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Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven

Titel: Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven
Autoren: Jack Nasher
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abschnitten: Ihre Trefferquote war kaum besser, als wenn sie eine Münze geworfen hätten (53,6 %).
    Man kann es nicht anders ausdrücken: Menschen sind miserabel darin, Lügen zu erkennen. Selbst langjährige Paare können nicht beurteilen, ob der Partner lügt. Immer wieder werden Stimmen laut, die behaupten, dass diese Paare aus genau diesem Grund so lange zusammengeblieben sind.
    Aber wir sind nicht nur schlecht im Entlarven - wir sind auch noch überzeugt davon, hervorragende »Entlarver« zu sein, getreu dem Trottel-Motto: »Mir kann keiner was vormachen!
« Diese Selbstsicherheit macht uns noch anfälliger für Fehler.
    So versteifen sich vermeintliche Experten tagtäglich auf völlig falsche Anzeichen, um Unwahrheiten zu enttarnen. Wie die Sozialpsychologen Robert Kraut und Donald Poe herausfanden, achten professionelle Zollfahnder auf Faktoren, die nichts mit der Lüge zu tun haben: wenig Blickkontakt und Vermeidung direkter Antworten, dreckige Kleidung und vermehrte Handbewegungen. Schon schwarze Kleidung lässt Polizisten misstrauisch werden, wie die Psychologen Aldert Vrij und Lucy Akehurst an der britischen University of Portsmouth entdeckten. Attraktivere Vertreter unserer Art und Menschen mit einem sogenannten »Baby-Face« (hohe Stirn und weit auseinander liegende Augen) genießen dagegen den Bonus, für ehrlicher gehalten zu werden. 1
    Leider sind all diese Anzeichen entweder irrelevant oder bedeuten gar das Gegenteil: Handbewegungen zum Beispiel verringern sich beim Lügen eher - doch dazu später mehr. So wiegen sich die vermeintlichen Experten in einer trügerischen Sicherheit, die zu noch gröberen Irrtümern führt. Übrigens tappen die Leute überall in dieselben Fallen: In den unterschiedlichsten Kulturkreisen - von Jordanien bis zu den USA - sucht man nach den gleichen Hinweisen, um Lügner zu entlarven. 2

Weshalb wir so schlecht entlarven
    Wie kann es sein, dass wir so schlecht darin sind, Lügen zu entlarven? Es ist ja nicht so, dass uns Unehrlichkeit egal wäre. Bei einer Umfrage des Nachrichtenmagazins US News and World Report gaben 94 % der Befragten an, dass Ehrlichkeit bei einem Freund eine »extrem wichtige« Eigenschaft
sei. Überraschend ist hier höchstens, dass 6 % anderer Meinung waren. In Umfragen wird »Ehrlichkeit« regelmäßig als eine der fünf wichtigsten Eigenschaften genannt, die Menschen von Freunden, Partnern und Führungskräften erwarten. 3
    Wenn uns Ehrlichkeit dermaßen wichtig ist - wie kann es dann sein, dass wir der Lüge so leicht auf den Leim gehen? Nun, ein wesentlicher Faktor ist die Tatsache, dass uns die Evolution zu guten Lügnern gemacht hat. Wurde man in der Urzeit als Lügner entlarvt, war der Ruf in der kleinen Gemeinschaft dahin - man wurde aus dem Stamm ausgeschlossen. Ohne Stamm war der Einzelne aufgeschmissen: Allein konnte er sich nicht versorgen, Angriffen würde er kaum standhalten - er sah dem sicheren Tod ins Auge. Dass wir uns auch heute noch buchstäblich fürchterlich fühlen, wenn wir von einer Gruppe ausgeschlossen werden - ob im Schulhof oder in der Kantine -, ist ein Erbe dieser stammesabhängigen Zeit. Doch zurück zu unseren Vorfahren: Welche Konsequenzen zogen sie aus diesen düsteren Aussichten? Sie logen seltener, aber wenn sie logen, mussten sie überzeugen, um zu überleben. 4 Der Lügner war und ist der Gejagte - wie der Hase, der vor dem Fuchs davonläuft: Für den Fuchs stellt der Hase eine nette, aber keinesfalls unverzichtbare Mahlzeit dar - der Hase aber läuft um sein Leben.
    Gut zu lügen war also in der Regel wichtiger, als gut zu entlarven - es war lebenswichtig. So entwickelten wir uns über Generationen zu meisterhaften Täuschern. Der Anthropologe Robert J. Trivers von der amerikanischen Rutgers University ist sogar überzeugt davon, dass erst die Lüge zur Herausbildung des menschlichen Gehirns geführt hat.
    Und heute? Heute können wir unseren Vorfahren dankbar sein, denn die Gegenwart bietet uns mehr Gelegenheiten
denn je, unsere ererbten Fähigkeiten anzuwenden: Wir verfügen über mehr Privatsphäre als je zuvor. Und sollten wir doch einmal als Lügner enttarnt werden, können wir ohne Weiteres die Gemeinschaft wechseln - sei es durch Wechsel des Jobs, des Wohnorts oder eben der Facebook-Gruppe. Unsere mobile Welt ist die ultimative Spielwiese für meisterhafte
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