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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer
Autoren: David Kenlock
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Abstammung. Seine schrägen Augen waren zu Schlitzen verengt und ließen ihn nicht einen Moment lang los. Steve fühlte sich unwohl unter diesem starren Blick, aber er versuchte, dieses Gefühl zu verdrängen und konzentrierte sich wieder auf seinen Vortrag.
    „Diesem Wissen um die grundsätzliche Natur von Viren und einer Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen verdanken wir wirksame Impfstoffe, die uns vor einer Ansteckung schützen. Doch diese Arbeit war zeit- und kostenintensiv und wir waren, ähnlich wie Edward Jenner, auf den Einsatz abgeschwächter oder abgetöteter Viren als Impfstoff angewiesen. Daraus ergeben sich eine Unzahl von Beschränkungen, aber auch viele Risiken.“
    Ein neues Dia löste das alte ab.
    „Für einige Viren mit tödlichem Krankheitsverlauf gibt es bis heute keine wirksame Impfung. Diese Krankheiten haben lokal begrenzte Epidemien, wie zum Beispiel das Marburg- und das Ebola Virus ausgelöst, aber auch eine weltweite Pandemie ist durch die moderne Reisemöglichkeiten längst keine Utopie mehr. Die Folgen einer HIV-Infektion sind uns nur allzu bewusst. Mit den verfügbaren Methoden war es bisher nur in Ansätzen und mit erheblichem Aufwand möglich, die Natur der Proteinbereiche zu identifizieren, die dafür verantwortlich sind, dass eine Immunreaktion ausgelöst wird.
    Die Entwicklung von Prometheus , einem Softwareprogramm zur gezielten Manipulation an Viren, eröffnet uns vollkommen neue Möglichkeiten. Das Programm stützt sich auf den Vergleich von Homologie- und Konvergenzerscheinungen in den Leserastern des genetischen Codes. Dadurch sind wir in der Lage, Zusammensetzung und Struktur des relevanten Proteins genau zu bestimmen. Außerdem liefert es uns die den Proteinen zugrunde liegende genetische Information, die eine Klonierung der entsprechenden Sequenz in Bakterien, wie zum Beispiel Escherichia coli , ermöglicht. Diese Bakterienklone sind dann in der Lage, reine Proteinfraktionen als Basis für hochspezifische und äußerst wirksame Impfstoffe zu produzieren.“
    Steve hob kurz den Blick. Der Asiate starrte ihn immer noch merkwürdig an.
    Wer ist der Mann?
    Er nahm sich vor, später Erkundigungen über ihn einzuholen.
    „ Prometheus verfügt darüber hinaus über die Fähigkeit, konkrete Aussagen über die weitere Entwicklung eines Virus zu machen. Einige Viren, darunter auch das HIV-Virus, sind in der Lage, sich dem Angriff durch das Immunsystem durch spontane Veränderung ihrer Oberflächenproteine zu entziehen.
    Ab sofort sind wir fähig, alle Mutationsereignisse, die zu neuen funktionsfähigen Viruspartikeln führen könnten, vorwegzunehmen. Ein Impfstoff, der bereits über alle möglichen immunologisch wichtigen Proteine verfügt, würde einen vollständigen Schutz gegen alle auftretenden Virusmutationen verleihen.“
    Als Steve eine kurze Sprechpause einlegte, um einen Schluck Wasser aus dem bereitstehenden Glas zu trinken, setzte Stimmengewirr ein, das aber sofort erstarb, als er weiter sprach.
    „Das Prinzip derartiger Proteinimpfstoffe wurde bereits erfolgreich bei Hepatitis-B-Viren und bei Papillomaviren getestet, und berechtigt nun auch zu größeren Hoffnungen im Kampf gegen Aids.“ Steves Blicke wanderten durch das Auditorium. In allen Gesichtern stand freudige Fassungslosigkeit. Das war bei Weitem mehr, als sie sich je erhofft hatten. Nun ja, das Sahnehäubchen auf der Torte würde er ihnen jetzt liefern.
    „ Prometheus kann aber auch noch mit einem weiteren Novum aufwarten: Es ist in der Lage zu berechnen, welche genetischen Veränderungen der Erbsubstanz eine Manipulation einzelner Eigenschaften, wie zum Beispiel der Virulenz, zur Folge hat. Nun können immunologisch aktive Proteine synthetisiert werden, die eine wirkungsvollere Immunantwort hervorrufen. Diese zielgerichtete Genveränderung eröffnet neue Horizonte im Kampf gegen durch Viren ausgelöste Krankheiten. Ich danke Ihnen meine Herren.“

    Ein weiterer Mann, hochgewachsen und mit der Figur eines Ringers, einem fast rechteckigen Schädel und eisgrauen, kurz geschorenen Haaren, hatte Steves Vortrag intensiv, fast andächtig verfolgt. Die Fingerspitzen aneinander gelegt und den Kopf geneigt, lauschte er den Worten, die seiner Meinung nach die Welt verändern würden. Er saß in der letzten Reihe. Unbemerkt war er gekommen, und unbemerkt würde er wieder gehen. Er war kein Wissenschaftler und kein Verwaltungsfachmann. Er war nicht einmal von der Universität.
    Ein entschlossenes Lächeln
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