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Dunkle Tage

Dunkle Tage

Titel: Dunkle Tage
Autoren: Gunnar Kunz
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nächsten Seite fanden sich die vermissten Spritzer!
    „Was, zum Teufel …“
    „Max Unger hatte den Terminkalender bereits für den nächsten Tag umgeblättert, ehe er starb.“
    „Was darauf hindeutet, dass er sein Tagewerk beendet hatte, dass es also ein ungeplanter Besucher war, der ihn umbrachte, nach dem Treffen mit Thor.“
    „Sicher, das wäre vorstellbar. Aber das ist doch nebensächlich!“
    „Du findest einen Hinweis auf den Täter nebensächlich?“
    „Viel interessanter ist doch die Frage, wer den Kalender zurückgeblättert hat und warum.“
    „Ja … das ist allerdings wahr. Was würdest du daraus schließen? Dass der Mörder sich davon überzeugt hat, dass sein Name nicht drinsteht?“
    „Könnte sein …“ Hendrik blätterte hin und her. „Interessant. Am 12. Februar war Thor schon einmal hier.“
    „Du hast also Blut geleckt“, meinte Gregor befriedigt. „Darf ich dann annehmen, dass du dich um die Zitate kümmerst? Vielleicht kommen wir so der Identität dieses Thor auf die Spur.“
    „Darf ich die Briefe mitnehmen?“
    „Darfst du.“
    „Na schön, dann vergrabe ich mich damit in der Universitätsbibliothek.“ Hendrik verstaute die umfangreiche Korrespondenz in seiner Ledertasche. Von seinen Pflichten entbunden, wusste er nicht recht, ob er gehen oder bleiben sollte. Er entschied sich für Letzteres. „Hast du schon Verdächtige?“
    „Jede Menge. Familie. Konkurrenten. Thor und Konsorten.“ Gregor machte eine Kunstpause. „Und dann wirf mal einen Blick auf den Brief da.“ Er deutete auf den Schreibtisch.
    Hendrik zweifelte keine Sekunde daran, dass Gregor von Anfang an vorgehabt hatte, ihm den Brief zu zeigen. Mit seinem Gerede über Philosophiezitate verfolgte er zweifellos noch eine andere Absicht als nur die, sich seiner Hilfe zu versichern. Sein Bruder ärgerte sich oft darüber, dass er über Polizeiarbeit die Nase rümpfte, und bezeichnete ihn deswegen als Snob. Wahrscheinlich wollte er ihn aus seinem – wie er es nannte – Elfenbeinturm locken. Ärgerlich, dass er mit dieser Taktik auch noch Erfolg hatte!
    Hendrik nahm das oberste Blatt in die Hand und überflog die Zeilen. „Max Unger hat auch Wohnungen vermietet?“
    „Sonderbar, nicht wahr? Ein reicher Industrieller wie er … Jedenfalls ist er auch in dieser Branche seinem Ruf treu geblieben, rücksichtslos Geld zu machen.“
    Hendrik las vor: „ Mein Mann hat immer gut und ehrlich für Sie gearbeitet und war nie krank. Nich einen Tag. Und aus dem Krieg ist er mit Asthma heimgekommen. Wir arbeiten alle Tag und Nacht. Ich bitte Sie um nichts Schlimmes, wir wolln die Miete ja nich geschenkt. Nur wenn Sie bitte noch ein paar Tage länger warten. Wenn Sie uns rausschmeißen, wissen wir nich wohin.“ Er besah sich den Absender. „Broscheck, Prinz-Handjery-Straße, Neukölln. Wirst du diese Leute aufsuchen?“
    „Heute Abend. Verzweiflung scheint mir ein gutes Motiv für einen Mord, der mit solchem Hass verübt wurde.“
    „Ich würde gern mitkommen, wenn du nichts dagegen hast.“ Das Blinzeln von Gregors Lidern wurde so stark, dass Hendrik sich gezwungen sah, sich zu rechtfertigen. „Aus rein akademischem Interesse. Ich möchte mir ein Bild von Max Unger machen.“
    „Von mir aus. Unser Schriftgelehrter ist krank, es wäre eine Entlastung für mich, wenn du ihn ersetzen könntest.“
    „Ich möchte zu gern wissen, warum der Brief auf dem Schreibtisch lag.“ Hendrik besah sich noch einmal das Blatt. „Die Frist läuft heute ab. Vermutlich hat Max Unger sich vor seinem Tod damit beschäftigt.“
    „Was einerseits den Verdacht erhärtet, der Mord könnte etwas damit zu tun haben. Andererseits: Warum lässt der Mörder einen Brief liegen, der ihn belastet?“
    Beide schwiegen einen Augenblick.
    Dann schob Gregor das Thema beiseite und krempelte seine Ärmel auf. „Und jetzt werde ich mir die Familie des Toten vornehmen. Sag mal, wenn du schon hier bist – kannst du die Aussagen mitprotokollieren? Dann muss ich keinen Beamten abziehen.“
    Vorerst wurde jedoch nichts daraus, denn Edgar stieß atemlos die Tür auf. „Hab’ was gefunden“, keuchte er.
    Zu dritt eilten sie in den Garten. Der Polizeibeamte führte die Brüder zu einem Gebüsch. „Hier hat einer gestanden.“
    Gregor kniete nieder und untersuchte den Boden. Mehrere Zweige des Gebüsches waren geknickt, herabgefallene Blätter lagen auf der Erde. Gras war niedergetrampelt und hatte sich noch nicht wieder aufgerichtet. Gregor warf einen
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