anderer handlungsunfähig, denn ohne richtige Informationen können wir keine richtigen Entscheidungen treffen. Wir begehen Fehler, die ärgerliche bis katastrophale Konsequenzen haben: Wir bezahlen zu viel für das neue Auto, verbringen unsere besten Jahre mit einem erbärmlichen Schwindler oder bleiben auf einem Millionenschaden sitzen, weil wir einen inkompetenten Manager mit einer Schlüsselposition betraut haben.
    Wenn Vorgesetzte und Mitarbeiter auf Dauer unehrlich zueinander sind, steht die ganze Unternehmenskultur auf dem Spiel. Mangelndes Vertrauen, verfälschte Kommunikation - ein allgemeines Klima des Misstrauens lässt das effiziente Funktionieren eines Betriebs unmöglich werden, wie Samuel Culbert und John McDonough herausfanden.
    Ja, es kann sogar den Weltfrieden kosten, wenn hochrangige Diplomaten und Staatslenker einer Lüge auf den Leim gehen. Bei einem schicksalhaften Treffen am 15. September 1938 belog Adolf Hitler den britischen Premierminister Neville Chamberlain: Er behauptete, keinerlei Absicht zu haben, die Tschechoslowakei anzugreifen.
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