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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer
Autoren: David Kenlock
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trieben ihr Unwesen im Reich der Mitte.
    Ein Jahr lang wurde Robert Tschoy hingehalten, sein Umfeld sondiert und sein Leben lückenlos zerpflückt, bis man schließlich zu der Überzeugung kam, einen möglichen Kandidaten vor sich zu haben. Die ersten Aufgaben waren ihm übertragen worden. In der Hauptsache handelte sich dabei um das Kopieren wissenschaftlichen Materials, das Tschoy heimlich aus der Universität schleuste. Kein wirklich interessantes Papier war darunter gewesen. Nichts, das der Geheimhaltung oder dem Stillschweigen unterlag.
    Tschoy war ein winziges Rad in einem unbedeutenden Getriebe, aber in der über Jahrtausende reichenden Geschichte seines Landes hatte China Geduld gelernt. Eine Geduld, die für Nichtasiaten eine unvorstellbare Dimension annehmen konnte.
    Während man in der westlichen Welt in Wochen oder bestenfalls in Monaten oder Jahren dachte, waren die Gedanken Chinas auf Jahrhunderte ausgerichtet. China konnte warten. Seine eine Milliarde Menschen machte das Land zur wirtschaftlichen und militärischen Führungsmacht der Zukunft.
    „Wie können Sie jetzt bloß essen?“, fragte Tschoy ungläubig.
    Han hob nicht einmal den Kopf, sondern bewegte seine Stäbchen unermüdlich von der Essschüssel zum Mund.
    „Haben Sie mir überhaupt zugehört? Ich rede von einer Entwicklung, die die Welt verändern wird. Dieses Softwareprogramm bedeutet für die Nation, die es nutzen kann, einen ungeheuren wirtschaftlichen und medizinischen Vorsprung. Ist Ihnen das klar?“
    Sun Han nickte kurz. In seinem Kopf drehten sich unablässig die Gedanken, verbanden Tschoys Information mit seinem eigenen Wissen. Er war ebenfalls Wissenschaftler, auch wenn Tschoy davon nichts ahnte. Tschoy musste keinesfalls wissen, wie wichtig seine Entdeckung tatsächlich war. Dieses Programm ließ sich auf einem Gebiet nutzen, das dem Professor nie in den Sinn gekommen wäre.
    Robert Tschoy schob das Essen beiseite. Seine Finger spielten nervös mit den Bambusstäbchen.
    „Was werden Sie tun?“, hakte er nach.
    Zum ersten Mal unterbrach Han seine Mahlzeit. Seine Augen forschten in Tschoys Blick. „Ich werde darüber nachdenken und es nach Peking weitermelden.“
    „Das ist alles? Sie werden darüber nachdenken?“
    „Genosse Tschoy, ich bin Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Loyalität gegenüber unserer großartigen Nation dankbar, aber alles braucht seine Zeit. Überstürztes Handeln hilft niemandem, und jetzt entspannen Sie sich.“
    Robert Tschoy ließ sich mit einem Seufzer zurück in seinen Sitz fallen.
    „Ach, übrigens“, fragte Han mit einem schiefen Lächeln. „Essen Sie Ihre Reistafel noch?“

    Auch in Washington D.C. standen sich zwei Männer gegenüber. Ihr Treffpunkt befand sich in einem unauffälligen Büro im Capitol Hill, unweit des Map Room und des Diplomatic Reception Room , lag es versteckt zwischen all der Pracht und dem Glanz der anderen Räume mit ihrem Geschichte ausstrahlenden Ambiente.
    Die Sekretärin, die das Büro normalerweise benutzte, war schon vor über einer Stunde nach Hause gegangen, und die beiden Männer waren ungestört.
    Der Raum war nur spärlich eingerichtet. Ein Schreibtisch aus dem frühen 19.Jahrhundert, zwei Ledersessel und ein dekoratives Buchregal an einer der Wände. Lincolns herbes Gesicht sah aus einem alten Ölgemälde ernst ins Zimmer hinein.
    Der Mann mit den eisgrauen Haaren nahm in einem Ledersessel Platz, sein Gegenüber, ein schlanker Mann mit weichen Gesichtszügen, setzte sich hinter einen Schreibtisch mit polierter Platte. Beide wirkten angespannt.
    „Was hast du zu berichten, Duke?“, fragte der eine. Beide kannten sich schon seit dem College. Ihre Wege hatten sich immer wieder gekreuzt, aber seit der Mann hinter dem Schreibtisch ins Weiße Haus gewählt worden war, sahen sie sich täglich.
    Duke McIvor, der Mann mit den eisgrauen Haaren, war Oberst in der US-Army, führte aber, seit seiner Abberufung aus dem aktiven Dienst, den Geheimdienst der amerikanischen Streitkräfte. In dieser Funktion war er nach Dallas geflogen, um Steve Sanders Vortrag persönlich zu hören. Der Tipp war von der Universitätsleitung gekommen.
    McIvor räusperte sich, bevor er sprach. „Ich habe gute und schlechte Neuigkeiten. Zuerst, dieses Softwareprogramm ist eine Entdeckung, die sich nur noch mit der Erfindung der Dampfmaschine, die immerhin die industrielle Revolution eingeläutet hat, vergleichen lässt. Dieser Firma ist etwas Unglaubliches gelungen.“
    „Und das
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